Année politique Suisse 1992 : Sozialpolitik / Bevölkerung und Arbeit
 
Löhne
Im Berichtsjahr nahmen die Nominallöhne gesamthaft um 4,7% zu, was bei einer durchschnittlichen Teuerung von 4,0% einem Reallohnzuwachs von 0,7% entspricht. Der Nominalverdienst der Frauen stieg um 4,9% an, jener der Männer um 4,7%. Bei den Dienstleistungen erhöhten sich die Löhne mit 5,2% stärker als im Baugewerbe (4,6%) und in der verarbeitenden Produktion (4,1 %). Für 1993 wurden gesamtarbeitsvertraglich im Mittel Lohnerhöhungen von 2,7% vereinbart [19].
Das Biga führte zusammen mit dem Service cantonal de statistique de Genève eine Piloterhebung zur Lohnstruktur im Kanton Genf durch. Zum erstenmal wurden dabei in der Schweiz im Rahmen der amtlichen Statistik individuelle Lohndaten bei den Unternehmungen erhoben, was als wichtiger Schritt in Richtung einer modernen, informativen und eurokompatiblen Schweizer Lohnstatistik gewertet wurde. Erste Resultate der Untersuchung zeigten, dass sich die Lohnunterschiede hauptsächlich mit dem Anforderungsniveau des Arbeitsplatzes (insbesondere Ausbildung und Berufserfahrung des Arbeitnehmers), der beruflichen Stellung sowie dem Lebens- und dem Dienstalter erklären lassen. Mit einer Differenz von 17% lagen die Löhne der Frauen global gesehen deutlich unter jenen der Männer, was darauf zurückzuführen ist, dass die Frauen in Kaderfunktionen, wo sie ohnehin schwach vertreten sind, lohnmässig deutlich schlechter gestellt sind als ihre männlichen Kollegen. Bei vergleichbaren Tätigkeiten an Stellen ohne leitende Funktion waren die Lohnunterschiede relativ gering bis vernachlässigbar. In der Privatindustrie fanden sich grössere Einkommensdifferenzen zwischen Frauen und Männern als im öffentlichen Sektor, dessen Lohnskalen offenbar weniger Raum für geschlechtsspezifische Diskriminierungen lassen [20].
Die bereits in den Vorjahren beobachtete Tendenz, den Teuerungsausgleich nicht mehr automatisch zu gewähren, sondern an eine Leistungskomponente zu koppeln, verstärkte sich weiter. So einigten sich der Schweizerische Bankpersonalverband und die Banken auf ein neues Salärsystem nach Leistungskriterien. Auch Ciba-Geigy schaffte den Automatismus beim Teuerungsausgleich ab, erhöhte die Löhne generell lediglich um 3,5% und stellte weitere zwei Prozent der Lohnsumme für individuelle Einkommensanpassungen zur Abgeltung der persönlichen Leistung zur Verfügung [21].
Für den Teuerungsausgleich beim Bundespersonal und in den kantonalen Verwaltungen siehe oben, Teil I, 1c (Verwaltung) sowie unten, Teil II, 1e (Behörden- und Verwaltungsorganisation).
 
[19] F. Revaz,"Reallohnzuwachs im Jahre 1992", in Die Volkswirtschaft, 66/1993, Nr. 4, S. 55 ff.; M. Wiesendanger Martinovits, "Gesamtarbeitsvertragliche Lohnabschlüsse für 1993", in Die Volkswirtschaft, 66/1993, Nr. 6, S. 51 ff.; Presse vom 23.12.92.
[20] F. Revaz / R. Rietschin, "Piloterhebung zur Lohnstruktur im Kanton Genf", in Die Volkswirtschaft, 65/1992, Nr. 12, S. 59 ff.; I. Krummenacher, "Lohnunterschiede zwischen Frauen und Männern. Auswertungen von Daten aus dem Kanton Genf", in Die Volkswirtschaft, 66/1993, Nr. 4, S. 37 ff. Für die weitere Entwicklung im Bereich der Lohnstatistik siehe I. Krummenacher, "Modernisierung der Lohn- und Gehaltserhebung vom Oktober (LOK)", in Die Volkswirtschaft, 65/1992, Nr. 9, S. 58 ff.
[21] SHZ, 9.4.92 (Banken); Presse vom 10.9. (Ciba Geigy), 12.9. und 4.12.92; BaZ, 3.11.92; TA, 18.11.92; NQ, 2.12.92; BZ, 31.12.92. Vgl. auch SPJ 1991, S. 204 f.