Année politique Suisse 1993 : Grundlagen der Staatsordnung / Wahlen
 
Wahlen in kantonale Regierungen
Für die detaillierten Resultate siehe die Tabellen im Anhang (anhang_1993.pdf).
Bei den Wahlen in die Kantonsregierungen erlitten die links-grünen Kräfte Niederlagen in den Kantonen Genf, wo die Linke gänzlich aus der Exekutive verdrängt wurde, und Neuenburg, wo die bis 1989 geltende Formel der parteipolitischen Zusammensetzung der Regierung wieder hergestellt wurde. Die Walliser Regierung blieb parteipolitisch gleich zusammengesetzt, im Kanton Solothurn blieb sogar die personelle Besetzung unverändert. Erstmals ist in Genf eine Frau in der Exekutive vertreten. Bis Ende des Berichtsjahres waren damit von 166 kantonalen Exekutivämtern elf (6,6%) von Frauen besetzt.
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Genf
Die Genfer Regierungswahlen, welche jeweils vier Wochen nach den Parlamentswahlen stattfinden, waren einerseits durch die Trennung des bisherigen SP-Regierungsrats Grobet von seiner Partei geprägt, andererseits hatte der Bürgerblock durch die erfolgreichen Parlamentswahlen Auftrieb erhalten. Die bürgerliche Entente stellte eine Siebner-Liste auf, während sich die neu gegründete "Alliance de gauche" zusammen mit der SP und den Grünen erst nach langem Zögern und internen Grabenkämpfen für eine gemeinsame Sechser-Liste entschieden. Die Strategie der bürgerlichen Parteien, alles auf eine Karte zu setzen und dem durch die internen Spannungen geschwächten links-grünen Spektrum keinen Sitz mehr zuzugestehen, hatte bei der Wählerschaft Erfolg. Zum ersten Mal in der Nachkriegsgeschichte eroberten die bürgerlichen Parteien sämtliche Regierungssitze. Die FDP konnte ebenso wie die LP einen zusätzlichen Sitz gewinnen. Ihr bisheriger Staatsrat, Guy-Olivier Segond, erreichte das beste Resultat, während der neue Gérard Ramseyer das Schlusslicht bildete. Die Liberalen konnten neben ihren beiden Bisherigen, Olivier Vodoz und Claude Haegi, mit Martine Brunschwig Graf die erste Frau in die Genfer Regierung Einsitz nehmen lassen. Bei der CVP wurde der Bisherige Jean-Philippe Maître als Drittbester wiedergewählt, während der Neue Philippe Joye auf dem zweitletzten Rang landete. Entgegen den Erwartungen aufgrund des guten Resultates bei den Parlamentswahlen landete der umstrittene Grobet unter den nichtgewählten rot-grünen Kandidaten sowohl hinter den beiden Sozialdemokraten, der erstmals kandidierenden Micheline Calmy-Rey und dem Bisherigen Bernard Ziegler, als auch dem Grünen Rebeaud. Ganz abgeschlagen waren der Linksalternative Ducommun der Liste "Solidarités" und PdA-Nationalrat Jean Spielmann. Die Wählerschaft der Entente, von welcher nur ein Fünftel die Einheitsliste verändert eingelegt hat, zeigte mehr Linientreue als die Linke, deren Anhängerschaft ihre Einheitsliste zu einem Drittel verändert in die Urne legte. Unter den Verlierern war also nicht nur die SP wie bei den Parlamentswahlen, sondern die gesamte Linke. Die Stimmbeteiligung von 41,9% war deutlich höher als bei den letzten Regierungswahlen (33,2%) und bei den Parlamentswahlen (35,4%) [10].
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Neuenburg
Wie bei den Parlamentswahlen fand auch bei den Wahlen in die Regierung ein Rechtsrutsch statt. Es gelang dem Bürgerblock, zusammengesetzt aus FDP und LP, die seit 1989 herrschende rot-grüne Dominanz in der Regierung schon im ersten Wahlgang zu sprengen. Pierre Hirschy (lp), welcher erst seit 1992 im Amt ist, erreichte das beste Resultat, gefolgt von seinem Parteikollegen Jean Guinand, welcher die Nachfolge von Jean Cavadini übernahm. Ebenfalls neu in die Regierung wurde Maurice Jacot (fdp) gewählt. Die beiden bisherigen Sozialdemokraten Francis Matthey und Pierre Dubois landeten auf den beiden letzten Plätzen. Der Parteilose, dem links-grünen Lager zugehörige und von der SP, PdA und der GP unterstützte Michel von Wyss wurde nicht mehr gewählt. Diese Abwahl wurde nicht zuletzt auch seiner Profillosigkeit sowie seiner umstrittenen Spitalpolitik zugeschrieben [11].
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Solothurn
Im Kanton Solothurn wurden wie schon vor vier Jahren alle bisherigen Regierungsmitglieder von einem "Aktionskomitee gemeinsame Regierungsratsliste" unterstützt und im ersten Wahlgang bestätigt. Der Kampfkandidat von der Auto-Partei, Nationalrat Borer, blieb mit nur einem Fünftel der Stimmen der Gewählten chancenlos. Das beste Resultat erzielte der Vorsteher des Innern und der Polizei, Rolf Ritschard (sp), gefolgt von Erziehungsdirektor Schneider (fdp). Auf dem letzten Platz landete der erst 1992 gewählte Volkswirtschaftsdirektor Wallner (cvp) [12].
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Wallis
Für den zurückgetretenen Hans Wyer (cvp), welcher seit 1977 amtierte, kandidierte Wilhelm Schnyder. Dieser wurde im ersten Wahlgang mit dem besten Resultat gewählt. Auch der Bisherige Bernard Bornet (cvp) erreichte im ersten Durchgang das absolute Mehr. Der freisinnige Sierro verpasste das absolute Mehr nur knapp. Die beiden sozialdemokratischen Herausforderer, Thomas Burgener und Charles-Edouard Bagnoud, blieben dagegen chancenlos [13]. Im zweiten Wahlgang, bei welchem die Beteiligung nur knapp 25% betrug, wurden Sierro sowie die zwei übrigen bisherigen Staatsräte der CVP, Raymond Deferr und Richard Gertschen, bestätigt. Obwohl sich für den zweiten Wahlgang keine Herausforderer gegen die bisherigen Regierungsräte stellten, konnten gemäss den geltenden Verfassungsbestimmungen keine stillen Wahlen durchgeführt werden [14].
 
[10] Wahlen vom 14.11.93: Presse vom 15.11.93; BZ und BaZ, 16.1 1.93; Bresche Magazin, 1993, Nr. 11, S. 4. Wahlkampf: Presse vom 19.10.93; L'Hebdo, 11.11.93; JdG, 22.10.93; LNN, 4.11.93. Zu Grobet siehe oben, Wahlen in kantonale Parlamente. Letzte Wahlen siehe SPJ 1989, S. 54.
[11] Wahlen vom 18.4.93: Presse vom 19.4.93; Ww, 22.4.93. Zu Jacot siehe auch NQ, 13.4.93. Letzte Wahlen siehe SPJ 1989, S. 54 f.
[12] Wahlen vom 28.3.93: Presse vom 29.3.93. Wahlkampf: BaZ, 11.3.93; SZ, 25.3.93. Letzte Wahlen siehe SPJ 1989, S. 55.
[13] 1. Wahlgang vom 7.3.93: Presse vom 8.3.93. Vgl. auch NF und LM, 27.1.93. Eine Volksinitiative der SP für das Proporzsystem wurde vom Grossen Rat für ungültig erklärt (siehe unten, Teil II, 1g).
[14] 2. Wahlgang vom 14.3.93: Presse vom 15.3.93. Letzte Wahlen siehe SPJ 1989, S. 55 f.