Année politique Suisse 1992 : Grundlagen der Staatsordnung / Rechtsordnung / Bürger- und Stimmrechrecht
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Bürgerrecht
Der Nationalrat stimmte auf Antrag seiner Kommission und gegen die. Opposition von Giger (fdp, SG) und Steffen (sd, ZH) einer parlamentarischen Initiative Ducret (cvp, GE) für eine Erleichterung der Einbürgerung zu. Der Vorstoss verlangt eine Halbierung der für die ordentliche Einbürgerung geforderten minimalen Wohnsitzdauer von 12 Jahren. Diese bestehende Anforderung ist im europäischen Vergleich ausserordentlich streng, nur gerade Deutschland und Österreich kennen mit zehn Jahren annähernd so hohe Barrieren. Ob mit dieser angestrebten Gesetzesänderung die Einbürgerung für die vielen jungen Ausländer, welche einen guten Teil ihrer Jugend in der Schweiz verbracht haben, attraktiver gemacht werden kann, ist allerdings fraglich. Da bereits heute die Wohnsitzjahre zwischen dem 10. und dem 20. Altersjahr doppelt angerechnet werden, stellt diese Vorschrift für die meisten von ihnen keinen Hinderungsgrund dar. Eine Erleichterung trat aber für die in der Schweiz wohnenden italienischen Staatsbürger in Kraft, indem Italien das Verbot der doppelten Staatsbürgerschaft ebenfalls aufgehoben hat [7].
In Ausführung der im Vorjahr überwiesenen Motion Portmann (cvp, GR) legte der Bundesrat im Oktober seine Botschaft über die erleichterte Einbürgerung junger Ausländer vor. Er schlug darin einen neuen Verfassungsartikel vor, der festhält, dass der Bund die Einbürgerung junger, in der Schweiz aufgewachsener Ausländer erleichtert. Erschwerende Erfordernisse in bezug auf Wohnsitzdauer in der Einbürgerungsgemeinde sowie prohibitive kantonale und kommunale Einbürgerungstaxen wären damit nicht mehr möglich [8].
 
[7] Amtl. Bull. NR, 1992, S. 190 ff.; CdT, 28.7.92 sowie Bund, 9.1 1.92 (Italien). Vgl. auch JdG, 6.4.92 sowie SPJ 1990, S. 23 f. und 1991, S. 25 f.
[8] BBl, 1992, VI, S. 545 ff.; NZZ und 24 Heures, 29.10.92. In einigen Kantonen und Gemeinden sind derartige Erleichterungen bereits in Kraft oder in Vorbereitung (u.a. GE, VD und ZH).