Année politique Suisse 1993 : Wirtschaft / Allgemeine Wirtschaftspolitik / Strukturpolitik
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Tourismus
Am 7. März stimmte das Volk über die Aufhebung des in der Bundesverfassung verankerten Spielbankenverbots ab. Die Kampagne warf keine hohen Wellen. Das gegnerische Komitee, das sich vor allem aus Vertretern der SP und der EVP zusammensetzte, begründete seine Haltung hauptsächlich damit, dass es verwerflich sei, wenn der Staat aus der Spielsucht Profit zu ziehen versuche, und dass zudem Spielbanken zur Geldwäscherei missbraucht würden. Die Befürworter legten das Schwergewicht ihrer Propaganda auf die Tatsache, dass spielfreudige Schweizer heute ihr Geld in den zahlreichen grenznahen ausländischen Kasinos verspielen und dem Bund somit wichtige Einnahmen entgingen. Zudem begrüssten sie — mit dem Verweis auf Osterreich — die Zulassung von Kasinos auch als wichtige Erweiterung des touristischen Angebots. Von den politischen Parteien unterstützten FDP, CVP, SVP, die AP, die LP und der LdU die Vorlage; die SP entschied sich ebenso für Stimmfreigabe wie die GP und die PdA, während die EVP und die SD Ablehnung empfahlen [21].
Aufhebung Spielbankenverbot. Abstimmung vom 7. März 1993
Beteiligung: 51,2%
Ja: 1 665 247 (72,5%) / 20 6/2 Stände
Nein: 633 203 (27,5) / 0 Stände

Parolen :
— Ja: FDP, CVP, SVP (1*), LP, LdU, AP, Lega; ZSAO, SGV.
— Nein: EVP, SD.
— Stimmfreigabe: SP (2*), GP (1 *), PdA; SGB.
*In Klammer Anzahl abweichender Kantonalsektionen
Der Entscheid, ob die Schweiz als eines der letzten Länder Europas Spielbanken zulassen solle, fiel an der Urne eindeutig aus: mit einem Ja-Stimmenanteil von insgesamt 72,5% wurde die Vorlage in allen Kantonen angenommen. Am deutlichsten stimmten die Genfer zu (81,1%), am schwächsten die Jurassier (66,7). Die Vox-Umfrage ergab, dass die Verbotsaufhebung von beiden Geschlechtern, aber auch allen Altersklassen und sozialen Schichten (mit Ausnahme der etwas skeptischeren Landwirte) gleich gut unterstützt wurde; in bezug auf Parteisympathie waren die Befürworter bei der SP – trotz Stimmfreigabe dieser Partei – und dem Freisinn etwas häufiger als bei der CVP und der SVP [22].
Unmittelbar nach der Abstimmung gingen beim Bundesrat über 40 Gesuche für die Konzessionierung eines Spielkasinos ein. Bevor diesbezügliche Entscheide getroffen werden können, bedarf es freilich noch einer entsprechenden Gesetzgebung. Der Bundesrat beauftragte eine Expertenkommission mit der Ausarbeitung eines Gesetzesentwurfs [23].
Im Anschluss an die kritischen Voten anlässlich der Parlamentsdebatte über die Beiträge an die Schweizerische Verkehrszentrale (SVZ) veranlasste das EVD eine Evaluation dieser schwergewichtig mit der Tourismuswerbung befassten Organisation. Die Evaluation diagnoszierte insbesondere zu komplizierte Führungsstrukturen und empfahl neben einer Reorganisation auch eine Konzentration auf den Marketingauftrag im Ausland. Die Leitung der SVZ übernahm diese Empfehlungen und leitete die nötigen Reformschritte ein [24]
 
[21] Presse vom 1.2.-8.3.93. Contra: TA, 13.1.93; NZZ, 10.2.93. Pro: Bund, 20.1.93; LZ, 16.2.93 (Tourismus). Parteien: NZZ, 25.2.93. Vgl. SPJ 1992, S. 110 f. Zu den finanzpolitischen Aspekten siehe unten, Teil I, 5 (Indirekte Steuern).
[22] BBl, 1993, I, S. 1587 ff.; Presse vom 8.3.93; Vox, Analyse der eidgenössischen Abstimmung vom 7. März 1993, Adliswil 1993.
[23] Bund, 8.5. und 27.12.93; LZ, 5.8.93. Vgl. auch Ww, 7.10.93.
[24] Presse vom 18.9.93; NZZ, 12.11.93. Vgl. auch SPJ 1992, S. 111.