Année politique Suisse 1993 : Infrastruktur und Lebensraum / Erhaltung der Umwelt / Abfälle
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Sonderabfälle
Im Bereich der inländischen Sondermüllentsorgung haben die Zementwerke in den letzten Jahren eine führende Rolle übernommen. Während die Planung von Sondermüllöfen sowie Kehrichtverbrennungsanlagen (KVA) auf einen ständig wachsenden Widerstand der Bevölkerung stiessen, konnten die Betreiber von Zementwerken ihre Entsorgungskapazitäten praktisch unbeachtet von der Offentlichkeit ausbauen und durch den Ersatz des üblichen Brennstoffs wie Kohle oder Erdöl durch Sondermüll gleichzeitig Betriebskosten einsparen [45].
Der Bundesrat hat einer Vereinbarung mit Deutschland, welche die gegenseitige Kontrolle des Exports und Imports von Sonderabfällen garantiert, zugestimmt. Das Abkommen drängte sich als Zwischenlösung auf, weil Deutschland die sogenannte "Basler Konvention" aus dem Jahre 1989 noch nicht ratifiziert hat. Die Schweiz wird insbesondere in bezug auf den Export von schwermetallhaltigem Filterstaub aus Kehrichtverbrennungsanlagen, welcher in deutschen stillgelegten Salzbergwerken eingelagert wird, auf das Abkommen angewiesen sein [46].
In seiner Antwort auf die einfache Anfrage Thür (gp, AG) zur Ausfuhrbewilligungspraxis von Sondermüll wies der Bundesrat auf die am 5. Mai 1992 in Kraft getretene Basler Konvention (BK) hin, welche Exporte von Abfällen, die nicht zur Verwertung bestimmt sind, nur noch in Teilnehmerländer der BK und in OECD-Staaten erlaubt, mit denen spezielle Abkommen unterzeichnet worden sind. Gemäss dem Territorialitätsprinzip müssen die zuständigen Behörden des Importstaates die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften für Behandlung, Lagerung und Transport des Sondermülls kontrollieren, was sich bisher für den Exportstaat als schwierig handhabbar erwiesen hat. Deshalb kündigte der Bundesrat eine entsprechende Revision der Verordnung über den Verkehr mit Sonderabfällen an [47].
Zwischen 1987 und 1990 hatte die Zürcher Firma Refonda, Tochtergesellschaft der Alusuisse, mehr als 20 000 Tonnen dioxin- und schwermetallhaltiger Salzschlacke, welche beim Alu-Recycling anfällt, nach Portugal exportiert, wo eine Entsorgungsfirma das Material hätte weiter verarbeiten sollen. Da diese Firma Konkurs anmelden musste und im übrigen zu keiner Zeit in der Lage gewesen war, eine umweltgerechte Entsorgung zu garantieren, forderten die portugiesischen Behörden ab Mitte 1992 die Repatriierung des Materials, was vom Bundesrat abgelehnt wurde. In der Zwischenzeit hatte auch die Firma Refonda ihren Betrieb eingestellt. Im November startete die Umweltschutzorganisation Greenpeace eine medienträchtige Aktion, indem sie per Lastwagen zehn Tonnen des umstrittenen Abfalls in die Schweiz zurücktransportierte. Die portugiesische Regierung liess verlauten, sie werde die Europäische Kommission um Unterstützung angehen. Eine Einigung konnte im Berichtsjahr noch nicht erzielt werden [48].
Die Kantone der Westschweiz haben sich geeinigt, bei Oulens-sous-Echallens (VD) eine Sondermülldeponie einzurichten. Geplant ist die künftige Einlagerung von jährlich ca. 50 000 Tonnen stabilisiertem Sonderabfall, der zu 90% aus Filterstäuben der Kehrichtverbrennungsanlagen bestehen wird [49].
 
[45] LNN, 14.1.93.
[46] NZZ, 18.2.93 (Abkommen); TA, 20.1.93 und BaZ, 25.1.93 (Filterstaub). Siehe auch Umweltschutz in der Schweiz, BUWAL-Bulletin, 1993, Nr. 2, S. 48.
[47] Amtl. Bull. NR, 1993, S. 658 f.; Bund, 25.3.93. Zur Basler Konvention siehe auch SPJ 1989, S. 179 f. und 1992, S. 194.
[48] NQ, 14.1.0.93; NZZ, 6.11. und 9.11.93; JdG, 9.11. und 4.12.93; Presse vom 10.11.93; SGT, 20.12.93.
[49] 24 Heures, Lib. und NQ, 9.3.93; NF, 9.4.93.