Année politique Suisse 1996 : Bildung, Kultur und Medien / Kultur, Sprache, Kirchen / Kulturpolitik
print
Museen
Das Verkehrshaus in Luzern, das meistbesuchte Museum der Schweiz, steht erneut vor einer strukturellen Finanzkrise. Die anstehenden Unterhaltskosten sind durch den Museumsbetrieb nicht mehr zu erwirtschaften. Ohne substantielle Unterstützung durch die öffentliche Hand - Bund, Stadt und Kanton Luzern - werden die drei Dienstleistungssektoren (Museum, Archiv und Bibliothek) kaum dauerhaft aufrecht erhalten werden können [12].
Im Rahmen des Budgets 1997 für die Bundesbauten genehmigte das Parlament einen Kredit von 6,5 Mio Fr. für die Sanierung der Villa am Römerholz in Winterthur, welche die vom 1965 verstorbenen Mäzen Oskar Reinhart gesammelten und der Eidgenossenschaft vermachten Werke beherbergt. Mit dem Umbau der Villa soll unter anderem die Sicherheit der rund 200 Kunstwerke verbessert werden, die mit einem geschätzten Wert von 3 Mia Fr. den kostbarsten Kunstbesitz der Schweiz darstellen. Gleichzeitig billigte das Parlament oppositionslos 6,45 Mio Fr. für die Modernisierung des Vela-Museums in Ligornetto (TI), welches 1896 durch Schenkung in den Besitz der Eidgenossenschaft gelangt ist [13].
Stillschweigend und mit Einverständnis des Bundesrates überwies der Ständerat ein Postulat Reimann (svp, AG), zur Rettung des Schweizerischen Sportmuseums in Basel. Der Bundesrat wird darin gebeten, seine guten Dienste zur Erhaltung des sich in einer existentiellen Krise befindlichen Sportmuseums anzubieten. Dank privater Spenden sowie einem namhaften Betrag des Sport-Toto-Ausschusses des Schweizerischen Landesverbandes für Sport konnte der Betrieb für ein weiteres Jahr gesichert werden, doch ist die Zukunft höchst ungewiss [14].
Ende Jahr leitete der Bundesrat dem Parlament seine Botschaft für die Weiterführung der Finanzhilfe an das Internationale Rotkreuz- und Rothalbmondmuseum (MICR) in den Jahren 1998-2001 zu. Er begründete dies damit, dass das Museum, welches unter anderem das konstante Engagement der Schweiz im humanitären Bereich widerspiegelt, ohne diese Unterstützung wohl über kurz oder lang seine Tore schliessen müsste. Die Finanzhilfe soll in Form eines Zahlungsrahmens im Maximalbetrag von 3,663 Mio Fr. gewährt und an die Bedingung geknüpft werden, dass sich der Kanton Genf und das IKRK ebenfalls weiterhin an der Finanzierung des Museums beteiligen [15].
Gemeinsam mit Schweiz Tourismus und dem Verband der Museen der Schweiz schuf das BAK einen Museums-Pass, der die Freude und das Interesse an der einheimischen Kultur fördern und die Schwellenangst vor den Museen abbauen will. Der Pass kostet pro Jahr 90 Fr. und berechtigt zum Gratiseintritt in vorerst 180 Museen lokaler, regionaler oder nationaler Bedeutung. Allerdings sind so prestigeträchtige Institute wie das Zürcher Kunsthaus oder Berns Kunstmuseum und Kunsthalle der Initiative noch nicht beigetreten [16].
Zu einem erbitterten Streit unter den Erben und Freunden von Jean Tinguely kam es kurz nach der Einweihung des vom Pharmakonzern Hoffmann-LaRoche finanzierten und vom Tessiner Architekten Mario Botta konzipierten Museums in Basel, welches mit rund 70 plastischen Arbeiten und über 100 Zeichnungen einen reichen Querschnitt durch Werk und Leben Tinguelys vermittelt. Gemäss einem nur wenige Tage nach der Museumseröffnung unerwartet aufgetauchten Testament wollte der Künstler seine Maschinen als Ganzes in einem "anti-musée" in seinem Atelier in La Verrerie (FR) aufgestellt sehen [17].
 
[12] NLZ, 23.10., 25.10. und 28.12.96; Presse vom 1.11.96; NZZ, 28.12.96; SoZ, 29.12.96.12
[13] BBl, 1996, III, S. 945 ff., insbes. S. 980 ff.; Amtl. Bull. NR, 1996, S. 1516 ff.; Amtl, Bull. StR, 1996, S. 949 ff.; BBl, 1997, I, S. 822 f.; CdT, 11.6. und 27.9.96.13
[14] Amtl. Bull. StR, 1996, S. 1181 ff.; BaZ, 13.12. und 14.12.96.14
[15] BBl, 1997, II, S. 353 ff.15
[16] TA, 26.7.96; NQ, 21.8.96; Presse vom 16.10.96.16
[17] Presse vom 28.9. und 4.10.96; Lib., 5.10.96; Bund, 4.11.96; BaZ, 18.11.96.17