Année politique Suisse 1994 : Allgemeine Chronik / Öffentliche Finanzen / Voranschlag 1995
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Sanierungsmassnahmen 1992 und 1993
Im Rahmen der Sanierungsmassnahmen 1993 (zweites Sanierungspaket) stimmte in der Herbstsession nach langer Diskussion auch der Ständerat der Einführung einer Ausgabenbremse zu, die bei Annahme durch das Stimmvolk ab dem Budget 1996 wirksam werden wird. Für Ausgaben von über 20 Mio Fr. und neue wiederkehrende Ausgaben von mehr als 2 Mio Fr. wird neu die Zustimmung der Mehrheit aller Ratsmitglieder verlangt. Im Differenzbereinigungsverfahren lenkte der Ständerat auf den Antrag des Nationalrates ein, die Ausgabenbremse in der Verfassung zu verankern. Zuvor hatte seine Staatspolitische Kommission Bedenken gegen die Ausgabenbremse in bezug auf den Minderheitenschutz angemeldet und als Ersatz eine Änderung des Geschäftsverkehrsgesetzes vorgeschlagen, welche künftig auch ausgabenwirksame einfache Bundesbeschlüsse der Schlussabstimmung in beiden Räten unterstellt hätte. Ein Antrag Frick (cvp, SZ), die Ausgabenbremse auf zehn Jahre zu befristen, wurde abgelehnt [36].
In den anderen Punkten war der Ständerat bereits in der Frühjahrssession den Beschlüssen des Nationalrats gefolgt. Bei 19 vorgesehenen dauerhaften Abbaumassnahmen auf Verfassungs- und Gesetzesstufe wich er, wie der Erstrat, in drei Vorlagen ab: Der ersatzlose Verzicht auf die freiwillige AHV/IV für Auslandschweizer (40 Mio Fr.) wurde auf das dritte Sanierungsprogramm verschoben, und Beiträge der IV (20 Mio Fr.) an die Einrichtungen für Behinderte im Rentenalter sowie die Treibstoffzollbegünstigung an die Konzessionierten Transportunternehmen (50 Mio Fr.) sollen weiterhin gewährt werden. Insgesamt ergab sich für das zweite Sanierungspaket ein Sparvolumen von 475 Mio Fr. pro Jahr oder 110 Mio Fr. weniger, als der Bundesrat beantragt hatte [37].
In einem Rückblick auf bisherige Sanierungsanstrengungen zog der Bundesrat eine gemischte Bilanz. Er geht davon aus, dass die mit den Sanierungsmassnahmen 1992 (1. Sanierungspaket) angestrebte Haushaltsentlastung von rund 4 Mia Fr. erreicht wird. Die auf drei Jahre befristeten (1993-95) linearen Beitragskürzungen von 10% bringen jährliche Einsparungen von rund 800 Mio Fr. und zusammen mit gezielten Sparmassnahmen auf Gesetzes- und Verordnungsstufe, via Budget- und Finanzplanung sowie Einsparungen von Schuldzinsen infolge der dadurch verringerten Haushaltsdefizite wurden ausgabenseitige Entlastungen von rund 2 Mia Fr. erwartet. Auf den gleichen Betrag beziffern sich die mit den Sanierungsmassnahmen 1992 realisierten Mehreinnahmen. Bei den Mehreinnahmen leistet die Erhöhung des Treibstoffgrundzolls um 20 Rappen pro Liter den wichtigsten Beitrag. Aus der schrittweisen Erhöhung der Tabaksteuer sollen bis 1995 Mehreinnahmen von jährlich 350 Mio Fr. resultieren, aus der beschlossenen Verteilung des Nationalbankgewinns solche von 200 Mio (weitere 400 Mio Fr. gehen an die Kantone). Die Aufhebung des Spielbankenverbots dürfte ab 1997 erste Mehreinnahmen bringen.
Der einnahmenseitige und separat unterbreitete Teil der Sanierungsmassnahmen 1993, der Wechsel zur Mehrwertsteuer, wird auf 1,6 Mia Fr. geschätzt. Mit Gesetzes- und Bundesbeschlussänderungen sowie einer Verfassungsänderung sollten weitere rund 1,5 Mia Fr. gespart werden (siehe auch oben). Neben den Sanierungsprogrammen soll schliesslich auch die Heraufsetzung der Autobahn-Vignette von 30 auf 40 Fr. und die an die Teuerung angepasste pauschale Schwerkehrsabgabe dem Bund Mehreinnahmen in der Höhe von rund 500 Mio Fr. bringen, welche allerdings für Strassenzwecke gebunden sind. Insgesamt ermöglichen die beiden Sparprogramme 1992 und 1993, die Mehrwertsteuer und die Strassenverkehrsabgaben eine dauernde Verbesserung der Bundesrechnung um über 7 Mia Fr. pro Jahr. Der Bundesrat betonte jedoch, dass trotz der Sparmassnahmen das Ziel eines Haushaltgleichgewichts nach wie vor deutlich verfehlt werde [38].
 
[36] BBl, 1994, III, S. 1803; Amtl. Bull. NR, 1994, S. 1311 ff. und 1967; Amtl. Bull. StR, 1994, S. 876 ff. und 1075; TA, 3.3.94; NZZ, 21.5.94; Presse vom 27.9.94. Vgl. SPJ 1993, S. 138 f.36
[37] Amtl. Bull. NR, 1994, S. 356 ff., 667 und 1311 ff.; Amtl. Bull. StR, 1994, S. 39 ff., 78 ff., 375, 388 ff. und 876; Presse vom 3.3. und 4.3.94. Vgl. SPJ 1993, S. 139 f.37
[38] BBl, 1995, I, S. 97 ff. Siehe auch SPJ 1992, S. 141 f. (1. Sparpaket) und 1993, S. 138 f. (2. Sparpaket).38