Année politique Suisse 1992 : Sozialpolitik / Sozialversicherungen / Krankenversicherung
In seinen Leitgedanken zur Legislaturplanung 1991-1995 bezeichnete der Bundesrat als Ziel dieser Revision die Verstärkung der Solidarität, die Kosteneindämmung und eine massvolle Erweiterung der Leistungen ohne grundlegende Änderung des heutigen Systems
[46].
Der im Vorjahr vom Bundesrat vorgelegte Entwurf für eine Totalrevision des Krankenversicherungsgesetzes (KVG) fand im Ständerat, welcher die Vorlage als Erstrat behandelte, gute Aufnahme, was auch darauf zurückgeführt wurde, dass die Kommission sehr sorgfältige Vorarbeit geleistet hatte. In den Hauptpunkten folgte die kleine Kammer den Vorschlägen der Regierung. So wurden die beiden gewichtigsten Neuerungen – Versicherungsobligatorium und Freizügigkeit in der Grundversicherung – diskussionslos angenommen. Damit soll grössere Solidarität zwischen den Versicherten und vermehrter Wettbewerb unter den Versicherern erreicht werden, wobei neu auch den Privatversicherungen der Zugang zur sozialen Krankenversicherung offen steht. Unbestritten war auch der Lastenausgleich unter den Krankenkassen, der Ausbau der Leistungen in der Grundversicherung sowie die Erhöhung und künftige Verwendung der Subventionen zur gezielten individuellen Prämienverbilligung (Abkehr vom Giesskannenprinzip).
Opposition erwuchs der Vorlage in erster Linie von rechter und linker Seite. Der Tessiner Arzt und Lega-Vertreter Morniroli beschwor das Schreckgespenst einer Verstaatlichung des Gesundheitswesens herauf. Die Ratslinke bedauerte die Beibehaltung der ihrer Ansicht nach unsozialen Kopfprämien, die Festsetzung der zu Prämienverbilligung führenden Einkommensgrenzen durch die Kantone, die gesteigerte Belastung der Patienten durch den Selbstbehalt im Spital, die Ausklammerung der Zusatzversicherungen aus dem Sozialversicherungsgesetz sowie den Verzicht auf eine obligatorische Taggeldversicherung. Sie kritisierte zudem, dass der Rat zentrale kostendämpfende Instrumente entweder ganz aus der Vorlage gekippt oder doch deutlich abgeschwächt habe, so etwa den Zulassungsstopp für Ärzte und die Globalbudgetierung auch im ambulanten Bereich. Dennoch wurde der Entwurf schliesslich einstimmig verabschiedet
[47].
[46] BBl, 1992, III, S. 25.
[47] Amtl. Bull. StR, 1992, S. 1271 ff., 1290 ff., 1299 ff. und 1327 ff.; NZZ, 8.4.92; Bund, 1.5.92; TA, 14.12.92. Siehe auch SPJ 1991, S. 234 f. und Lit. Huber, Moser. Die Kartellkommission appellierte an den SR, weitere wettbewerbsfördernde Bestimmungen in die Vorlage einzubauen; da diese Vorschläge aber erst in allerletzter Minute gemacht wurden, konnten sie nicht mehr in die Debatte einfliessen (TA, 15.12.92).
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