Année politique Suisse 1996 : Wirtschaft / Geld, Währung und Kredit / Geld- und Währungspolitik
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Währung
Der seit Anfang 1993 anhaltende Anstieg des Kurses des Schweizer Frankens setzte sich im Berichtsjahr nicht fort. Der amerikanische Dollar erholte sich und konnte den im Vorjahr erlittenen Wertverlust im Vergleich zu anderen wichtigen Währungen wieder wettmachen. Die D-Mark verlor hingegen an Wert, wenn auch nicht im selben Ausmass wie der Schweizer Franken. Der Wertrückgang des Frankens setzte bereits zu Jahresbeginn ein und hielt praktisch während des ganzen Jahres an. Bis zum Dezember verlor der Franken exportgewichtet fast 10% an Wert und glich damit den Anstieg der beiden vorangegangenen Jahre wieder aus. Am stärksten fiel die Kurskorrektur gegenüber dem britischen Pfund und der italienischen Lira aus (-20% resp. -17%), aber auch der US-Dollar verbesserte sich gegenüber dem Schweizer Franken innert Jahresfrist um 14,6%. Die für die Exportwirtschaft besonders wichtige D-Mark wurde im Vergleich zum Franken um rund 5% aufgewertet [4].
Die politische Linke forderte weiterhin eine auch an währungspolitischen Zielen orientierte Geldmengenpolitik. Eine sozialdemokratische Interpellation aus dem Jahr 1995 gab dem Nationalrat Gelegenheit darüber zu diskutieren. Die Vertreter der SP wiederholten ihre Forderung, neben stabilitätspolitischen vermehrt auch währungspolitische Ziele zu berücksichtigen. Bundesrat Villiger hielt dem entgegen, dass angesichts der Internationalität der Finanzmärkte eine autonome Beeinflussung der Wechselkurse durch eine expansive Geldmengenpolitik nicht mehr möglich sei und diese einzig zum Aufbau eines Inflationspotentials führen würde [5].
Aus der unter der Frankenaufwertung der vorangegangenen Jahre besonders leidenden Tourismusbranche wurde die Schaffung eines "Tourismusfrankens" mit von der Nationalbank garantierten fixen Wechselkursen angeregt. Der Bundesrat lehnte dieses Ansinnen als nicht praktikabel und zudem im Widerspruch zu internationalen Wirtschaftsverträgen (WTO und IWF) stehend ab [6].
Die geplante europäische Währungsunion (EWU) beschäftigte verstärkt auch die schweizerischen Politiker und Behörden. Bundesrat Villiger erklärte auf Anfrage, dass es nicht Sache der Schweizer Regierung sei, Urteile über die Wünschbarkeit und die Realisierungschancen dieses EU-Projekts auszusprechen. Der Bundesrat habe gemeinsam mit der Nationalbank die Kommission für Konjunkturfragen beauftragt, mögliche Szenarien in bezug auf die Auswirkungen der Währungsunion auf die Kursentwicklung des Schweizer Frankens auszuwerten. Gemäss einer ersten Einschätzung durch den Bundesrat dürfte es für die Schweiz am günstigsten sein, wenn die gemeinsame Währung unter Einhaltung der sogenannten Maastricht-Kriterien und mit strengen Auflagen für das zukünftige finanzpolitische Verhalten der Mitgliedsstaaten planmässig eingeführt würde. Auch von einer Verschiebung des Startzeitpunkts mit der Absicht, abzuwarten, bis genügend EU-Mitglieder die Eintrittsbedingungen erfüllen, seien für die Schweiz kaum negative Auswirkungen zu befürchten. Eine Aufweichung der Kriterien würde hingegen zu Währungsturbulenzen mit entsprechendem Aufwertungsdruck auf den Schweizer Franken führen [7].
Die Kommission für Konjunkturfragen kam in ihrer Studie zu ähnlichen Schlüssen wie der Bundesrat. Sie forderte zudem die Beibehaltung der autonomen, das heisst nicht auf die EWU ausgerichteten Geldpolitik der Nationalbank und den Verzicht auf eine Anbindung des Frankens an die DM oder den Euro [8].
 
[4] SNB, Jahresbericht, 89/1996, S. 12 und 24.4
[5] Amtl. Bull. NR, 1996, S. 228 ff. Vgl. auch SPJ 1995, S. 116 f.5
[6] Amtl. Bull. NR, 1996, S. 1224 f. (Interpellation Loretan, cvp, VS).6
[7] Amtl. Bull. StR, 1996, S. 25 ff. (Stellungnahme zu einer als Postulat überwiesenen Motion Cottier (cvp, FR), welche eine entsprechende Abklärung forderte); Amtl. Bull. NR, 1996, S. 643 f. und 1223 f.7
[8] Lit. Kommission für Konjunkturfragen; Presse vom 5.11.96. Vgl. auch Lit. Roth.8