Année politique Suisse 1995 : Bildung, Kultur und Medien / Kultur, Sprache, Kirchen / Das Verhältnis zwischen den Sprachgruppen
Nach dem Ständerat lehnte auch der Nationalrat diskussionslos und mit deutlicher Mehrheit drei
Standesinitiativen der Kantone Bern, Freiburg und Wallis ab, mit denen diese eine Bundesentschädigung für ihre
durch die Zweisprachigkeit bedingten Mehrkosten verlangten. Die grosse Kammer übernahm dabei die Argumentation des Ständerates und ihrer vorberatenden Kommission, wonach Zwei- und Mehrsprachigkeit im administrativen und im schulischen Bereich zwar zusätzliche Kosten verursache, eine Sprachenvielfalt innerhalb der Kantonsgrenzen aber bereichernd sei. Einzelne Sprecher machten geltend, für die Unterstützung der mehrsprachigen Kantone könne es auch noch andere Wege als jene über direkte Bundessubventionen geben, so etwa über den interkantonalen Finanzausgleich
[30].
In einer Erklärung empfahl die Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK) den Kantonen und Gemeinden, Initiativen zur Einführung einer
zweiten Unterrichtssprache zu unterstützen. Fächer wie Geographie, Mathematik oder Geschichte könnten durchaus in einer Fremdsprache vermittelt werden
[31].
Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der
Bundesverwaltung sollen in der von ihnen gewünschten Amtssprache arbeiten können. Damit dies für das französisch- und italienischsprachige Personal gewährleistet ist, müssen die Departemente und Ämter neu eine Übersetzung ins Deutsche garantieren, weshalb in jedem Departement ein eigener Sprachendienst eingerichtet werden soll. Der Bundesrat setzte auf den 1. Juli eine entsprechende neue Verordnung über das Übersetzungswesen in Kraft
[32].
Zu der auf Beginn der 45. Legislatur eingeführten neuen Sitzordnung im Nationalrat, welche die bisher bestehenden sprachlichen Blöcke auflöst, siehe oben, Teil I, 1c (Parlament). Für die Bedeutung der Entfremdung zwischen den Sprachgruppen als Problem der nationalen Identität siehe oben, Teil I, 1a (Grundsatzfragen).
[30]
Amtl. Bull. NR, 1995, S. 224 ff. Vgl.
SPJ 1994, S. 267.30
[31] Presse vom 3.3.95. Für Versuche mit zweisprachigem Unterricht siehe
BaZ, 1.2.95;
Lib., 14.3., 9.6., 4.7. und 11.7.95;
LZ, 20.3.95;
NF, 4.5., 26.10., 28.10. und 10.11.95;
TA, 3.8.95;
Ww, 5.10.95.31
[32]
AS, 1995, S. 3632 ff.;
LZ, 24.6.95.32
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