Année politique Suisse 1995 : Grundlagen der Staatsordnung / Wahlen / Eidgenössische Wahlen
print
Überblick
Im Wahljahr 1995 erfreuten sich Wahlprognosen nochmals steigender Beliebtheit. Bereits im Frühjahr wurden der SVP, der Freiheits-Partei und der SP Sitzgewinne, den Grünen und der CVP hingegen massive Sitzverluste vorausgesagt. Auch rechnete man insgesamt mit dem Erstarken der Regierungsparteien und Wählerverlusten der kleinen Parteien, die bisher Proteststimmen zu binden vermochten. Allerdings wiesen die Prognostiker auf das stabile Parteiensystem und die durch die direkte Demokratie weniger grosse Wichtigkeit von Wahlen in der Schweiz hin.
Der Ausgang der Wahlen überraschte deshalb durch das Ausmass der Sitzverschiebungen. Mit insgesamt 15 Sitzgewinnen in beiden Räten zusammen [2] erzielte die SP einen Erdrutschsieg und verzeichnete den grössten Mandatszuwachs einer Partei seit 1919. Die SP gewann allerdings vor allem Sitze auf Kosten der Grünen und der Mitteparteien, womit sich die Machtbalance zwischen dem rechten und dem links-grünen Block nur leicht zugunsten der Linken verändert hat. Die SVP, die aufgrund hoher kantonaler Sitzgewinne als grosse Siegerin gehandelt wurde, bewegte sich mit fünf Sitzgewinnen in beiden Räten zusammen im Rahmen der Erwartungen. Mit nur gerade einem Sitzverlust [3] konnte sich die als Verliererin gehandelte CVP relativ gut halten; ihr waren bis zu 15 Sitzverluste prognostiziert worden. Dagegen kam es bei den Grünen, die ebenfalls früh zu Verlierern gestempelt worden waren, zur befürchteten Wahlniederlage. Die FDP musste sich mit dem vorausgesagten stagnierenden Resultat zufrieden geben. Die prognostizierte Erstarkung der Regierungsparteien, verbunden mit der Schwächung kleinerer Parteien, bestätigte sich, wobei durch den in dieser Grössenordnung unvorhergesehenen Sieg der SP auch hier das Ausmass überraschte. Die Freiheits-Partei konnte nicht an ihre Erfolge bei den kantonalen Wahlen anknüpfen und zählte zu den überraschenden Verlierern. Allgemein war den Frauen in beiden Räten ein gutes Resultat vorausgesagt worden, was sich bestätigte: Während sich ihr Anteil im Nationalrat von 17,5% auf 21,5% erhöhte, was dem höchsten Zuwachs seit Einführung des Frauenwahlrechts 1971 entspricht, verdoppelte sich die Frauenvertretung im Ständerat.
 
[2] Inkl. dem Sitz des partito socialista unitario (TI), der 1991 noch nicht der SP zugezählt wurde.2
[3] Ausgehend von einer Zuordnung, die den Sitz der Alliance jurassienne (BE) 1991 nicht zur CVP zählte.3