Année politique Suisse 1992 : Allgemeine Chronik / Öffentliche Finanzen / Indirekte Steuern
Die als Teil D der Sanierungsmassnahmen 1992 zur Entlastung des Bundeshaushaltes vorgeschlagene
Erhöhung des Treibstoffzolls um 25 Rappen pro Liter war in den beiden Räten an und für sich nicht umstritten, nur die Höhe der zusätzlichen Abgabe bildete während längerer Zeit den Zankapfel zwischen National- und Ständerat. Der Bundesrat begründete die Erhöhung mit der seit der Einführung des Grundzolls im Jahre 1936 aufgelaufenen Teuerung von rund 600%, welche nie ausgeglichen worden war. Die zusätzlichen Einnahmen in der Höhe von rund 1,6 Mia Fr. sollten je zur Hälfte für die allgemeine Bundeskasse und den Strassenbau verwendet werden. In der ständerätlichen Erstlesung blieben zwei Varianten in der Minderheit, welche die Strassenrechnung stärker begünstigen wollten, worauf die Vorlage mit der vorgeschlagenen Erhöhung von 25 Rappen pro Liter mit 30 zu 4 Stimmen angenommen wurde
[17].
Im Nationalrat setzte sich jedoch eine Mehrheit, zusammengesetzt aus der FDP, der LP und Teilen der CVP, mit dem Antrag auf eine
Reduktion der Erhöhung von 25 auf 20 Rappen pro Liter knapp gegen die SP, die Grünen und eine Mehrheit der CVP durch. Sowohl der Antrag Zwygart (evp, BE), einen Aufschlag von 30 Rappen vorzunehmen, als auch jener von Friderici (lp, VD) auf Zollermässigung für Dieseltreibstoff wurden verworfen
[18]. Im Differenzbereinigungsverfahren beharrte der Ständerat daraufhin zuerst auf seiner ursprünglichen Entscheidung, eine Benzinzollerhöhung von 25 Rappen pro Liter vorzunehmen, schwenkte dann aber nach hartnäckigem Beharren des Nationalrats mit 21 zu 18 Stimmen auf dessen Vorschlag einer Erhöhung um 20 Rappen pro Liter ein. Die vom Bundesrat beantragte Dringlichkeitsklausel wurde von beiden Räten abgelehnt
[19].
Wie schon vor den Verhandlungen in den beiden Räten angekündigt, ergriff ein überparteiliches Komitee bestehend aus Vertretern der Auto-Partei, bürgerlichen Parlamentariern sowie dem Westschweizer Centre patronal das
Referendum gegen die Treibstoffzollerhöhung. Unterstützt wurde das Komitee vom Schweizerischen Nutzfahrzeugverband Astag und dem ACS, nicht aber vom grössten Verband der Automobilisten, dem TCS
[20].
Eine vom WWF und dem Unternehmer Stephan Schmidheiny in Auftrag gegebene Studie, welche die Zusammenhänge zwischen Umweltverschmutzung, Ressourcenverbrauch, Wirtschaftswachstum und Energiebesteuerung analysierte, zeigte Möglichkeiten auf, wie durch eine sukzessive Verteuerung der Energiepreise effizienter und umweltschonender produziert werden könnte. Durch eine Rückverteilung der Zusatzeinnahmen an die Bevölkerung und an die Industrie würde die Staatsquote nicht erhöht. Hierzu wird an anderer Stelle ausführlicher berichtet
[21].
Nachdem der Bundesrat und der Ständerat schon im Herbst 1991 die Einführung eines
Ökobonus, welche in einer Standesinitiative des Kantons Zürich gefordert worden war, abgelehnt hatten, verwarf auch der Nationalrat das Vorhaben mit 76 zu 31 Stimmen. Ebenfalls abgelehnt hat die grosse Kammer die parlamentarische Initiative Schmidhalter (cvp, VS), welche die Einführung einer zweckgebundenen Umweltsteuer auf elektrischer Energie zum Ziel hatte
[22].
Die von Bundesrat Cotti geforderte Einführung einer
CO2-Abgabe zur Verminderung des Ausstosses von Kohlendioxid, welches unter anderem für die globale Erderwärmung mitverantwortlich ist, fand zwar im Rahmen der sogenannten Klimakonvention am Erdgipfel der Konferenz für Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro (Brasilien) Beachtung, konnte allerdings nur in unverbindlicher Form verabschiedet werden
[23].
[17] BBl, 1992, III, S. 349 ff. (v.a. 371 ff); Amtl. Bull. StR, 1992, S. 579 ff.; NZZ, 18.6.92.
[18] Amtl. Bull. NR, 1992, S. 1882 ff.; Presse vom 1.10 und 2.10.92. Siehe auch die Zusatzbotschaft des BR zur Treibstoffzollerhöhung: BBl, 1992, V, S. 1235 IT.
[19] Amtl. Bull. StR, 1992, S. 953 ff., 1004 ff., 1038 und 1070; Amtl. Bull. NR, 1992, S. 1977 ff., 2070 f. und 2217 f.; BBl, 1992, VI, S. 107 ff.
[20] NZZ, 22.10 und 26.10.92; TA, 26.10.92.
[21] LNN, 22.4.92; vgl. auch Lit. Mauch und unten, Teil I, 6a (Politique énergétique, Energies alternatives).
[22] Amtl. Bull. NR, 1992, S. 177 ff. (Standesinitiative ZH) und S. 184 ff. (Schmidhalter); Presse vom 31.1.92. Vgl. auch SPJ 1991, S. 146 und 193.
[23] BZ, 9.6 und 15.6.92; NZZ, 19.6.92. Vgl. auch unten, Teil I, 6d (Politique de protection de l'environnement, Qualité de l'air).
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