Année politique Suisse 1992 : Wirtschaft / Geld, Währung und Kredit
 
Geld- und Währungspolitik
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Geldmengenpolitik
Die Geldmengenpolitik der Nationalbank liess sich namentlich in der ersten Jahreshälfte weiterhin als restriktiv charakterisieren. Den Hintergrund dafür bildete nicht nur das Festhalten am Ziel der Bekämpfung der Binnenteuerung, sondern auch das Bemühen, die für das Preisniveau der Importgüter wichtige Wechselkursrelation zur Deutschen Mark relativ konstant zu halten. In der ersten Jahreshälfte hatten die immer noch hohe Inflationsrate und der sinkende Frankenkurs die Nationalbank zu einem Festhalten an ihrer restriktiven Politik veranlasst. In der zweiten Jahreshälfte erlaubte dann der Rückgang der Inflationsrate und die für den Schweizer Franken positive Entwicklung auf den Devisenmärkten eine leichte Lockerung. Die bereinigte Notenbankgeldmenge nahm vom vierten Quartal 1991 bis zur selben Periode des Berichtsjahres nicht wie geplant zu, sondern bildete sich um rund 1% zurück. Die Geldmenge M1 expandierte in diesem Zeitraum zwar um 2,7%, im Jahresdurchschnitt fiel die Steigerung mit 0,3% allerdings gering aus [1].
Für einige Kritiker war freilich diese leichte Lockerung angesichts der sich markant verschlechternden Konjunkturlage ungenügend. In der Herbstsession des Nationalrats forderte die Fraktion der Grünen den Bundesrat mit einer Dringlichen Interpellation auf, sich bei der Nationalbank für eine Lockerung der Geldmengenpolitik einzusetzen. Die SVP-Fraktion verlangte ebenfalls eine weniger restriktive Politik. Allerdings präzisierte ihr Sprecher in der Debatte, dass dieses Ziel erreicht werden könnte, wenn die Nationalbank auf die Verfolgung wechselkurspolitischer Ziele verzichten und sich auf eine autonome schweizerische Geldmengenpolitik beschränken würde. Der Bundesrat stellte sich vollumfänglich hinter die Notenbankpolitik und lehnte politische Interventionen ab. Insbesondere hielt er fest, dass er mit der Nationalbank übereinstimme, dass nur mit einer auf Geldwertstabilität ausgerichteten Strategie auf die Dauer ein tiefes Zinsniveau erreicht werden könne. Da die Nationalbank bereits vorher mit zwei Diskontsatzsenkungen ein Lockerungssignal gegeben hatte, waren die Forderungen der GP und der SVP bei ihrer parlamentarischen Behandlung ohnehin nicht mehr besonders aktuell [2].
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Währung
Der exportgewichtete Kurs des Schweizerfrankens erlitt in den ersten fünf Monaten eine Einbusse um rund 5%, welche bis zum Jahresende aber wieder gutgemacht werden konnte. Ende 1992 befand sich der exportgewichtete Frankenkurs um 2% über dem Wert des Vorjahres; im Jahresmittel lag er real um 2% und nominal um 2,5% unter dem Mittelwert von 1991. An Wert gewonnen hat der Franken insbesondere gegenüber den aus dem Europäischen Währungssystem (EWS) ausgestiegenen Währungen Grossbritanniens und Italiens, während er im Verhältnis zu den Hauptwährungen des EWS leicht abgewertet wurde. Einbussen erlitt er im Endjahresvergleich auch gegenüber dem US-Dollar und dem japanischen Yen [3].
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Nationalbank
Im Rahmen seiner Sanierungsmassnahmen für den Bundeshaushalt hatte sich der Bundesrat mit der Nationalbank (SNB) geeinigt, dass diese in Zukunft einen wesentlich höheren Anteil ihrer Gewinnüberschüsse an den Bund und die Kantone abliefern soll. Bisher hatte die Nationalbank lediglich 8 Mio Fr. abgeliefert, und den Rest des mit Devisen- und Zinsgeschäften effektiv erwirtschafteten Gewinns, der in den letzten Jahren die Milliardenhöhe überschritten hatte, den Reserven zugewiesen. Bei der erhöhten Gewinnausschüttung muss' allerdings weiterhin gewährleistet sein, dass die Notenbank ihren Bestand an nicht währungsgesicherten Devisenreserven auch in Zukunft ausbauen kann. Für das Geschäftsjahr 1992 wies die SNB einen Ertragsüberschuss von 2,4 Mia Fr. aus und konnte davon 600 Mio Fr. zu einem Drittel an den Bund und zu zwei Dritteln an die Kantone überweisen. Da die finanzschwachen Kantone vom Subventionsabbau im Rahmen der Sanierungsmassnahmen stärker betroffen sind, beantragte der Bundesrat dem Parlament, diese Härten dadurch zu kompensieren, dass bei der Verteilung auf die Kantone nicht mehr ausschliesslich auf die Wohnbevölkerung, sondern auch auf die Finanzkraft abgestellt wird [4].
Im Parlament gab es zwar auch Kritik an der Erhöhung der Ausschüttungen an sich, zu entscheiden hatten die beiden Kammern aber nur über den vom Bundesrat vorgeschlagenen neuen Verteilungsmodus. Namentlich Genfer Abgeordnete, aber auch Zürcher und Basler, opponierten gegen die Schlechterstellung der finanzstarken Kantone und wiesen auf die grosse Aufgabenlast der städtischen Agglomerationen hin. Sie blieben jedoch mit ihren Anträgen, den bisherigen Pro-Kopf-Verteilungsschlüssel beizube halten, ohne Erfolg. Das Parlament beschloss, der Regierung bei der Festlegung des als Finanzausgleich verwendeten Teils nicht wie von dieser gewünscht freie Hand zu lassen, sondern die Höhe dieses Anteils im Gesetz festzuschreiben. Dabei setzte sich schliesslich — nach einem langwierigen Differenzbereinigungsverfahren — der Vorschlag des Ständerats durch, drei Achtel abgestuft nach Finanzstärke und fünf Achtel gemäss der Bevölkerungszahl zu verteilen. Der unterlegene Nationalrat hätte die finanzschwachen Kantone noch mehr begünstigen wollen [5]. Eine 1990 eingereichte Motion von Nationalrat Theubet (cvp, JU), welche eine Anpassung der Gewinnausschüttung der SNB an ihre sehr gute Ertragslage gefordert hatte, konnte als erfüllt abgeschrieben werden [6].
Zu dem vom Volk gutgeheissenen Beitritt der Schweiz zum Internationalen Währungsfonds (IWF) und zur Weltbank siehe oben, Teil I, 2 (Organisations internationales).
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Geld- und Kapitalmarkt
Die Geldmarktsätze stiegen 1992 zuerst kräftig an. Nachdem im Mai der Gipfel erreicht war, folgte eine noch ausgeprägtere Reduktion in der zweiten Jahreshälfte. Der Satz für dreimonatige Depots auf dem Eurofrankenmarkt kletterte von Februar bis Juni um 1,8 Prozentpunkte auf 9,2% und reduzierte sich bis zum Dezember wieder auf 6,2%. Im Jahresmittel lag dieser Satz mit 7,8% leicht unter dem Vorjahreswert von 8,1% [7].
Die schweizerischen Kapitalmarktsätze blieben im Jahresdurchschnitt im Vergleich zum Vorjahr nahezu stabil. Ähnlich wie die Geldmarktzinsen setzten sie in der ersten Jahreshälfte ihre Aufwärtsbewegung fort, und sanken zuerst langsam, dann schneller auf einen Wert ab, der zu Jahresende rund 1% unter dem Vorjahresstand lag. Die Rendite eidgenössischer Obligationen stieg zuerst auf den seit 1975 nicht mehr erreichten Höchststand von 7,0% (Mai) und ermässigte sich dann wieder auf 5,5% im Dezember. Von dieser Entspannung auf dem Kapitalmarkt wurden die Hypothekarzinsen noch wenig erfasst; aber auch die Vergütungen für Sparhefte blieben während des ganzen Jahres praktisch konstant [8].
Die Beanspruchung des schweizerischen Kapitalmarkts stieg nach dem Rückgang im Vorjahr wiederum 5% auf 52,4 Mia Fr. an. Diese Steigerung ging auf das Konto der inländischen Schuldner, namentlich der öffentlichen Hand, während das Volumen der Anleihenemissionen durch Ausländer wie bereits im Vorjahr zurückging. Da auch die Kreditvergabe ins Ausland rückläufig war, bildete sich der gesamte bewilligungspflichtige Kapitalexport um 12% auf 37,5 Mia Fr. zurück. Der Anteil, der davon in die Industrieländer ging, stieg auf 90%. Der starke Rückgang des Kapitalxports nach Japan (Rückgang des Anteils von 30% auf 22%) wurde durch die wachsende . Nachfrage aus EG-Staaten (Zunahme des Anteils von 33% auf 42%) mehr als kompensiert [9].
 
[1] SNB, Geschäftsbericht, 85/1992, S. 8 ff. und 36 ff.; Gesch.ber. 1992, Teil I, S. 69 ff. Siehe auch Lit. Rich sowie SHZ, 25.9.92. Im März hatte die Nationalbank massiv am Devisenmarkt interveniert, um einen weiteren Kursanstieg der D-Mark zu verhindern (TA, 12.3.92).
[2] Amtl. Bull. NR, 1992, S. 2116 ff. und 2140 ff. Siehe auch oben, Teil I, 4a (Konjunkturpolitik).
[3] SNB, Geschäftsbericht, 85/1992, S. 40 f.
[4] BBl, 1992, III, S. 349 ff. (v.a. 376 ff. und 432 f.); SNB, Jahresbericht, 85/1992, S. 74 ff.; Bund, 18.1.92. Vgl. auch die Kritik in SHZ, 18.6.92. Zum Sanierungspaket siehe unten, Teil I, 5 (Voranschlag 1993).
[5] Amtl. Bull. StR, 1992, S. 584 ff., 956 f., 1011 f. und 1070; Amtl. Bull. NR, 1992, S. 1897 ff., 1983 f., 2040 ff. und 2218; BBl, 1992, Vl, S. 113.
[6] Amtl. Bull. NR, 1992, S. 376 ff.
[7] SNB, Jahresbericht, 85/1992, S. 39 f.
[8] SNB, Jahresbericht, 85/1992, S. 41 ff.
[9] SNB, Jahresbericht, 85/1992, S. 43 f. Siehe auch M. Picchi, "Die Bedeutung der Schweiz als Kapitalexportland", in Die Volkswirtschaft, 65/1992, Nr. 10, S. 30 ff.