Année politique Suisse 1995 : Allgemeine Chronik / Öffentliche Finanzen / Indirekte Steuern
Im April verabschiedete der Bundesrat seine Botschaft zu einer
Revision des
Mineralölsteuergesetzes, das die Umwandlung der bisher auf Mineralölen und Treibstoffen erhobenen Fiskalzölle in eine Verbrauchssteuer bezweckt und damit jene Verfassungsnorm vollziehen will, die Volk und Stände im November 1993 zusammen mit der Einführung der Mehrwertsteuer gutgeheissen haben. Die Schweiz hatte sich bereits 1972 im mit der EWG abgeschlossenen Freihandelsabkommen verpflichtet, Fiskalzölle zu beseitigen oder in interne Abgaben umzuwandeln. Mit der neuen Mineralölsteuer sollen Treib- und Brennstoffe belastet, gleichzeitig aber die Zölle auf diesen Produkten, einschliesslich des Zollzuschlages auf Treibstoffen, aufgehoben werden. Steuerpflichtig werden im wesentlichen Importeure, Lagerinhaber und Personen, die unversteuerte Waren abgeben oder verwenden. Die aus der Mineralölsteuer erwarteten jährlichen Einnahmen in der Grössenordnung von 4,5 Mia Fr. sollen den Ausfall der heutigen Fiskalzölle haushaltsneutral kompensieren. Neu soll der Bundesrat die Steuern periodisch der Teuerung anpassen können. Die Indexierung des Steuertarifs wurde im Vernehmlassungsverfahren von bürgerlichen Parteien, der Mineralölbranche und den Strassenverbänden (ohne VCS) allerdings heftig kritisiert. In seiner Botschaft sprach sich der Bundesrat auch gegen eine weitere Privilegierung der
Zollausschlussgebiete und damit gegen
Samnaun (GR) aus, da diese mit dem Grundsatz der Rechtsgleichheit nicht in Einklang zu bringen sei. Die ständerätliche Kommission für Wirtschaft und Abgaben schlug für das Zollfreigebiet Samnaun eine Übergangszeit von zehn Jahren vor. Der Ständerat entschied in der Wintersession auf Antrag der beiden Bündner Standesvertreter aber mit 20 zu 14 Stimmen, gänzlich am Zollprivileg Samnauns festzuhalten. Ausserdem entschied der Ständerat mit Stichentscheid des Präsidenten, die neue Mineralölsteuer nicht zu indexieren. Eine Ratsmehrheit machte geltend, dass die Indexierung im Widerspruch zum Grundsatz stehe, nach dem die Steuersätze vom Gesetzgeber festzulegen seien. Weiter sprach sich der Ständerat gegen den Willen des Bundesrates auch dafür aus, dass Treibstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen und Biomasse steuerfrei bleiben sollen
[17].
Einer parlamentarischen Initiative Meier (gp, ZH), die eine vollständige
Abschaffung der Zweckbindung für die Mineralölsteuer zum Ziel hatte, wurde vom Nationalrat mit 82 zu 44 Stimmen keine Folge gegeben. Die Kommissionsmehrheit machte geltend, dass 1983 die Zweckbindung des Treibstoffgrundzolles von 60% auf 50% gesenkt worden sei; eine weitere Senkung oder gar die Aufhebung der Zweckbindung sei angesichts der Strassenausgaben des Bundes nicht angebracht
[18].
Ebenfalls aufgrund des Freihandelsabkommens Schweiz-EWG aus dem Jahre 1972 und der dazu im November 1993 geschaffenen Verfassungsgrundlage verabschiedete der Bundesrat im Oktober seine Botschaft zu einem
Automobilsteuergesetz, das auf Anfang 1997 in Kraft treten soll. Mit der Automobilsteuer werden die Automobile belastet und gleichzeitig die Fiskalzölle auf diesen Fahrzeugen aufgehoben. Der Steuer unterliegt neben der Einfuhr auch die Lieferung und der Eigengebrauch bei der Herstellung von Autos im Inland. Der Steuersatz beträgt 4%; die Autoverbände hatten einen Steuersatz von lediglich 3% gefordert. Als Bemessungsgrundlage wird nicht mehr wie bei den Zöllen das Gewicht, sondern der Wert herangezogen. Dem Bund werden aus der Automobilsteuer jährlich Einnahmen von 220 bis 250 Mio Fr. zufliessen, Fiskalzölle in gleicher Höhe fallen aber weg, womit auch diese Vorlage haushaltsneutral gestaltet ist
[19].
Eine Motion Schmid (cvp, AI), die Wettbewerbsverzerrungen in der Biersteuer ausmerzen und die in der Europäischen Union bekannte
Biersteuerstaffel einführen wollte, war letztes Jahr vom Ständerat angenommen worden, wurde aber im Berichtsjahr vom Nationalrat abgelehnt. Eine gleichlautende Motion Tschuppert (fdp, LU) überwies der Nationalrat als Postulat. Er folgte damit dem Bundesrat, der eine Revision des Biersteuergesetzes in Aussicht stellte, sich aber nicht auf die Biersteuerstaffel festlegen wollte
[20].
[17]
BBl, 1995, III, S. 137 ff.;
Amtl. Bull. StR, 1995, S. 1260 ff. und 1269 ff.; Presse vom 6.4.95;
BüZ, 17.10.95;
NZZ, 18.12.95; Presse vom 20.12.95;
SGT, 21.12.95. Vgl.
SPJ 1994, S. 128. Zu einer Motion Cavadini (lp, NE), die sich im Rahmen der Einführung des Mineralölsteuergesetzes für die steuerliche Privilegierung von Erdgas stark macht, siehe unten, Teil I, 6a (Produits pétroliers).17
[18]
Amtl. Bull. NR, 1995, S. 922 f.18
[19]
BBl, 1995, IV, S. 1689 ff.;
NZZ, 26.10.95.19
[20]
Amtl. Bull. NR, 1995, S. 856 ff. Vgl.
SPJ 1994, S. 128.20
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