Année politique Suisse 1996 : Parteien, Verbände und Interessengruppen / Verbände und übrige Interessenorganisationen
Landwirtschaft
Trotz der deutlichen Annahme des neuen Verfassungsartikels über die Landwirtschaft
wuchs die Unzufriedenheit unter den Mitgliedern des Schweizerischen Bauernverbandes. Anfangs Jahr sprach sich die Verbandsleitung gegen die von den französischsprachigen Kantonalsektionen (vor allem Jura und Genf) verlangte Durchführung einer Manifestation auf dem Bundesplatz in Bern aus. Angesichts der Auseinandersetzungen mit der Polizei vor vier Jahren, als Demonstranten versuchten, die Absperrungen vor dem Bundeshaus zu durchbrechen, erachtete die Verbandsleitung eine neue Kundgebung am selben Ort für potentiell kontraproduktiv
[9]. Im Herbst kam der SBV dann auf seinen Entscheid zurück und rief für den 23. Oktober zu einer Demonstration auf dem Bundesplatz auf. Dabei bestätigten sich die ursprünglichen Bedenken der Verbandsführung. Wie 1992 nahmen wieder etwa 15 000 Bauern an der Versammlung teil, und wieder kam es zu heftigen Kämpfen mit der Polizei, als einige Hundert Manifestanten (vor allem aus dem Jura) versuchten, die Absperrungen vor dem Parlamentsgebäude niederzureissen. Noch bevor die SBV-Vertreter ihre Ansprachen beenden konnten, musste die Kundgebung abgebrochen werden
[10].
Eine indirekte Antwort auf die Forderung der Arbeitgeber nach einer Deregulierung der Agrarpreise zur Verbesserung des Wirtschaftsstandorts Schweiz (siehe oben) gab SBV-Direktor Ehrler an der Delegiertenversammlung vom 13. November in Bern. Mit der Feststellung, dass die Landwirte ihre Jahresproduktion um etwa 2 Mia Fr. billiger abgeben würden als zu Beginn der 90er Jahre, der Konsument aber trotzdem kaum von Preisreduktionen profitieren könne, reichte er den Schwarzen Peter an die Lebensmittelindustrie und den Detailhandel weiter. An dieser Delegiertenversammlung erneuerte der SBV auch seine Leitung. Nachdem der bisherige Präsident Marcel Sandoz bei nur einer Gegenstimme bestätigt worden war, galt es die
beiden Vizepräsidentenposten neu zu besetzen. Von den Bisherigen hatte der ehemalige Solothurner Nationalrat Christian Wanner (fdp) seinen Rücktritt bereits vor einiger Zeit angemeldet; nach der von Ausschreitungen begleiteten Kundgebung vom 23. Oktober stellte auch der Bündner alt Nationalrat Simeon Bühler (svp) seinen Sessel zur Verfügung. Zu ihren Nachfolgern wählten die Delegierten den 36jährigen Biobauern Peter Hegglin (ZG, cvp) und den 55jährigen Berner Oberländer Bergbauern und Nationalrat Abraham Oehrli (svp)
[11].
[9]
Bund, 4.4.96;
Lib., 19.4.96. Vgl.
SPJ 1992, S. 28.9
[10] Presse vom 24.10.96.10
[11] Presse vom 14.11.96. Bühler verneinte einen Zusammenhang zwischen seinem Rücktritt und dem Ablauf der Kundgebung (
NZZ, 14.11.96).11
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