Année politique Suisse 1996 : Grundlagen der Staatsordnung / Wahlen
 
Ersatzwahlen
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Glarus
Im Kanton Glarus musste FDP-Vertreter Fritz Weber wegen Erreichens der Altersgrenze zurücktreten. An seiner Stelle wurde Willy Kamm (fdp) gewählt, womit das Kräfteverhältnis in der Regierung mit je zwei Sitzen von FDP, SVP und SP sowie einem CVP-CSP-Sitz unverändert blieb. Die Kandidatin der CVP-CSP, Doris Hösli-Lampe, erreichte weniger als die Hälfte der Stimmen Kamms, womit der Versuch der CVP-CSP, ihren 1994 mit der Nichtwiederwahl des früheren Landammanns Jules Landolt an die SP verlorenen zweiten Sitz auf Kosten der FDP zurückzugewinnen, scheiterte. Die im Rahmen einer Zweierkandidatur zusammen mit Kamm von der FDP portierte Madeleine Kuhn-Baer wurde auf den dritten Platz verwiesen [28].
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Nidwalden
In einer Kampfwahl um den freiwerdenden Regierungssitz des in den Nationalrat gewählten Landammanns Edi Engelberger (fdp) erreichte im ersten Wahlgang keiner der drei Kandidaten das absolute Mehr. Der CVP-Herausforderer, der bisherige Landratspräsident Paul Niederberger, konnte sich jedoch klar vor dem FDP-Kandidaten Alois Gasser plazieren und verpasste die Wahlhürde lediglich um 190 Stimmen. Josef Blättler, Präsident des rot-grünen Demokratischen Nidwalden, erzielte mit 19% der Stimmen einen Achtungserfolg. Nachdem beide Mitbewerber ihre Kandidatur zurückzogen und keine weiteren Wahlvorschläge eingingen, wurde Niederberger in stiller Wahl gewählt, womit die CVP neu sechs von neun Regierungssitzen besetzt und sich für den letztjährigen Verlust des über hundert Jahre gehaltenen einzigen Nationalratsmandats an der FDP revanchieren konnte. Es war die erste Regierungsratswahl in Nidwalden, die an der Urne - und nicht mehr an der Landsgemeinde - stattfand [29].
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Obwalden
Bei der Ersatzwahl für den in den Nationalrat gewählten Landammann Adalbert Durrer (cvp) kam es zu einem Sitzwechsel innerhalb der CVP-Grossfraktion. Die Landsgemeinde entschied sich anstelle des offiziellen CVP-Kandidaten Adrian Imfeld für den Christlichsozialen Hans Matter. Die Obwaldner Regierung besteht damit neu aus drei Vertretern der CVP sowie je zwei Vertretern der FDP und der CSP; die CVP verlor die absolute Mehrheit [30].
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Waadt
Die Ersatzwahl für den im Zuge einer Finanzaffäre [31] zurückgetretenen Finanzdirektor Pierre-François Veillon (svp) hätte eigentlich neues Vertrauen in die Waadtländer Kantonsregierung schaffen sollen. Die Kandidatenwahl verlief aber sowohl bei den Bürgerlichen als auch bei der Linken chaotisch. Für die Linke bot sich erstmals die Chance, im siebenköpfigen Staatsrat zusammen mit den Grünen die Mehrheit zu stellen. Nachdem sich PdA-Nationalrat Josef Zisyadis noch am Tag des Rücktritts von Veillon selbst als Kandidat ins Gespräch gebracht hatte und die PdA nicht bereit war, einen anderen Kandidaten als den ihren zu akzeptieren, stärkte die Waadtländer SP anfänglich Zisyadis den Rücken. Nachdem aber verschiedene finanzielle Schulden Zisyadis' publik wurden und dieser darüber nur unzureichend Rechenschaft ablegte, entzogen SP und Grüne dem Kandidaten das Vertrauen. Die SP schloss nicht aus, im zweiten Wahlgang mit einer eigenen Kandidatur - zur Diskussion stand insbesondere Nationalrätin Francine Jeanprêtre - anzutreten. Die bürgerlichen Parteien FDP und Liberale ihrerseits zauberten mit dem Ökonomieprofessor Jean-Christian Lambelet (fdp) ein politisch unbeschriebenes Blatt aus dem Ärmel, was parteiintern zu Kritik führte. Für die SVP sollte Jean-Claude Mermoud den einzigen Sitz in der Regierung retten.
Im ersten Wahlgang, zu dem insgesamt neun Kandidaten antraten, erreichte erwartungsgemäss keiner der Kandidaten das absolute Mehr. Zisyadis erzielte mit knapp 32% der Stimmen aber das beste Ergebnis, gefolgt von Lambelet mit gut 30% Wähleranteil. Ein Achtungsresultat verbuchte der SVP-Kandidat Mermoud mit gut 12% der Stimmen. Die schlechte Stimmbeteiligung von 25,4% und gut 10% leer eingelegte Wahlzettel zeigten aber klar, dass die Wähler mit dem Kandidatenangebot unzufrieden waren. Auch für den zweiten Wahlgang vermochten sich FDP, Liberale und SVP jedoch nicht zusammenzuraufen und hielten an ihren eigenen Kandidaten fest. Lachender Gewinner der bürgerlichen Uneinigkeit war deshalb im zweiten Wahlgang Joseph Zisyadis, der mit 42,8% der Stimmen als erster Kommunist in die nun erstmals mehrheitlich links-grüne Waadtländer Regierung einziehen konnte. Lambelet, der sich nicht vom Etikett des "ultraliberalen Technokraten" befreien konnte, erzielte 35,5%, der SVP-Kandidat Mermoud 20,7% der Stimmen [32].
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Zürich
Die politischen Ränkespiele um die Nachfolge des im September 1995 in den Bundesrat gewählten Moritz Leuenberger (sp) fanden im Januar mit dem zweiten Wahlgang ein Ende: der einzig ernstzunehmende Kandidat Markus Notter (sp) wurde klar gewählt, die Wahlbeteiligung betrug allerdings nur gerade 15,8%. Im ersten Wahlgang hatten weder die SP-Kandidatin Vreni Müller-Hemmi noch der von einem bürgerlichen Komitee aufgestellte Rolf Gerber (svp) das absolute Mehr erreicht. Mit dem Kandidaten Notter konnte sich - im Gegensatz zur Kandidatur Müller-Hemmi - auch die bürgerliche Seite einverstanden erklären. Sie machte der SP ihren Regierungssitz im zweiten Wahlgang deshalb nicht mehr streitig [33].
 
[28] Ersatzwahl vom 10.3.96: NZZ, 11.3.96. Letzte Gesamterneuerungswahlen siehe SPJ 1994, S. 53.28
[29] Ersatzwahl vom 10.3.96: NLZ und NZZ, 11.3.96; SGT, 15.3.96. Letzte Gesamterneuerungswahlen siehe SPJ 1994, S. 54.29
[30] Landsgemeinde vom 28.4.96: NZZ und SGT, 29.4.96.30
[31] Veillon musste auf Druck seiner Regierungskollegen von seinem Amt zurücktreten, nachdem bekannt geworden war, dass er dem Regierungskollegium einen massiven Buchungsfehler in der Staatsrechnung verschwiegen hatte.31
[32] Ersatzwahl vom 12.5. und 9.6.96: Presse vom 13.5. und 10.6.96; Hebdo, 20.6.96. Letzte Gesamterneuerungswahlen siehe SPJ 1994, S. 54 f.32
[33] Ersatzwahl vom 28.1.96 (2. Wahlgang): Presse vom 29.1.96. Zum 1. Wahlgang sowie zu den letzten Gesamterneuerungswahlen siehe auch SPJ 1995, S. 65 f.33