Année politique Suisse 1993 : Grundlagen der Staatsordnung / Rechtsordnung / Strafrecht
Der Bundesrat schickte im Mai Vorschläge einer Expertenkommission für eine Revision der Regelung des Verfahrens bei der internationalen Rechtshilfe in die Vernehmlassung. Das Ziel einer
Beschleunigung des Verfahrens soll insbesondere dadurch erreicht werden, dass die Einsprachemöglichkeiten auf die Schlussverfügung über die Gewährung und den Umfang der Rechtshilfe beschränkt werden. Damit könnte eine jahrelange Blockierung der Ermittlungsarbeit durch Einsprachen auf verschiedenen Stufen, wie dies beispielsweise im Fall des philippinischen Staatschefs Marcos geschehen ist, verhindert werden. Auf eine Zentralisierung des Verfahrens möchten die Experten hingegen verzichten
[42].
Im Zusammenhang mit der Aufdeckung von italienischen Schmiergeldskandalen entstand in der Schweiz eine Kontroverse über die
Gewährung von internationaler Rechtshilfe in Bestechungsfällen. Voraussetzung für die Gewährung von Auskünften und die Aufhebung des Bankgeheimnisses ist die Strafbarkeit entsprechender Delikte in der Schweiz. Diese ist bei Geldzahlungen an Privatpersonen – dazu gehören auch Politiker, solange sie kein öffentliches Amt innehaben – nicht gegeben. Inwiefern die Bestechung ausländischer Beamter strafbar ist, muss, nach einem Rekurs der Tessiner Staatsanwältin del Ponte, das Bundesgericht entscheiden. Die Beamtenbestechung ist in der Schweiz zwar verboten; die Rekurskammer des Appellationsgerichts des Kantons Tessin hatte jedoch eine Beschwerde von Bankiers gegen die Aufhebung des Bankgeheimnisses mit dem Argument gutgeheissen, dass damit nur die Bestechung schweizerischer Beamter gemeint sei
[43].
[42] Bund, 27.5.93. Vgl. auch SPJ 1992, S. 30 und 119. Siehe zur Amtshilferegelung im revidierten Bankengesetz auch unten, Teil I, 4b (Banken).
[43] SGT, 14.5.93. Vgl. auch die Stellungnahme von BR Koller in NZZ, 4.10.93.
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