Année politique Suisse 1996 : Bildung, Kultur und Medien / Medien / Radio und Fernsehen
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SRG
Nach längeren Spekulationen wurde im Frühjahr als Nachfolger von Antonio Riva Armin Walpen zum SRG-Generaldirektor gewählt. Damit stellt die CVP diesen Posten zum dritten Mal in Folge. Walpen war bisher Generalsekretär im EJPD und zuvor Chef des Radio- und Fernsehdienstes im EVED. Als weitere Kandidaten waren unter anderem DRS-Fernsehdirektor Peter Schellenberg gehandelt worden sowie insbesondere Max Friedli, Direktor des Bundesamtes für Verkehr, der dann allerdings seine Kandidatur vorzeitig zurückzog. Zum neuen Präsidenten der Radio- und Fernsehgesellschaft DRS wurde der bisherige Vizepräsident, der Solothurner alt Regierungsrat Fritz Schneider (fdp) gewählt. Er wird ab 1997 Franz Hagmann ersetzen [21].
Die Rechnung 1996 der SRG schloss mit einem Gewinn von rund 20 Mio Fr. (1995: 49 Mio) ab [22].
SF DRS und TSR mussten im Berichtsjahr sowohl im Ganztagesvergleich als auch in der Hauptsendezeit einen Marktanteilverlust von je 1% hinnehmen. SF DRS hielt über 24 Stunden gesehen einen Marktanteil von noch 28%, TSR einen von 28,8%. Diese leichte Abnahme konnte aber durch höhere Marktanteile bei Schweiz 4/Suisse 4 mehr als kompensiert werden. Schweiz 4 konnte sich von 3,9% auf 5,4% steigern und verschaffte damit der SRG in der Deutschschweiz mit 34,5% ein besseres Resultat als 1995 (+0,4%). In der Romandie ermöglichte Suisse 4 der SRG mit einem Anteil von 3,9% (1995: 2,3%) ein leicht besseres Resultat als im Vorjahr (+0,3% auf 35,1%). Die TSI verzeichnete über 24 Stunden eine deutliche Zunahme ihrer Marktanteile von 26% auf 28,4%. Schweiz 4 kam im Tessin auf 1,8%. Wie im Vorjahr entfielen 1996 in der Deutschschweiz 50% der Radionutzung auf die SRG-Programme. In der Romandie sank der Marktanteil von 51% auf 47%, während er im Tessin von 68% auf 71% stieg [23].
Auf dem Motionsweg forderte Ständerat Iten (fdp, ZG) von der SRG, das schweizerische Musikschaffen an Radio und Fernsehen besonders zu berücksichtigen und das Radio- und Fernsehgesetz (Art. 31) entsprechend zu ergänzen. Eine ausdrückliche Erwähnung findet dort bisher nur die Förderung der schweizerischen audiovisuellen Produktion. Während der Ständerat die Motion im Frühling mit 26 zu 7 Stimmen guthiess, folgte der Nationalrat in der Herbstsession dem Bundesrat, welcher der vorgeschlagenen Formulierung nur programmatische Wirkung zugestand, und überwies den Vorstoss in der Form des Postulats [24].
Keine Chance hatte eine Motion Zisyadis (pda, VD), die zur Erhaltung und Förderung einer eigenständigen Musikkultur in den verschiedenen Sprachregionen für die Radioprogramme eine Quote für regionales Liedgut von 40% der musikalischen Werke forderte. Der Nationalrat lehnte die starre Regelung mit 62:15 Stimmen ab [25].
Auch eine weitere von Zisyadis eingereichte Motion, die eine 50-Prozent-Quote für europäische Werke im Fernsehen forderte, lehnte der Nationalrat auf Antrag des Bundesrates mit 18:57 Stimmen ab. Bundesrat Leuenberger wies aber darauf hin, dass 1995 rund 80% der SRG-Fernsehproduktionen schweizerischen oder europäischen Ursprungs waren und eine verbindliche Quote für europäische Werke - wie sie im EU-Parlament schon gefordert wurde - für die Schweiz daher kein Problem darstellen würde [26].
Radio DRS expandierte ab 1. Oktober mit "Musigwälle 531" auf Mittelwelle und konkurriert damit direkt den privaten Volksmusiksender Radio Eviva. Der Bundesrat schränkte den Spielraum von Radio DRS jedoch ein. So ist dem Sender eine Entwicklung in Richtung volkstümliches Spartenradio nicht erlaubt. Programmodifikationen zu DRS 1 dürfen sich nur auf die Musik beziehen, alle wichtigen Informationsgefässe von DRS 1 müssen auch auf Mittelwelle ausgestrahlt werden. Radio Suisse romande erhielt grünes Licht für "Option musique" [27].
Radio Suisse romande verstärkte mit einem neuen Studio in Zürich seine Präsenz in der Deutschschweiz, um das Verständnis zwischen der deutschen und der welschen Schweiz zu fördern. Ausserdem vereinbarten RSR und vier Lokalredaktionen von Radio France - Elsass, Belfort, Besançon und Savoyen - einen Austausch von Lokalbeiträgen. Damit sollen Themen von grenzüberschreitendem Interesse besser abgedeckt werden können.
SF DRS wandelt den Bereich Produktion und Technik ab 1997 zum selbständigen Profit-Center um. Das neue TV-Produktionszentrum, das im Fernsehen DRS integriert bleibt, soll mit eigenem Marktauftritt vermehrt Aufträge ausserhalb der SRG akquirieren, wobei es insbesondere den süddeutschen Raum im Visier hat. Im Gegenzug dürfen DRS-Programme auch auswärts produziert werden [29].
Nach dem Konkurrenzprogramm "S Plus" vermochte auch der als Mischprogramm konzipierte Nachfolgesender "Schweiz 4/ Suisse 4/ Svizzera 4" den Erwartungen nicht zu entsprechen. Einem Aufwand von rund 80 Mio Fr. standen 1996 Werbeeinnahmen von lediglich 4,5 Mio. Fr. gegenüber. Die SRG und die Presse-TV warfen dem vierten SRG-Kanal Profillosigkeit und zu geringe Zuschauerquoten und Werbeeinnahmen vor und verlangten eine erneute Umstrukturierung des Senders. Im Juni wurde S-4-Chef Dario Robbiani fristlos entlassen, weil er eine vorerst intern diskutierte Umgestaltung des Senders publik machte und bekämpfte. Mitte September kündigte die SRG-Spitze einen dritten Anlauf für "Schweiz 4" im Herbst 1997 an. Danach soll das nationale Programm der vierten Senderkette aufgegeben und regionalisiert werden. Die nationale Integrationsfunktion - das ursprüngliche Konzept der vierten Kette - will die SRG vermehrt in den drei Hauptprogrammen wahrnehmen und verstärken. Die Verantwortung für die vierte Senderkette soll direkt den Direktionen der ersten SRG-Programme in den jeweiligen Sprachregionen unterstellt werden, was eine autonome Direktion obsolet macht. In der Deutschschweiz soll der unter dem Namen "SF 2" gehandelte Nachfolgesender als Ergänzungskanal mit einfachem und einprägsamem Profil insbesondere ein jüngeres Publikum ansprechen, da dieses zu den ausländischen Privatsendern abzuwandern droht. Zentrales Element bleibt aber die Übertragung von Sportereignissen, daneben wird die Presse-TV vorwiegend am Wochenende in Programmblöcken Akzente setzen. Vom zweiten Programm in der Deutschschweiz erhofft sich die SRG insbesondere auch neue Werbegelder. In der Westschweiz und in der italienischsprachigen Schweiz will die SRG den eingeschlagenen Weg mit "Suisse 4" und "Svizzera 4" weitergehen und ausbauen. So sollen die Mittel für "Suisse 4" auf sieben bis acht Mio Fr. verdoppelt werden, und das Tessin soll neu etwa fünf Mio Fr. erhalten, um im Umfeld der Sportübertragungen die Eigenleistungen zu verbessern. Im Dezember kündigte der Bundesrat die SRG-Konzession in einzelnen Punkten, um das Angebot von Schweiz 4 grundsätzlich neu auszuhandeln; der Schritt erfolgte in Übereinstimmung mit der SRG. Kurz vor Jahresende reichte sie ihr Gesuch für eine Konzessionsänderung ein.
Der Publikumsrat des Schweizer Fernsehens DRS kritisierte die Werbung vor Kinder- und Jugendsendungen und sprach sich aus ästhetischen und pädagogischen Gründen für ein werbefreies oder zumindest verantwortungsvolles Umfeld solcher Sendungen aus [31].
Der ausländische Druck auf den Schweizer TV-Werbemarkt verstärkte sich. Nach dem deutschen Privatsender RTL, der den Umweg über eine reaktivierte Lizenz in Luxemburg gewählt hatte, werden auf den 1. Januar 1997 auch Sat 1 und Pro 7 ein Schweizer Werbefenster einrichten. Das BAKOM hatte stets Fragezeichen hinter die rechtliche Zulässigkeit solcher Werbefenster gesetzt. Sat 1 und Pro 7 verschafften sich aber Lizenzen in Grossbritannien und Deutschland. Mit RTL 2 und Kabel 1 stehen weitere Interessenten für ein Schweizer Werbefenster in den Startlöchern [32].
Nach dem BAKOM nahm auch die Kartellkommission Stellung zu den SRG-Aktivitäten im Printbereich. Sie rügte die Unterstützung, welche die SRG dem "K-Tip", der Begleitzeitschrift der Fernsehsendung Kassensturz während der Einführung zukommen liess, als ungerechtfertigt. Gemäss Kartellkommission hätte sich der "K-Tip" ohne diese Unterstützung nicht oder nur schwer auf dem Markt etablieren können. Die SRG räumte gewisse kartellrechtliche Schwierigkeiten ein, widersetzte sich aber dem Vorschlag der Kartellkommission, einen Kodex zum SRG-Verhalten auf dem Printmedienmarkt auszuhandeln [33].
Der Bundesrat erteilte der SRG die Bewilligung, ihre Radio- und Fernsehprogramme zusätzlich über Satellit zu verbreiten. Die SRG-Programme werden ab Mitte 1997 vorerst vom Satelliten Eutelsat Hot Bird 3 verbreitet. Neben den normalen Programmen kann die SRG künftig auch die beiden Telefonrundspruch-Programme "Classic" und "Light" sowie ihr neues Kulturprogramm "Swiss Prime" via Weltall verbreiten. Die Kosten belaufen sich auf 9,4 Mio. Fr. pro Jahr [34].
Zum neuen Rahmenabkommen zwischen dem Fernsehen und dem unabhängigen Schweizer Filmschaffen siehe oben, Teil I, 8b (Kulturpolitik). Zur Werbung für Heilmittel an Radio und Fernsehen siehe oben, Teil 1, 7b (Gesundheitspolitik).
 
[21] Ww, 22.2.96; Presse vom 29.2.96 (Walpen); NZZ, 3.6.96 (Schneider).21
[22] Presse vom 20.3.97.22
[23] Presse vom 16.4.97.23
[24] Amt. Bull. StR, 1996, S. 276 ff.; Amtl. Bull. NR, 1996, S. 1475 f.; Ww, 21.3.96.24
[25] Amtl. Bull. NR, 1996, S. 1511 f. Gemäss einer vom Schweizer Musikrat initiierten Studie liegt der Mittelwert des Anteils einheimischer Musik der drei DRS-Programme bei knapp 20%. Wesentlich tiefer sind mit durchschnittlich 5,5% die Werte bei 22 untersuchten Lokalradios. Vor allem in den städtischen Zentren sei der Anteil heimischen Musikschaffens sehr bescheiden (BZ, 16.4.96).25
[26] Amtl. Bull. NR, 1996, S. 1513 f.26
[27] Presse vom 15.8.96; Ww, 22.8.96. Eine weitere MW-Konzession erhielt Radio Eviva (siehe unten). Vgl. auch SPJ 1995, S. 309.27
[29] BaZ, Bund und TA, 6.3.96.29
[31] SGT, 30.4.96.31
[32] SoZ, 5.5.96; NZZ, 13.6. und 22.11.96.32
[33] TA, 20.11.96. Vgl. SPJ 1995, S. 306.33
[34] SoZ, 10.11.96; TA und NZZ, 10.12.96.34