Année politique Suisse 1994 : Infrastruktur und Lebensraum / Boden- und Wohnwirtschaft
Wohnungsbau
Der Wohnungsmarkt in der Schweiz entspannte sich weiter. Mit Stichtag 1. Juni 1994 wurde ein Leerwohnungsbestand von 39 423 Wohnungen sowie Einfamilienhäuser ermittelt. Das sind nahezu 10 000 Einheiten oder 32% mehr als im Vorjahr.
Erstmals seit 1978 überschritt die Leerwohnungsziffer wieder die 1%-Marke: der Leerwohnungsbestand nahm von 0,92 auf 1,2% zu. Während die Zahl der leerstehenden Wohnungen mit fünf und mehr Zimmern im Vorjahresvergleich praktisch stagnierte, nahm die Zahl der leerstehenden Ein- und Zweizimmerwohnungen (+44%) und Drei- und Vierzimmerwohnungen (+36%) deutlich zu. Nach Kantonen betrachtet, war die Anzahl leerstehender Wohnungen einzig im Kanton Nidwalden leicht rückläufig. In allen übrigen Kantonen stieg die Leerwohnungsziffer an, wobei der Kanton Wallis die grösste absolute Zunahme zu verzeichnen hatte. Die höchsten Leerwohnungsziffern meldeten das Tessin (2,15), Wallis (2,12) und Waadt (2,1), während Basel-Land (0,36) und Basel-Stadt (0,33) die wenigsten leerstehenden Wohnungen registrierten. Allgemein wiesen die Süd- und Westschweiz deutlich höhere Leerwohnungsziffern auf als die Deutschschweiz
[28].
Der
Wohnungsbau hat 1994
markant zugenommen: Laut dem BFS wurden 44 880 Wohnungen erstellt, rund 30% mehr als im Vorjahr. Ende Jahr befanden sich 56 300 Wohnungen im Bau, rund 15% mehr als im Vorjahr
[29].
Klar zugenommen im Vergleich zum Vorjahr haben im Berichtsjahr auch die
Baugesuche für Neu- und grössere Umbauten. Insgesamt stieg die Zahl der Gesuche um 10,5% auf 26 546 an. Während in der Deutschschweiz die Zahl um 12% zunahm, machte der Anstieg in der Westschweiz rund 5% und im Tessin nur rund 3% aus. Die grösste Zunahme von Baugesuchen gegenüber dem Vorjahr verzeichnete der Wohnbau (+9,9%), gefolgt von den Gewerbe- und Industriebauten (+6,6%), während sich die Zahl der Gesuche für Büro- und Verwaltungsbauten stark rückläufig entwickelte (-8,5%)
[30].
Der Bundesrat empfahl dem Parlament die Hauseigentümer-Initiative
"Wohneigentum für alle" ohne Gegenvorschlag zur Ablehnung, weil diese einseitige Steuererleichterungen zugunsten von Wohnungs- und Hausbesitzern fordere und Mieter und untere Einkommensbezüger benachteilige. Gemäss Bundesrat würde der Bund bei Annahme des Begehrens zudem einen Steuerausfall von einer halben Milliarde und die Kantone einen solchen von nahezu 1,4 Mia Fr. erleiden
[31].
Eine Motion Gysin (svp, BL), die eine Korrektur des Bundesgesetzes über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden anstrebte, um den Kantonen die
steuerliche Förderung des Wohneigentums weiterhin zu ermöglichen, wurde vom Bundesrat abgelehnt und nur als Postulat überwiesen. Das 1993 in Kraft getretene Steuerharmonisierungsgesetz wird individuelle steuerliche Abzüge der Kantone zur Förderung des Bausparens ab dem Jahre 2000 nicht mehr zulassen
[32].
Der Bundesrat veröffentlichte im Oktober die Verordnungen zu den 1993 beschlossenen
Freizügigkeits- resp.
Wohneigentumsförderungsgesetzen, welche auf den 1. Januar 1995 in Kraft treten werden. Nach diesen können die Versicherten ihr Vorsorgekapital bis zur Höhe ihrer Freizügigkeitsleistung für ihr Wohneigentum einsetzen. Das Guthaben kann vorbezogen oder verpfändet und für den Kauf, den Bau oder die Beteiligung an Wohneigentum sowie die Amortisation von Hypotheken verwendet werden. Wer den Vorbezug in Anspruch nimmt, hat zukünftig einen reduzierten Leistungsanspruch und muss das vorbezogene Kapital sofort versteuern. Die Pensionskassen sind grundsätzlich verpflichtet, die geltend gemachten Vorbezüge möglichst rasch auszuzahlen. 1995 wird die Auszahlungsfrist noch maximal zwölf, danach sechs Monate betragen
[33].
[28] Presse vom 27.9.94.28
[29]
NZZ, 8.3.95 (provisorische Zahlen).29
[31]
BBl, 1994, III, S. 768 f.; Presse vom 17.11.94. Siehe auch
SPJ 1993, S. 174.31
[32]
Amtl. Bull. NR, 1994, S. 1332 ff.32
[33]
NZZ, 5.10. und 18.10.94;
BaZ, 18.10.94. Vgl.
SPJ 1993, S. 174 f.33
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