Année politique Suisse 1995 : Infrastruktur und Lebensraum / Boden- und Wohnwirtschaft /  Wohnungsbau
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Wohneigentumsförderung
Nachdem der Bundesrat bereits im letzten Herbst die Volksinitiative des Schweizerischen Hauseigentümerverbands "Wohneigentum für alle" ohne Gegenvorschlag zur Ablehnung empfohlen hatte, lieferte er in seiner Botschaft im Berichtsjahr die ausführliche Begründung nach. Gemäss Bundesrat begünstigt bereits das geltende Steuerrecht den Erwerb selbstgenutzten Wohneigentums; es bestehe aus volkswirtschaftlicher Sicht keine Notwendigkeit einer noch stärkeren steuerlichen Privilegierung des Wohneigentums. Er widersetzte sich auch der Forderung der Initiative, die Eigenmietwerte nach Ersterwerb des selbstgenutzten Wohneigentums während zehn Jahren zu ermässigen, da damit eine rechtsgleiche Besteuerung im Verhältnis zu den Mietern nicht mehr gewährleistet wäre. Unter dem Aspekt der Rechtsgleichheit als völlig unhaltbar bezeichnete er das Begehren, einmal festgesetzte Eigenmietwerte bis zu einer Handänderung gar nicht mehr anzupassen. Die bei Annahme der Initiative entstehenden Steuerausfälle bezifferte der Bundesrat für den Bund auf 400 bis 500 Mio Fr. und für die Kantone auf 1 bis 1,4 Mia Fr. Allein die "massvolle" Festlegung der Eigenmietwerte würde den Bund 250 Mio Fr. und die Kantone 700 Mio Fr. kosten [30].
Eine vom Bundesrat eingesetzte Expertenkommission zur Prüfung des Einsatzes des Steuerrechts für wohnungs- und bodenpolitische Ziele kam zum Schluss, dass sich das Ziel einer breiteren Streuung von Wohneigentum mit steuerlichen Erleichterungen nur beschränkt erreichen lässt. Die Baulandhortung sei die Hauptursache für die anhaltende Baulandknappheit; erschlossenes Bauland sei nämlich ausreichend vorhanden. Einen entscheidenden Ansatz sahen die Experten in der konsequenten Besteuerung des Baulandes aufgrund des Verkehrswertes. Im Gegenzug solle die Liegenschaftssteuer abgeschafft werden, da diese vor allem ohnehin stark belastete Neuerwerber treffe und bereits heute nicht mehr in allen Kantonen erhoben werde [31].
Der Nationalrat überwies eine Motion einer Minderheit seiner Rechtskommission als Postulat, das - ohne gesetzlichen Zwang gegenüber Vermietern - Anreize zu erleichtertem Wohneigentumserwerb für Mieter fordert. Als mögliche Massnahmen wurden eine Rabattgewährung bei der Grundstückgewinnsteuer bei einem Verkauf an den Mieter oder der Verzicht auf die Eigenmietwertbesteuerung des neuerwerbenden Mieters während einer bestimmten Zeit vorgeschlagen [32].
Eine Motion Baumberger (cvp, ZH) ersuchte den Bundesrat, Massnahmen zu prüfen, die im Sinne der besseren Eigentumsstreuung die Verbreitung des Stockwerkeigentums fördern und schlug unter anderem steuerliche Erleichterungen vor. Die Motion wurde im Nationalrat von Mieterseite bekämpft und ihre Behandlung verschoben [33].
Auf Beginn des Berichtsjahrs traten das Bundesgesetz über Wohneigentumsförderung mit Mitteln der beruflichen Vorsorge und die dazugehörigen Verordnungen in Kraft. Gemäss dem Bundesamt für Sozialversicherungen und den Pensionskassen war die Nachfrage aber "marginal". Weit weniger als 1% aller Versicherten machte 1995 vom neuen Instrument Gebrauch [34].
 
[30] BBl, 1994, III, S. 803 ff.; Presse vom 26.5.95. Vgl. auch SPJ 1994, S. 177.30
[31] Lit. Locher; SGT, 2.5.95; Bund, 3.5.95; NZZ, 23.8.95.31
[32] Amtl. Bull. NR, 1995, S. 1187; SGT, 10.6.95.32
[33] Amtl. Bull. NR, 1995, S. 2698 f.33
[34] NZZ und BZ, 4.1.95; SoZ, 10.3.96. Siehe auch SPJ 1994, S. 177.34