Année politique Suisse 1993 : Sozialpolitik / Sozialversicherungen / Berufliche Vorsorge
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Freizügigkeitsleistungen
Beim neuen Bundesgesetz über die Freizügigkeit in der beruflichen Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge folgte der Ständerat — trotz starkem Lobbying der Pensionskassenvertreter, welche vor allem die Unterstützung von Coutau (lp, GE) und Kündig (cvp, ZG) fanden — in der Differenzbereinigung weitgehend den Beschlüssen des Nationalrates. Zugunsten der jüngeren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer kehrte er allerdings zum bundesrätlichen Modell zurück, welches vorsieht, dass die Arbeitnehmenden ab dem 20. Altersjahr neben ihren eigenen Versicherungsbeiträgen einen Teil der Arbeitgeberbeiträge mitnehmen können, wobei der Arbeitgeberanteil jährlich um vier Prozent angehoben wird, so dass im 45. Altersjahr die volle Freizügigkeit erreicht ist. Der Nationalrat hatte als Konzession an die Pensionskassen den Aufnungsprozess erst im Alter von 25 Jahren aktivieren, dafür aber mit 5% jährlich honorieren wollen, was ebenfalls zur vollen Freizügigkeit mit 45 Jahren geführt hätte, schloss sich in der Differenzbereinigung aber dem Ständerat an.
Im Gegenzug erklärte sich der Ständerat in Abweichung vom bundesrätlichen Vorschlag seinerseits bereit, den Pensionskassen bei dem für die Berechnung der Eintritts- und Austrittsleistungen massgeblichen technischen Zinssatz insofern entgegenzukommen, als dieser um ein Prozent variieren darf. Damit kann eine Kasse immer noch zehn bis zwölf Prozent des Guthabens eines Stellenwechslers zurückbehalten. Der Einheitssatz soll erst mit einer nächsten Revision verwirklicht werden. Unter diesen Umständen konnte die Vorlage noch vor Jahresende definitiv verabschiedet werden [21].
Der Kaufmännische Verein, welcher als Initiant einer Volksinitiative "für die volle Freizügigkeit in der beruflichen Vorsorge" die Diskussion erst recht ins Rollen gebracht hatte, zeigte sich überzeugt, dass das nun vorliegende Gesetz das derzeit Mögliche bringe. Falls die Referendumsfrist ungenutzt abläuft, will er sich den Rückzug seiner Initiative überlegen [22].
 
[21] Amt. Bull. StR, 1993, S. 548 ff., 876 ff. und 1131; Amtl. Bull. NR, 1993, S. 1698 ff., 2345 und 2591; BBl, 1993, IV, S. 566 ff.; Soziale Sicherheit, 1994, Nr. 1, S. 15 ff. In der Folge der Beratungen schrieb der NR diskussionslos eine Standesinitiative des Kantons Basel-Stadt auf volle Freizügigkeit ab (Amtl. Bull. NR, 1993, S. 1708). Lobbying der PK: SoZ, 13.6.93; TA, 18.6.93. Zu einer als Postulat überwiesenen Motion Fasel (cvp) zur Mindestverzinsung der Altersguthaben siehe Amtl. Bull. NR, 1993, S. 916 f.
[22] Presse vom 3.12.93.