Année politique Suisse 1995 : Wirtschaft / Geld, Währung und Kredit / Banken
In seiner Antwort auf ein Postulat der WAK des Nationalrats nahm auch der Bundesrat zur Frage der
Staatsgarantie für
Kantonalbanken Stellung und vermochte dabei vorläufig keinen Reformbedarf auf Bundesebene auszumachen. Den Kantonen empfahl er, ihre Banken der Aufsicht der Bankenkommission zu unterstellen
[15]. Auf Antrag des Bundesrates wandelte der Nationalrat später eine Motion Vollmer (sp, BE) für eine Neudefinition der Staatsgarantie in ein Postulat um. Der Vorstoss hatte verlangt, dass die Kantone ihre bisherige vollumfängliche Garantie - welche zur Zeit die Steuerzahler der Kantone Bern und Solothurn massiv belastet - durch eine auf Spareinlagen beschränkte Garantie ersetzen können. Bereits zuvor hatte der Kanton Bern eine etwas allgemeiner gehaltene Standesinitiative mit der selben Stossrichtung eingereicht. Einen Tag nach dem Vorstoss von Vollmer doppelten Ständerat Gemperli (cvp, SG) und Nationalrat Rychen (svp, BE) mit gleichlautenden Motionen nach, welche den Kantonen die Kompetenz erteilen wollen, den Umfang der Staatsgarantie selbst zu regeln. Auf Antrag seiner WAK überwies der Ständerat die Motion Gemperli als Postulat. Die bernische Standesinitiative lehnte er mit dem Argument ab, dass Kantone, die keine vollumfängliche Garantie mehr leisten wollen, ihre Banken privatisieren können; damit würden diese Banken allerdings auch gewisse Privilegien wie Steuerbefreiung und weniger strenge Eigenmittelvorschriften verlieren
[16].
In verschiedenen
Kantonen wurden Neuregelungen für die Kantonalbanken an die Hand genommen. Die Regierung von Appenzell-Ausserrhoden beantragte Volk und Parlament den Verkauf der Kantonalbank an die Schweizerische Bankgesellschaft. In St. Gallen stimmte der Grosse Rat für die Umwandlung in eine private Aktiengesellschaft, bei welcher der Kanton freilich eine Mehrheitsbeteiligung behält und weiterhin Garantie leistet. Im Kanton Bern gab die Regierung einen ähnlichen Vorschlag in die Vernehmlassung; sie möchte die Staatsgarantie ebenfalls beibehalten, sich aber die Vorteile, die der Bank daraus erwachsen, abgelten lassen
[17]. Eine interne Arbeitsgruppe des Verbands der Kantonalbanken arbeitete einen Vorschlag aus, wie die Kantonalbanken nach einer Privatisierung zu einer
Holding zusammengefasst werden könnten
[18].
Als erste nationale Partei äusserte sich die
SP zur zukünftigen Rolle der Kantonalbanken. Sie sprach sich für deren Beibehaltung aus, verlangte aber, dass ihnen als Gegenleistung für Privilegien ein verbindlicher gemeinwirtschaftlicher Auftrag erteilt werden muss. Dieser Auftrag würde beispielsweise in der Aufrechterhaltung eines dezentralen Filialnetzes und in der Erteilung günstiger Kredite für lokale Kleinbetriebe bestehen
[19]. Die
Kartellkommission hatte sich ebenfalls mit den Kantonalbanken befasst. In einem Bericht stellte sie fest, dass die Staatsgarantie und Steuerprivilegien zu Wettbewerbsvorteilen für die Kantonalbanken führten und deshalb ganz oder teilweise aufzuheben seien
[20].
[15] Presse vom 31.3.95. Vgl. dazu
SPJ 1994, S. 106.15
[16]
Amtl. Bull. NR, 1995, S. 2187 f.;
Amtl. Bull. StR, 1995, S. 1137 ff.;
BZ, 22.6.95; Presse vom 7.12.95. Zu den Belastungen der Kantone BE und SO siehe
BZ, 10.6.95; Presse vom 6.9.95.16
[17] AR: Presse vom 22.12.95. SG:
SGT, 5.5., 13.7., 13.10. und 10.11.95. BE:
Bund, 2.3., 6.4., 12.8. und 13.10.95. Vgl. auch
Amtl. Bull. StR, 1995, S. 1138 sowie unten, Teil II, 2d. Zum technischen Vorgehen bei der Privatisierung der Solothurner Kantonalbank im Vorjahr siehe
NZZ, 17.1.95.17
[18]
NZZ, 4.11.95;
TA, 9.11.95;
NQ, 14.11.95.18
[19]
TA und
NZZ, 20.11.95;
TW, 16.12.95. Vgl. auch
Lit. Stich.19
[20] Presse vom 23.5.95; SNB,
Jahresbericht 1995, 88/1995, S. 51. Vgl. dazu auch BR Stich in
Amtl. Bull. NR, 1995, S. 1198 f.20
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