Année politique Suisse 1993 : Parteien, Verbände und Interessengruppen / Verbände und übrige Interessenorganisationen
Landwirtschaft
Die im
Schweizerischen Bauernverband (SBV) zusammengeschlossenen Organisationen starteten eine
Kampagne zur Verbesserung des Ansehens der Bauern in der Öffentlichkeit. Grossen Erfolg beim Publikum hatte insbesondere die Einladung zu einem Morgenessen am 1. August auf einem Bauernhof
[7]. Gegen Jahresende legte eine Arbeitsgruppe des SBV ihren Bericht über eine Reorganisation des bäuerlichen Verbandswesens vor. Die auf eine Straffung und örtliche Konzentration hinzielenden Vorschläge wurden in eine verbandsinterne Vernehmlassung gegeben
[8].
Der SBV kritisierte zwar die landwirtschaftspolitischen Ergebnisse der
Uruguay-Runde des GATT, welche einen Verzicht auf nichttarifäre Importrestriktionen und einen Abbau des Zollschutzes und der Exportsubventionen bringen werden. Seine Führer versuchten die Basis aber zu überzeugen, dass das Exportland Schweiz ohne ein Mitmachen beim GATT in Zukunft seine Landwirtschaftspolitik nicht mehr würde finanzieren können. Sie äusserten sich deshalb dahingehend, dass der SBV — bei ausreichender Kompensation der Einkommensausfälle vor allem durch Direktzahlungen — das Referendum wohl nicht ergreifen werde
[9]. Unter dem Namen "
Neue Bauernkoordination Schweiz" machte gegen Jahresende eine grundsätzlich gegen die GATT-Beschlüsse opponierende Organisation auf sich aufmerksam. Diese führte unter Beteiligung von Aktivisten aus den USA und aus Deutschland in der Ostschweiz eine erste öffentliche Versammlung durch
[10].
Die Vereinigung zum Schutz der kleinen und mittleren Bauern (
VKMB) bestätigte am 6. Februar mit sehr deutlichem Mehr ihren Co-Präsidenten Ruedi Baumann in seinem Amt. Der grüne Berner Nationalrat war aus den eigenen Reihen wegen seines Engagements für den EWR und für eine Okologisierung der Landwirtschaft unter Beschuss geraten. Die Delegierten der VKMB beschlossen an dieser Versammlung auch die sofortige
Lancierung einer neuen Volksinitiative "für preisgünstige Nahrung und ein gerechtes bäuerliches Einkommen“, mit welcher die Agrarpolitik grundlegend neu ausgerichtet werden soll : Für naturnah und tiergerecht produzierende Landwirte soll der Staat mit Direktzahlungen ein ausreichendes Einkommen garantieren, während im Gegenzug alle Agrarschutzmassnahmen und die Finanzierung der Überschussverwertung aufgehoben werden. Im Gegensatz zu der 1989 nur knapp vom Volk abgelehnten Volksinitiative der VKMB verzichtete diese bei ihrem neuen Begehren auf die Unterstützung durch die Detailhandelskette Denner AG, was letztere aber nicht hinderte, Zeitungsinserate zugunsten der Initiative zu publizieren
[11]. Gegen den Beschluss des Parlaments, dass landwirtschaftliche Verbände von Nichtmitgliedern
Solidarbeiträge zur Förderung des Absatzes der Produktion erheben können, lancierte die VKMB das
Referendum; auch in diesem Fall fand sie dabei Unterstützung durch die Denner AG
[12].
[7] NZZ, 28.7.93; BZ, 29.7.93; Presse vom 2.8.93; Blick, 10.8.93.
[9] Bund, 19.11.93. Vgl. dazu oben, Teil I, 2 (Organisations internationales) und 4c (Politique agricole).
[10] TA, 27.12.93 (Leserbrief).
[11] TA, 8.2.93. Vgl. BZ, 4.2.93 sowie auch oben, Teil I, 4c (Politique agricole).
[12] SGT, 29.9.93; NZZ, 18.10.93; Gnueg Heu dune!, 1993, Nr. 4 und 5. Siehe auch oben, Teil I, 4c (Politique agricole).
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