Année politique Suisse 1994 : Sozialpolitik / Soziale Gruppen
 
Jenische
Nach dem Nationalrat stimmte auch der Ständerat - allerdings nur mit Stichentscheid des Präsidenten - der Schaffung einer Stiftung "Zukunft für Schweizer Fahrende" zu, welche die Gegenwarts- und Zukunftsprobleme der Jenischen in der Schweiz anpacken und das kulturelle Selbstverständnis dieser Minderheit wahren helfen soll. Gegen Eintreten sprach sich der Luzerner Bühler (fdp) aus. Er befand, eine Koordination dränge sich tatsächlich auf, doch übernehme der Bund damit eine Aufgabe, die eigentlich den Kantonen obliege. Ständerat Schiesser (fdp, GL) hielt dem entgegen, die Koordinationsbestrebungen unter den Kantonen seien bisher im Sand verlaufen, weshalb es hier eine führende Hand brauche. Wie der Nationalrat bewilligte die kleine Kammer eine Million Franken als Stiftungskapital, reduzierte aber den jährlichen Betriebsbeitrag für die ersten fünf Jahre von einer Million auf 750 000 Fr. Diesem Entscheid schloss sich der Nationalrat diskussionslos an [19].
Die 35 000 Jenischen in der Schweiz wollen als Volk offiziell anerkannt werden. Dies fordert eine Petition mit rund 13 000 Unterschriften, welche Ende Jahr im Bundeshaus eingereicht wurde. Zudem verlangen die Fahrenden mehr Standplätze sowie Gewerbepatente, die in der ganzen Schweiz gültig sind. Die Petition war von der "Radgenossenschaft der Landstrasse" lanciert und von den Landeskirchen, zahlreichen sozialen und kulturellen Organisationen und Einzelpersonen aus dem politischen und kulturellen Leben unterstützt worden [20].
 
[19] Amtl. Bull. StR, 1994, S. 864 ff. und 1072; Amtl. Bull. NR, 1994, S. 1676 f. und 1958 f.; BBl, 1994, III, S. 1866 f. Siehe auch SPJ 1993, S. 234 f.19
[20] LNN, 6.1.94; NZZ, 9.12.94.20