Année politique Suisse 1992 : Sozialpolitik / Soziale Gruppen / Stellung der Frau
In der Januarsession lehnte der Nationalrat mit deutlichem Mehr drei parlamentarische Initiativen ab, welche eine angemessenere
Vertretung der Frauen in den eidgenössischen Gremien anstrebten, nämlich die Initiative einer Kommissionsminderheit für Männerquoten im Ständerat, jene von Leutenegger Oberholzer (gb, BL) für Frauenquoten bei den Bundesbehörden sowie jene der SP-Fraktion für mehr Frauen im Parlament. Auf Antrag der Nationalräte Steffen (sd, ZH) und Moser (ap, AG) wurden ebenfalls zwei Postulate der vorberatenden Kommission zurückgewiesen, welche den Bundesrät beauftragen wollten, Frauenquoten bzw. geschlechtsspezifische Quotenregeln für Bundesbehörden zu prüfen
[48].
Die beiden von Frauenorganisationen bzw. der PdA lancierten
Volksinitiativen "Nationalrat 2000" und "Frauen und Männer", welche ebenfalls Quoten für politische Gremien verlangten, kamen nicht zustande. Die für "Nationalrat 2000" gesammelten rund 30 000 Unterschriften wurden der Bundeskanzlei in Form einer Petition eingereicht
[49].
Für den Bereich der ausserparlamentarischen
Expertenkommissionen des Bundes statuierte der Bundesrat im März eine weiche Quotenregelung mit dem Ziel, den Frauenanteil in diesen Gremien auf mindestens 30% anzuheben. Längerfristig wird eine paritätische Vertretung beider Geschlechter angestrebt. Bei der Neubesetzung dieser Kommissionen auf den 1.1.1993 kam nur das EDI mit einem Frauenanteil von 25% annähernd in den Bereich der Zielvorgabe. Das EDA erreichte 18%, das EJPD 17%, das EVD 14%, das EMD 13%, das EVED 12% und das EFD 11%
[50].
Rund sechs Monate nach der Wahl Hanna Muralts zur Vizekanzlerin ging ein weiterer hoher Bundesposten an eine Frau. Auf einmütige Empfehlung der Koordinationskonferenz von National- und Ständerat wählte der Bundesrat die 44jährige Freisinnige
Annemarie Huber-Hotz zur
Generalsekretärin der Bundesversammlung. Frau Huber, bisher stellvertretende Generalsekretärin, trat die Nachfolge des in den Ruhestand tretenden Jean-Marc Sauvant an
[51].
Ein absolutes Spitzenergebnis konnten die Frauen bei den
Wahlen in der Stadt Bern feiern. Im siebenköpfigen Gemeinderat (Exekutive) sind sie inskünftig zu dritt vertreten, im Stadtrat (Legislative) nehmen sie
42,5% aller Sitze ein. Damit wurde Bern zur Vorreiterin der politischen Frauenförderung und liess die bisher führenden Städte Zürich (32%) und Genf (35%) weit hinter sich
[52].
[48] Amtl. Bull. NR, 1992, S. 151 ff.
[49] BBl, 1992, Il, S. 715 und III, S. 1538; Presse vom 2.3 und 19.6.92. Siehe dazu SPJ 1991, S. 250.
[50] BBl, 1992, II , S. 711 f.; BZ, 11.12.92; Presse vom 17.3.92; SoZ, 10.1.93. Siehe dazu auch die Ausführungen des BR in Amtl. Bull. NR, 1992, S. 1107 und 1274 f. In der Fragestunde der Herbstsession sprachen Parlamentarierinnen quer durch die Parteien den BR auf diese Frage an: a.a.O., S. 1772 f. Einzig die Waadtländer Liberale Sandoz stiess sich an dieser sanften Quotenregelung (a.a.O. S. 1933).
[52] Bund und BZ, 7.12. und 8.12.92. Für weitere Wahlerfolge der Frauen, insbesondere in den kantonalen Exekutiven, siehe oben, Teil I, 1e.
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