Année politique Suisse 1993 : Grundlagen der Staatsordnung / Rechtsordnung / Politische Manifestationen
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Kundgebungen
Am häufigsten kam es im Berichtsjahr wie üblich in Zürich zu Demonstrationen. In der Regel handelte es sich aber um kleinere Kundgebungen, an denen jeweils bloss einige hundert Personen teilnahmen. Die weitaus höchste Zahl von Grossdemonstrationen mit 1000 und mehr Beteiligten fanden in der Bundesstadt Bern statt. Wir registrierten im Berichtsjahr insgesamt 28 derartige Kundgebungen (1991: 40) : 12 davon in Bern, 7 in Zürich und 4 in Genf. Die beiden grössten Anlässe wurden im Vorfeld der Volksabstimmung über den Kauf des Kampfflugzeugs F/A-18 durchgeführt. Sowohl die Befürworter als auch die Gegner mobilisierten je ca. 25 000 Demonstranten für ihre Sache. Je 15 000 erschienen ebenfalls in Bern zu Kundgebungen der Gewerkschaften gegen die Arbeitslosigkeit resp. der Kosovo-Albaner gegen die Politik der serbischen Regierung. Proteste gegen sich verschlechternde Arbeitsverhältnisse, die Zustände im ehemaligen Jugoslawien sowie die Forderung für einen unabhängigen Kurdenstaat (alle je 5mal) waren die häufigsten Themen bei den Grossdemonstrationen. Etwas weniger als die Hälfte aller grossen Manifestationen wurden von Ausländern durchgeführt [22].
Nicht nur in der Schweiz gehören Demonstrationen im Zusammenhang mit einer Wahl in die Landesregierung zu den äusserst seltenen Ereignissen. Anlässlich der Ersatzwahl für den sozialdemokratischen Bundesrat Felber demonstrierten Frauen sowohl vor dem Bundeshaus als auch an anderen Orten für die Kandidatin Christiane Brunner [23].
Gegen den Antrag der Regierung und der vorberatenden Kommission beschloss der Zürcher Kantonsrat mit 68 zu 61 Stimmen, die Volksinitiative der Auto-Partei für ein Vermummungsverbot bei Demonstrationen zur Annahme zu empfehlen. Am 26. September stimmte das Volk mit einer Mehrheit von 71% dem Begehren zu. Ein Vorstoss im Zürcher Parlament, der ein Demonstrationsverbot für Ausländer forderte, fand hingegen nur gerade bei 6 Abgeordneten der SD und der AP Unterstützung [24].
 
[22] In der folgenden Zusammenstellung sind die Kundgebungen der Gewerkschaften zum 1. Mai, welche in den Grossstädten jeweils einige Tausend Beteiligte aufweisen, nicht erfasst. Belege für die Demonstrationen mit 1000 und mehr Teilnehmenden (in Klammer Anzahl und Thema): Bern: Bund, 1.2. (1500/Tamilen), Bund, 22.2. (8000/Gewerkschaften gegen Arbeitslosigkeit), Presse vom 11.3. (10 000/Frauen für Christiane Brunner), Bund, 15.3. (1500/Mazedonier), Bund, 17.3. (1000/Kurden), Presse vom 29.3. (15 000/Gewerkschaften gegen Arbeitslosigkeit), Presse vom 17.5. (25 000/gegen F/A-18), Presse vom 24.5. (25 000/für F/A-18), Bund, 14.6. (15 000/Kosovo-Albaner), BZ, 28.6. (1500/Kurden), BZ, 5.7. (5000/Kurden), Bund, 8.11. (6000/gegen Schneekanonen-Verbot). Zürich: TA und NZZ, 15.2. (1000/Kurden), TA, 8.3. (8000/Frauen für Brunner), NZZ, 13.4. (2000/Serben gegen Berichterstattung in den Medien), TA, 9.7. (1500/Studierende), TA, 4.10. (2000/für Wohlgroth), NZZ, 15.11. (2700/Gewerkschafter gegen Sozialabbau), TA, 22.11. (1500/für Wohlgroth). Genf: 24 Heures, 9.8. (4000/Bosnier), JdG, 16.8. (1500/Bosnier), JdG, 21.9. (1500/Gewerkschafter gegen bürgerliche National- und Ständeräte), Bund, 6.12. (4000/Bauern gegen GATT). Basel: BaZ, (2000/Frauen für Brunner), BaZ, 22.3. (1500/Kurden), BaZ, 12.7. (1500/Alevitische Türken). Lausanne: JdG, 20.11. (1000/Studierende gegen Sparmassnahmen), 24 Heures, 2.12. (1500/Gewerkschafter). Aesch/BL: BaZ, 11.1. (3500/gegen Anschlag auf Asylbewerberheim). Luzern: Presse vom 7.12. (2000/EWR-Gegner).
[23] Siehe dazu unten, Teil I, 1c (Regierung).
[24] Vermummung: TA, 16.2., 9.9., 18.9. und 27.9.93. Vgl. SPJ 1992, S. 28. Ausländer: TA, 23.2.93.