Année politique Suisse 1992 : Wirtschaft / Geld, Währung und Kredit
 
Banken
Das Wachstum der Bilanzsumme der 61 in der Statistik der Nationalbank berücksichtigten Banken betrug lediglich 4% und spiegelte damit den allgemein schlechten Gang der Wirtschaft. Die Nachfrage nach Krediten expandierte nur um nominal 2%; dies ist die kleinste Zuwachsrate seit dem 2. Weltkrieg. Nicht zuletzt Rationalisierungsmassnahmen und Personalabbau sorgten dafür, dass die Ertragslage der Banken jedoch im allgemeinen gut blieb. Einige Institute gerieten allerdings in erwähnenswerte Schwierigkeiten: so sahen sich namentlich die viertgrösste Bank (Schweizerische Volksbank) und einige Kantonalbanken zur Auflösung von stillen Reserven gezwungen. Die schlechte Wirtschaftslage und der härtere Wettbewerb führten zu einer Reihe von Zusammenarbeitsabkommen, Fusionen und Übernahmen im Regionalbankensektor [10].
Immer mehr ins Blickfeld der Politik gerieten die Kantonalbanken, von denen einige, insbesondere die bernische, auch mit geschäftlichen Problemen zu kämpfen hatten. Einerseits forderten die übrigen Banken die Abschaffung der Staatsgarantien, da diese nicht nur eine ungerechtfertigte Privilegierung der Kantonalbanken darstellten, sondern sich auch negativ auf das Risikobewusstsein ihres Managements auswirken würden. Andererseits forderten Bundesrat Stich und auch die Bankenkommission eine Gesetzesänderung, um zu erreichen, dass sich auch die Kantonalbanken einer externen Revision unterziehen müssen [11].
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Finanzplatz
Der Nationalrat behandelte in der Frühjahrssession die drei praktisch identischen Motionen, welche die bürgerlichen Regierungsparteien im Sommer 1990 für eine Verbesserung der Rahmenbedingungen des Finanzplatzes Schweiz eingereicht hatten. Sie hatten darin neben einer allgemeinen Liberalisierung namentlich die Revision des Anlagefondsgesetzes, die Schaffung eines eidgenössischen Börsenrechts und eine Anpassung der Eigenmittelvorschriften für die Banken an die EG-Normen verlangt. Der Bundesrat stellte in seiner Antwort fest, dass er dem Finanzplatz Schweiz grosse Bedeutung zumesse. Die geforderten Reformen seien seit der Einreichung der Motionen eingeleitet worden, und sowohl beim Anlagefondsgesetz als auch beim Börsengesetz befinde man sich bereits im Stadium der Vernehmlassung. Er beantragte deshalb eine Umwandlung der Vorstösse in Postulate, was mit dem Einverständnis der Motionäre auch geschah [12].
Die von der Linken und dem SGB mit einem Referendum bekämpfte Revision des Bundesgesetzes über die Stempelabgaben ist vom Volk am 27. September mit einer Ja-Mehrheit von 61,5% angenommen worden [13].
Mit der Abschaffung dieser Finanzmarktsteuer war ein Hauptgrund für die Abwanderung von Schweizer Anlagefonds ins Ausland, insbesondere nach Luxemburg, ausgeräumt worden. Um immer noch bestehende Wettbewerbsnachteile zu eliminieren, hatte der Bundesrat auch eine Totalrevision des Gesetzes über Anlagefonds auf die Traktandenliste gesetzt. Nachdem eine von ihm eingesetzte Expertengruppe unter der Leitung von Prof. Forstmoser Ende 1991 einen Vorentwurf vorgelegt hatte, führte das Finanzdepartement im Frühjahr eine weitgehend positiv verlaufene Vernehmlassung durch. Im Dezember unterbreitete der Bundesrat dem Parlament seinen Entwurf. Diese Revision steht gemäss Botschaft unter dem Oberziel einer Attraktivitätssteigerung des Finanzplatzes Schweiz im internationalen Wettbewerb und beabsichtigt eine Anpassung an die entsprechenden EG-Richtlinien. Die Revision soll namentlich den Anlegern mehr Schutz durch verbesserte Transparenz garantieren, zudem sollen einige neue Anlageformen auch in der Schweiz zugelassen werden [14].
Die vom Parlament beschlossenen Anpassungen des Bankengesetzes an das EG-Recht im Rahmen der Eurolex konnten nach der Ablehnung des EWR-Vertrags nicht in Kraft treten. Von einer gewissen materiellen Bedeutung wäre darin die Vorschrift gewesen, dass in der Schweiz tätige ausländische Banken nicht mehr durch die eidgenössische Bankenkommission, sondern durch die Behörden ihres Heimatstaates konzessioniert und kontrolliert worden wären. Nach Ansicht des Bundesrates hätten die EG-Richtlinien über die Bankführung und über die Informationsrechte genügend Gewähr gegen Missbräuche geboten. Aufgehoben worden wäre im weiteren die Syndizierungsvorschrift, welche festlegt, dass Anleihen ausländischer Schuldner in Schweizer Franken nur von in der Schweiz domilizierten Banken ausgegeben werden dürfen. Auch das ohnehin umstrittene Privileg der Kantonalbanken, die Revision durch eine interne Stelle vornehmen zu lassen, wäre abgeschafft worden [15].
Der Streit um den Rechtsanspruch der philippinischen Regierung auf die seit mehr als sechs Jahren in der Schweiz blokkierten 500 Mio Fr. des ehemaligen — und inzwischen verstorbenen — Staatschefs Marcos und seiner Familie konnte immer noch nicht beigelegt werden. Nachdem der philippinische Staatsanwalt Chavez kurz vor dem Ablauf der vom Bundesgericht auf den 21. Dezember 1991 angesetzten Frist sechs Klagen gegen Marcos Ehefrau Imelda eingereicht hatte, verlängerte die Zürcher Bezirksanwaltschaft die Sperrung der Konten auf unbestimmte Zeit [16].
Zur Geldwäscherei und zu den ergänzenden Massnahmen zur Bekämpfung des organisierten Verbrechens siehe oben, Teil I, 1b (Strafrecht).
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Börse
Nachdem im Vorjahr eine Vernehmlassung durchgeführt worden war, erteilte der Bundesrat zu Jahresanfang dem EFD den Auftrag, die Botschaft für ein als Rahmengesetz konzipiertes Gesetz über die Börsen und den Effektenhandel auszuarbeiten. Umstritten war vor allem noch, ob in das neue Gesetz auch Regeln für öffentliche Übernahmeangebote aufgenommen werden sollen [17].
 
[10] SNB, Jahresbericht, 85/1992, S. 44 ff.; NZZ, 11.3.93.
[11] Staatsgarantie: Presse vom 26.9.92. Revision: Amtl. Bull. NR, 1992, S. 735 ff.; Presse vom 8.4.92. Die Abschaffung des Privilegs der internen Revision wäre auch in der Eurolex vorgesehen gewesen (siehe unten). Vgl. auch SHZ, 29.10 und 12.11.92. Zur Berner Kantonalbank siehe Presse vom 18.9.92.
[12] Amtl. Bull. NR, 1992, S. 360 ff.; vgl. SPJ 1990, S. 110. Siehe auch Lit. Morscher. Die Motionen der FDP und der CVP waren identisch; in derjenigen der SVP fehlte die Forderung nach einer Verstärkung der gegen Geldwäscherei und das organisierte Verbrechen gerichteten Gesetzgebung.
[13] Zu den Einzelheiten siehe unten, Teil I, 5 (Indirekte Steuern) sowie SPJ 1991, S. 125 f.
[14] BBl, 1993, I, S. 217 ff. Zur Vernehmlassung siehe Presse vom 7.3.92; TA, 20.8.92; SHZ, 24.9.92.
[15] BBl, 1992, V, S. 520 ff.; Amtl. Bull. NR, 1992, S. 1402 ff.; Amtl. Bull. StR, 1992, S. 944 ff. Zu den Auswirkungen eines EWR-Beitritts auf die Schweizer Banken siehe auch Die Volkswirtschaft, 65/1992, Nr. 8, S. 24 ff. und SHZ, 17.9.92. Vgl. auch Lit. Huang.
[16] JdG, 10.1.92; NZZ, 8.2 und 23.4.92. Vgl. SPJ 1991, S. 125. Zürich gilt für die Behandlung des Rechtshilfegesuchs als "Leitkanton", dessen Entscheidungen auch für die in anderen Kantonen angelegten Konten Gültigkeit haben (NZZ, 9.3.92).
[17] Presse vom 25.1.92. Zur Vernehmlassung siehe SPJ 1991, S. 126 f. Übernahmeregelungen: JdG, 25.1.92; BaZ, 29.1.92; NZZ, 7.3 und 19.12.92. Vgl. auch Lit. Aerni und Hentig sowie die Beilage zur NZZ, 18.9.92 anlässlich der Einweihung des neuen Zürcher Börsengebäudes.