Année politique Suisse 1995 : Bildung, Kultur und Medien / Medien / Radio und Fernsehen
Das EVED erteilte in der Nord-, West- und Südschweiz insgesamt
23 Lokalradios definitive Konzessionen für die nächsten zehn Jahre. Zu vergeben waren 24 Bewilligungen für 22 Sendegebiete, wofür sich 41 Lokalradios bewarben, darunter 20 neue Projekte. Vier Radiostationen wurden neu konzessioniert: Als dritter, nichtkommerzieller Sender der Agglomeration Bern erhielt "
Radio RaBe" eine Konzession. Im Raum Genf/Rolle wurde "
World Radio Geneva" konzessioniert, ein von der SRG und der englischen Nachrichtenagentur Reuters getragenes französisch-englischsprachiges, primär wirtschaftlich ausgerichtetes Programm, das Genf als Sitz internationaler Organisationen stärken soll. Die SRG-Beteiligung wurde vom Verband Schweizer Privatradios (VSP) kritisiert. Weiter erhielt in der Region Genf der Jugendsender "
No Radio" eine Konzession. In Locarno geht "
Radio Ticino" neu auf Sendung. Als einziger bisheriger Veranstalter erhielt der Nordtessiner Sender "90,6 La Voce del Bellinzonese" keine definitive Konzession; er legte Rekurs ein
[46].
In einer zweiten Etappe wird der Bundesrat die
Lokalradiokonzessionen für die Zentral- und Ostschweiz festlegen. In einem ersten Entwurf schlug das BAKOM vor, in der Region Zürich das Sendegebiet der zwei grössten Lokalsender Radio 24 und Radio Z um rund 14% einzuschränken, da diese bisher dank dem Sendestandort Üetliberg bevorteilt worden seien. Neu sollen die beiden Sender sowie Radio LoRA vom tiefer gelegenen Zürichberg ausgestrahlt werden, womit angrenzende Radioregionen weniger beeinträchtigt und die Chancengleichheit hergestellt würde. Gleichzeitig sollte gemäss BAKOM zwei weiteren, kleineren Stadtsendern eine Zulassung erteilt werden. Radio 24 und Radio Z bekämpften die Vorschläge heftig und erhielten dabei Sukkurs von den Exekutiven sowohl der Stadt als auch des Kantons Zürich. Auch die Standeskommission von Appenzell Innerrhoden kritisierte die vorgeschlagene Neuordnung für die Lokalradioversorgung scharf, da kein Versorgungsgebiet Appenzellerland ausgeschieden worden sei
[47].
Bundesrat Ogi bestätigte, dass in der Region Basel künftig drei Privatradios senden könnten, wenn die Basler Regierung dies wünsche. Damit würde das alternative Jugend- und Kulturradio "
Radio X" die Chance für eine Konzession erhalten. Das Baselbieter Lokalradio "Raurach" benannte sich im Berichtsjahr in Radio "
Edelweiss" um
[48].
Im Streit um die weitere
Ausstrahlung von DRS-Programmteilen gaben nach einer Strafklage von Radio DRS zuletzt auch die drei Lokalradios Gonzen, Schwyz und Munot nach. DRS hatte zehn Lokalradios den bisherigen Vorzugspreis für DRS-Nachrichten auf Ende 1994 gestrichen und von ihnen verlangt, täglich acht Stunden aus dem DRS-Angebot zu übernehmen. Verschiedene Lokalradios bauten nun eine neue Nachrichtenredaktion auf. Nach Radio DRS kündigte auch
Radio Suisse Romande (RSR) die Verträge mit verschiedenen Westschweizer Lokalradios zur Übernahme von RSR-Programmen auf Ende 1995. Gleichzeitig bot sie Radio-Fribourg und Radio-Rhône an, sich am Aktienkapital zu beteiligen. Die Frage der Zulässigkeit ist jedoch offen. Die SRG-Beteiligung am Aktienkapital von World Radio Geneva stellt gemäss BAKOM eine Ausnahme dar
[49].
Ab 1996 wird es unter den Lokalradios zu
neuen Werbeallianzen kommen. Im "City Pool" wird Radio 24 neu gemeinsam mit den Sendern Radio Basilisk und extraBern werben, die bisher an Radio Z gebunden waren. Gleichzeitig verlor Radio 24 die bisherigen Partner Argovia und Sunshine, die neu mit Radio Z das Kernstück der Konkurrenz "Pool 2000" bilden. Dem Pool 2000 gehören noch sechs weitere Stationen an, der damit stärkster Radiopool wird. Der CH-Pool, der es auch kleineren Stationen ermöglichte, nationale Werbespots zu senden, ist aufgelöst worden
[50].
Neben den Regionalfernsehen möchten auch verschiedene Lokalradios das
Verbot politischer Werbung aufheben. Um die Diskussion darüber zu entfachen, offerierten Radio Argovia und das Zuger Radio Sunshine vor den eidgenössischen Wahlen den Parteien in ihrem Sendegebiet gratis Werbezeit. In seiner Antwort auf eine Interpellation Reimann (svp, AG) hielt der Bundesrat am Verbot für politische Werbung an Radio und Fernsehen fest: Dieses garantiere die Unabhängigkeit der Medien und schütze die Bildung der politischen Meinung vor wirtschaftlichem Einfluss
[51].
Entgegen den Wünschen der SRG hat der Bundesrat für ein Privatradio eine Mittelwellenfrequenz ausgeschrieben, die von der SRG nicht mehr genutzt wird. Gute Chancen hat der Volksmusiksender
Eviva, der seit drei Jahren nur über Satellit und über Kabelnetze zu empfangen ist
[52].
Mit Radio Piz Corvatsch wurde erstmals ein Privatsender in seinem Empfangsgebiet
für den Telefonrundspruch zugelassen. Das Bundesgericht wies eine Verwaltungsbeschwerde der SRG ab, die auf eine Exklusiv-Konzession pochte. An der Abschaffung des Telefonrundspruchs Ende 1997 wird der Entscheid aber nichts ändern
[53].
Eine vom EVED in Auftrag gegebene Studie bestätigte, dass der
Kurzwellensender Schwarzenburg, welcher die Programme von Radio Schweiz International ausstrahlt, höchstwahrscheinliche Ursache der in der Umgebung des Senders gehäuft auftretenden Schlafstörungen und von anderen Beschwerden ist. Bundesrat Ogi stellte eine Sanierung des Senders in Aussicht, die Anwohner drängen mit einer Aktion "Schwarzenburg ohne Kurzwellensender" neben einem absoluten Nachtsendeverbot aber auf die Stillegung der altersschwachen Anlage bis zum Jahr 2000
[54].
[46]
SHZ, 23.2.95; Presse vom 27.9.95. World Radio Geneva:
LZ, 15.4.95. Radio 90.6:
CdT, 30.10.95. Siehe auch
SPJ 1994, S. 280 f.46
[47] Presse vom 17.5.95;
Ww, 18.5.95;
NZZ, 1.6.95;
SGT, 24.6.95.47
[48] Radio X:
BaZ, 11.7. und 15.11.95. Edelweiss:
BaZ, 3.11.95.48
[49] DRS:
BüZ, 25.4.95. RSR:
Lib. und
BaZ, 1.12.95. Vgl.
SPJ 1994, S. 281.49
[50]
TA und
LZ, 23.6.95.50
[51]
Amtl. Bull. NR, 1995, S. 2246 f.;
TA, 30.6.95.51
[54]
Bund und
BZ, 26.8. und 23.11.95;
WoZ, 1.9.95;
Bund, 6.11.95.54
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