Année politique Suisse 1994 : Grundlagen der Staatsordnung / Rechtsordnung
 
Stimmrecht
Die Idee, Ausländern, die seit langer Zeit in der Schweiz ansässig sind, zumindest im kantonalen und kommunalen Bereich das Stimm- und Wahlrecht zu erteilen, konnte sich auch im Berichtsjahr nicht durchsetzen. Die Basler Stimmberechtigten lehnten am 12. Juni eine Volksinitiative der Linksparteien für das Stimm- und Wahlrecht für seit acht Jahren in der Schweiz (davon drei in Basel) wohnende ausländische Staatsangehörige mit einer Mehrheit von 74% ab [17].
Im Kanton Bern fand zu dieser Frage am 4. Dezember eine Volksabstimmung mit zwei Varianten statt. Das Ergebnis fiel ähnlich negativ aus: Die von der Linken und den Grünen unterstützte Volksinitiative für das kantonale Ausländerstimmrecht wurde mit einem Neinstimmen-Anteil von 77% klar verworfen. Eine Mehrheit von 61% lehnte auch den Gegenvorschlag der Regierung ab, den Gemeinden wenigstens die Kompetenz zur Einführung des kommunalen Ausländerstimmrechts einzuräumen. Diese Alternative hatte im Parlament - dank Stimmenthaltung einiger bürgerlicher Politiker - zwar noch eine knappe Mehrheit gefunden, in der Volksabstimmung wurde sie dann aber nicht nur von der FP, den SD und der EDU, sondern auch von der SVP und der FDP bekämpft [18]. Neue Volksinitiativen für das Ausländerstimmrecht wurden in den Kantonen Uri und Solothurn eingereicht bzw. lanciert [19].
Eine im Auftrag der schweizerischen UNESCO-Kommission durchgeführte Untersuchung in den Kantonen Neuenburg und Jura, welche als einzige das Ausländerstimmrecht kennen, ergab keine überraschenden Resultate: Die Ausländer machen von diesem Recht relativ wenig Gebrauch, und die parteipolitischen Kräfteverhältnisse sind durch ihre Beteiligung nicht verändert worden [20].
 
[17] BaZ, 20.5. und 12.6.94. Vgl. SPJ 1993, S. 22.17
[18] BZ, 20.1., 12.11. (SVP und FDP) und 5.12.94; TW, 8.10., 15.10. und 22.10.94. Vgl. SPJ 1993, S. 22.18
[19] UR: LZ, 29.4.94; BüZ, 30.11.94. SO: SZ, 28.4.94. Vgl. dazu unten, Teil II, 1b.19
[20] Lit. Cueni.20