Année politique Suisse 1994 : Grundlagen der Staatsordnung / Rechtsordnung / Strafrecht
print
Geldwäscherei
Im Januar gab der Bundesrat den Vorentwurf für eine Ausweitung der Bestimmungen gegen die Geldwäscherei auf den ganzen Finanzsektor in die Vernehmlassung. Dem neuen Gesetz sollen nicht nur wie bisher Banken unterstellt sein, sondern alle im Finanzmarkt tätigen Akteure, also auch Versicherungen, PTT, Treuhänder, Anwälte und andere mit Finanzierungs- und Kreditgeschäften befasste Personen und Firmen. Vorgesehen ist eine Identifizierungspflicht für Kunden (bei Bargeschäften ab 25 000 Fr.) und die Abklärung der wirtschaftlichen Hintergründe und des Zwecks der Transaktion bei Anzeichen von verdächtigen Handlungen. Bei Gewissheit oder begründetem Verdacht soll eine Meldepflicht eingeführt werden [56].
Die Reaktionen fielen überwiegend negativ aus. Keinen dringenden Handlungsbedarf konnten die ins Visier genommenen Treuhänder ausmachen. Für die Banken ist zwar ein solcher durchaus gegeben, die neuen Regeln würden aber ihrer Ansicht nach die bestehenden Normen konkurrenzieren und zu Ungereimtheiten führen. Die vorgesehene Meldepflicht bei verdächtigen Transaktionen lehnten sie, wie übrigens auch die FDP und die SVP, ab [57].
Eine internationale Expertenkommission hatte im Vorjahr die Vorkehrungen der Schweiz gegen die Geldwäscherei ins Examen genommen und war dabei, namentlich für den Bankensektor, zu einem guten Ergebnis gekommen. Wie der Bundesrat schlug auch sie vor, die Bestimmungen auch auf den Parabankensektor auszuweiten [58].
In der bisher grössten in der Schweiz aufgedeckten Geldwäschereiaffäre beschlagnahmten die Behörden bei der Schweizerischen Bankgesellschaft rund 150 Mio US$. Die Ermittlungsbehörden vermuten, dass diese Gelder von kolumbianischen Drogenhändlern stammen. Sie wurden vor Inkrafttreten des Geldwäschereigesetzes (August 1990) angelegt und nachher vom verantwortlichen Bankangestellten nicht gemeldet, obwohl er nach Ansicht der Justizbehörden von ihrer illegalen Herkunft Kenntnis hatte [59].
 
[56] Presse vom 13.1.94. Mit dem neuen Strafrechtsartikel über die Bekämpfung des organisierten Verbrechens wurde für die Banken ein Melderecht bei verdächtigen Transaktionen eingeführt (s. oben).56
[57] NZZ, 3.5. und 4.5.94; TA, 3.5. und 31.5.94; BaZ, 7.5.94. Vgl. auch M. Pieth in Bund, 3.8.94. Die Sorgfaltspflicht der Banken war auch Thema des 128. Schweizerischen Juristentags (Vgl. dazu NZZ, 17.10.94 sowie die Lit. in Kap. 4b).57
[58] LNN, 18.1.94.58
[59] NZZ, 14.4. und 16.4.94; TA, 19.4.94.59