Année politique Suisse 1994 : Sozialpolitik / Gesundheit, Sozialhilfe, Sport
Sport
National- und Ständerat behandelten ähnlichlautende Motionen Wyss (fdp, BS) und Schoch (fdp, AR) für eine Stärkung des Sports und seiner politischen Führungs- und Verwaltungsstrukturen bis hin zur Schaffung eines
Bundesamtes für Sport. Auf Antrag des Bundesrates wurden die Vorstösse nur in der Postulatsform verabschiedet. Die Landesregierung erklärte, im Rahmen der Regierungsreform 1993 würden auch die Anliegen des Sports eingehend geprüft und angemessen berücksichtigt. Dazu gehöre auch die Klärung der Frage der Schaffung eines Bundesamtes für Sport und der Zusammenfassung aller Sportaufgaben des Bundes in diesem Amt
[54].
Mitte Mai konnte die Eidgenössische
Sportschule Magglingen (ESSM) im Beisein von Bundesrätin Dreifuss und von rund 900 Gästen aus Sport, Kultur, Politik und Wissenschaft ihr 50jähriges Bestehen feiern. Die ESSM nutzte ihr Jubiläum, um mit gezielten Aktionen an die Öffentlichkeit zu treten und ihre Bedeutung zu unterstreichen, die sich seit der Gründung 1944 - als sie in erster Linie als Unterstützung der Wehrhaftigkeit der Schweizer Armee verstanden wurde - stark geändert hat. In Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Kultur wurde ein Jubiläumssymposium durchgeführt, an welchem rund 150 Vertreterinnen und Vertreter verschiedenster Institutionen das Sportverständnis als Orientierungsrahmen für die künftige Entwicklung des Sportes und als Element der gesamtgesellschaftlichen Kultur definierten und präzisierten
[55].
Nach 1968 und 1976
kandidierte der Kanton Wallis zum drittenmal für Olympische Winterspiele. Für den Anlass, dessen Zentrum im Jahr 2002 Sitten sein soll, wurde ein ausgewogenes Budget von je 675 Mio Fr. Einnahmen und Ausgaben veranschlagt, wobei die Organisationskosten den grössten Posten ausmachen. Neue Sportanlagen sollen keine errichtet, bestehende höchstens ausgebaut werden. Eishockey und Eiskunstlauf, Bob und Skispringen sollen deshalb in andere Orte verlegt werden, wo die nötige Infrastruktur vorhanden ist. Mit Unterstützung des Schweizerischen Olympischen Komitees wurde Ende Januar die Kandidatur offiziell beim Internationalen Olympischen Komitee (IOC) deponiert
[56].
Nachdem sowohl das Gemeindeparlament von Sitten als auch der Walliser Grosse Rat der Kandidatur und einer Defizitgarantie von 15 bzw. 30 Mio Fr. zugestimmt und das Organisationskomitee mit den Umweltverbänden eine Einigung über die naturbewahrende Ausgestaltung der Spiele erzielt hatte, erteilte auch das Walliser
Bevölkerung mit 61% der Stimmen der Defizitgarantie und damit dem gesamten Vorhaben seinen Segen. Generell war die Zustimmung in den touristischen Regionen stärker als im Talboden. Brig lehnte mit 53% ab, Martigny und Visp sagten mit 52 und 51% nur knapp ja. Als einziger Austragungsort verwarf Monthey mit 58% die Vorlage deutlich. Mit 76% Ja-Stimmen fand das Vorhaben im Goms, wo die Langlaufwettkämpfe stattfinden sollen, die grösste Akzeptanz. Im August wurde daraufhin das mehr als 500 Seiten starke Bewerbungsdossier dem IOC übergeben
[57].
Der
Bundesrat hatte schon früh zu erkennen gegeben, dass er einer Schweizer Kandidatur für Olympische Spiele grundsätzlich positiv gegenüber stehe und diese auch im Rahmen seiner Möglichkeiten unterstützen werde. Wichtig sei aber, dass die Kandidatur im Volk breit verankert sei und die Auswirkungen eines derartigen Grossanlasses auf die Umwelt berücksichtigt würden. Ende Mai stellte er einen ausserordentlichen Kostenbeitrag für die Kandidatur von 1,2 Mio Fr. in Aussicht und setzte eine Arbeitsgruppe ein, welche die Machbarkeit der Durchführung Olympischer Winterspiele im Wallis sowie Art und Umfang der Unterstützung des Bundes zu prüfen hatte. Aufgrund dieser Vorarbeiten beantragte die Landesregierung dem Parlament eine
Defizitgarantie von maximal 30 Mio Fr. sowie die dafür erforderliche Änderung des Bundesgesetzes über Turnen und Sport
[58].
Der Ständerat stimmte nach kurzer Diskussion der Vorlage mit 37:1 Stimmen zu, fügte allerdings die Bedingung ein, dass der Kanton Wallis und die beteiligten Gemeinden zusammen eine Defizitgarantie in mindestens doppelter Höhe zu leisten hätten. Im Nationalrat führte ein
Nichteintretensantrag der Grünen zu einer längeren Debatte. Das Resultat der Gesamtabstimmung - 107:20 Stimmen bei vier Enthaltungen - war jedoch vorauszusehen, hatten doch 127 Abgeordnete aus allen Parteien (mit Ausnahme der Grünen) eine Motion Comby (fdp, VS) unterzeichnet, welche den Bundesrat dringend ersucht, die Kandidatur moralisch, technisch und finanziell zu unterstützen
[59].
Für die Diskussionen um eine Ausnahme der Sportvereine und -anlässe von der Mehrwertsteuer siehe oben, Teil I, 5 (Finanzordnung).
[54]
Amtl. Bull. NR, 1994, S. 583;
Amtl. Bull. StR, 1994, S. 106 ff. Siehe auch die Ausführungen des BR zur Förderung des Spitzensportes in
Amtl. Bull. NR, 1994, S. 1941 f.54
[55]
Gesch.ber., 1994, II, S. 63; Presse vom 13.5. und 14.5.94.55
[56] Presse vom 28.1., 29.1., 1.2. und 2.4.94.56
[57] Presse vom 10.5., 11.5., 13.6. und 19.8.94.57
[58]
Amtl. Bull. StR, 1994, S. 213 ff.;
Amtl. Bull. NR, 1994, S. 309 und 859 f.;
BBl, 1994, V, S. 132 ff.58
[59]
Amtl. Bull. StR, 1994, S. 1085 ff. und 1356;
Amtl. Bull. NR, 1994, S. 1883, 2360 ff. und 2532.59
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