Année politique Suisse 1996 : Parteien, Verbände und Interessengruppen / Parteien
Freisinnig-demokratische Partei (FDP)
Franz Steinegger, der seit 1989 Parteipräsident ist, wurde für eine weitere Amtsperiode bestätigt. Ins Vizepräsidium wurde neben den wiederkandidierenden Vreni Spoerry (ZH) und Fulvio Pelli (TI) als Vertreter der welschen Schweiz neu Peter Tschopp (GE) gewählt. Nationalrat Tschopp gilt als ausgesprochener Europabefürworter
[14].
Auch das Fraktionspräsidium der FDP musste im Berichtsjahr neu besetzt werden. Nach längerer Ausmarchung machte Ständerätin
Christine Beerli (BE) gegen Gerold Bührer (SH) mit einer Stimme Differenz das Rennen. Sie wurde Nachfolgerin von Pascal Couchepin (VS) und ist erste weibliche FDP-Fraktionsvorsitzende. Die Wahl war auch insofern spannend, als sie klar den Flügelkampf innerhalb der FDP wiedergab: Bührer gilt als Verfechter eines harten wirtschaftsliberalen Kurses, während Beerli dem links-liberalen Lager zugerechnet wird
[15].
Zu Beginn des Jahres nahm sich die FDP vor, wieder verstärkt als diejenige Partei aufzutreten, die über die grösste wirtschaftspolitische Kompetenz verfügt.
FDP und Wirtschaft entfernten sich im Berichtsjahr jedoch teilweise
weiter voneinander. So stellte sich die FDP nur bedingt hinter das umstrittene Weissbuch von Wirtschaftsführern "Mut zum Aufbruch". Anlässlich der verlorenen Abstimmung zur Verwaltungs- und Regierungsreform warf die FDP den Wirtschaftsverbänden - insbesondere auch dem Vorort - vor, sie hätten mit ihrem Widerstand gegen die Staatssekretäre Solidarität mit der FDP vermissen lassen. Gegen Ende des Jahres unterstützten die beiden freisinnigen Bundesräte ausserdem das revidierte Arbeitsgesetz nicht öffentlich. Mit der anschliessend verlorenen Abstimmung musste die FDP eine schwere Niederlage einstecken
[16].
Im April wechselten vier Aargauer Parlamentarier der serbelnden Freiheits-Partei zur FDP. Parteipräsident Steinegger gab zum Zuwachs aus den Reihen der Freiheits-Partei sein Einverständnis, wobei er klar machte, dass nur wer freisinnig-liberale Positionen vertrete, in der Partei Platz habe. Steinegger signalisierte den FDP-Kantonalparteien auch seine Zustimmung, mit den Freiheitlichen Listenverbindungen einzugehen, vorausgesetzt, auf den Listen figurierten keine problematischen Namen. Die
Annäherung zwischen FDP und Freiheitlichen stiessen beim liberalen Flügel und bei den Jungfreisinnigen auf Opposition
[17].
Bei den kantonalen Wahlen büsste die FDP insgesamt fünf Parlamentssitze ein, wobei sie insbesondere in Basel-Stadt und Schwyz massiv Sitze und Wähleranteile einbüsste. Die Partei verfügt aber gesamtschweizerisch weiterhin über die meisten kantonalen Parlamentssitze. In Freiburg konnte die FDP neu wieder in die Regierung Einzug halten, musste aber in Nidwalden und St. Gallen je einen Exekutivsitz abgeben.
[14] Presse vom 15.4.96. Tschopp ersetzte den verstorbenen Jurassier Pierre Etique.14
[15]
Bund, 4.9. und 17.9.96; Presse vom 25.9.96. Zu Vizepräsidenten der FDP-Fraktion wurden Gerold Bührer und Adriano Cavadini (TI) ernannt.15
[16]
NLZ, 22.1.96;
BZ, 11.6.96; Presse vom 2.12.96. Zum Weissbuch siehe
SPJ 1995, S. 106 f. Zum Arbeitsgesetz siehe oben, Teil I, 7a (Arbeitszeit).16
[17]
BZ, 28.3.96. Vgl. auch unten, FPS.17
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