Année politique Suisse 1996 : Infrastruktur und Lebensraum / Boden- und Wohnwirtschaft / Raumplanung
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Grundzüge der Raumordnung Schweiz
Gleichzeitig mit der Teilrevision des RPG legte der Bundesrat den Bericht über die "Grundzüge der Raumordnung Schweiz" und darauf aufbauende konkrete Massnahmen für 1996 bis 1999 vor. Nach diesem soll die räumliche Entwicklung der Schweiz nach neuen Zielen ausgerichtet werden, künftig geordneter und nachhaltiger vonstatten gehen und die Nation stärker zusammenhalten. Im Mittelpunkt steht das Konzept eines vernetzten Systems von Städten und ländlichen Räumen durch effiziente Verkehrs- und Kommunikationswege. Mittlere und kleine Städte sollen durch Vernetzung mit den grossen Zentren des Mittellandes in die Lage versetzt werden, Entwicklungsimpulse aufzunehmen und eigenständig umzusetzen, in peripher gelegenen ländlichen Gebieten werden die Regionalzentren durch die Vernetzung mit den wachstumsstarken Zentren gestärkt. Das vernetzte Städtesystem soll das Zusammenwachsen von Siedlungsräumen vermeiden, gleichzeitig soll eine Siedlungsentwicklung nach innen bestehende Siedlungen besser nutzen, erneuern und durchmischen. Grundgerüst der Agglomerationsentwicklung ist der öffentliche Verkehr. Zentrales Ziel des neuen Raumkonzepts ist die Stärkung der gesamten Schweiz als internationaler Standort, wobei neben dem Grossraum Zürich auch Genf und Basel die Attraktivität des Wirtschaftsstandortes Schweiz massgeblich mitbestimmen sollen, da sich die Schweiz im internationalen Standortwettbewerb mit einer dezentralen Vernetzung besser behaupten könne als mit einem einzigen grossen Zentrum. Das Schweizer Städtesystem soll Teil des europäischen Städteverbundes und beispielsweise ins Hochgeschwindigkeitsnetz der Bahnen integriert werden. Für die ländlichen Räume schlägt der Bundesrat unterschiedliche Strategien vor, die auf die spezifischen Entwicklungspotentiale der Regionen ausgerichtet sind. In den ländlichen Regionen des Mittellandes gelte es etwa, das eigenständige Dorfbild und die Wohnlichkeit zu erhalten, wobei eine sanfte Nachverdichtung möglich sei. Der Jurabogen soll als Standort für Klein- und Mittelbetriebe des industriell-gewerblichen Sektors weiter gestärkt und in das vernetzte Städtesystem eingebunden werden, während im Voralpenraum die unternehmensbezogene Infrastruktur in den Regionszentren verbessert werden soll. Der Alpenraum schliesslich soll als Lebens- und Wirtschaftsraum gestärkt werden. Als wichtige Voraussetzungen nannte der Bericht die Sicherung der Grundversorgung des öffentlichen Verkehrs, die Förderung des umweltfreundlichen Tourismus und die Sicherung der Berglandwirtschaft. Im Realisierungsprogramm 1996-1999 setzte der Bundesrat Prioritäten fest. So soll die Verwaltung bei Sachfragen künftig koordinierter vorgehen und intensiver mit den Kantonen, Regionen und Städten diskutieren. Raumplanung und Regionalpolitik seien besser aufeinander abzustimmen. Zudem stellte er die Vorantreibung der Planung in Infrastrukturbereichen und die Entwicklung eines Landschaftsschutzkonzeptes in Aussicht.
Eine im letzten Jahr vom Ständerat angenommene Motion Maissen (cvp, GR), die eine verbesserte Koordination zwischen Raumplanung und Naturschutz forderte, wurde mit 79 zu 58 Stimmen auch vom Nationalrat überwiesen. Eine links-grüne Kommissionsminderheit sah in der Forderung, sämtliche raumwirksamen Aufgaben des Bundes im Bereich des Natur- und Heimatschutzes in die ordentlichen raumplanungsrechtlichen Verfahren einzubinden, den Versuch, den Naturschutz der Raumplanung unterzuordnen und den Biotopschutz des Bundes abzuschwächen. Auch eine Motion Bisig (fdp, SZ), die mehr Kohärenz im raumwirksamen Handeln und Entscheiden des Bundes forderte, wurde vom Nationalrat überwiesen. Bundesrat Arnold Koller begrüsste beide Motionsbegehren und räumte ein, dass beim Bund selber wie auch im Verhältnis zwischen Bund und Kantonen eine bessere Koordination der verschiedenen raumwirksamen Planungen unbedingt nötig sei [7].
 
[7] Amtl. Bull. NR, 1996, S. 356 ff. Vgl. SPJ 1995, S. 194.7