Année politique Suisse 1997 : Grundlagen der Staatsordnung / Rechtsordnung / Strafrecht
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Sexuelle Handlungen mit Kindern
Die Aufhebung der 1992 im Rahmen der Revision des Sexualstrafrechts eingeführten Reduktion der Verjährungszeit von zehn auf fünf Jahre für ohne Anwendung körperlicher Gewalt begangene Sexualdelikte mit Kindern wurde im Berichtsjahr verabschiedet, nachdem auch noch der Nationalrat den im Vorjahr vom Ständerat hinzugefügten Übergangsbestimmungen zugestimmt hatte. Mit diesen Zusatzbestimmungen wird die Verjährungsfrist auch für Delikte, die in der Zeit von 1992 bis 1997 begangen worden sind, auf zehn Jahre erhöht [36].
Anlässlich der Behandlung einer als Postulat überwiesenen Motion Jeanprêtre (sp, VD) für die Schaffung einer speziellen Koordinationsstelle zur internationalen Bekämpfung der Kinderprostitution und der Aktivitäten von Pädophilen wies Bundesrat Koller darauf hin, dass die schweizerischen Polizeibehörden in diesem Bereich bereits heute eng mit ausländischen Strafverfolgungsbehörden zusammenarbeiten [37]. Eine weitere Motion Jeanprêtre zur Bekämpfung der Ausbeutung von Kindern durch sogenannte Sexualtouristen überwies der Nationalrat mit dem Einverständnis des Bundesrates diskussionslos. Sie verlangt, das Strafgesetzbuch in dem Sinne zu ändern, dass im Ausland begangene Sexualdelikte mit Kindern unabhängig von der Nationalität des Täters und den im entsprechenden Land geltenden Gesetzen in der Schweiz verfolgt werden können. Der Ständerat und nach ihm auch der Nationalrat hiessen ebenfalls eine analoge Motion Béguin (fdp, NE) gut. Im gleichen Zusammenhang überwies der Nationalrat auch eine Motion Jeanprêtre für den Aufbau resp. Ausbau von Polizeidiensten, welche sich der Bekämpfung der Pädophilie und ihrer Organisationen widmen. Die Forderung, auch Strafen gegen Organisationen, namentlich Reiseveranstalter, welche in diesem Bereich tätig sind, aussprechen zu können, wurde von der Sozialdemokratin von Felten (BS) eingebracht. Der Nationalrat wandelte ihre Motion in ein Postulat um [38]. In der Praxis erfüllen die richterlichen Behörden die Forderungen der Motionen Jeanprêtre und Béguin bereits teilweise. Nachdem im Vorjahr ein Schweizer in der Waadt wegen Unzucht mit Kindern in Sri Lanka verurteilt worden war, nahmen die Zürcher Behörden 1997 einen anderen Schweizer in Untersuchungshaft, der jahrelang in Sri Lanka gelebt hatte und dort wegen Unzucht mit Kindern verhaftet, dann aber nicht verurteilt, sondern ausgewiesen worden war [39].
Nachdem im Vorjahr der Nationalrat eine parlamentarische Initiative von Felten (sp, BS) verabschiedet hatte, welche nicht nur die Herstellung und den Vertrieb von Kinderpornographie, sondern auch deren Besitz strafbar machen will, doppelte nun der Ständerat nach. Er überwies eine Motion Béguin (fdp, NE), welche dieses Verbot des Besitzes auf die ganze illegale "harte Pornographie" (neben sexuellen Handlungen mit Kindern auch solche mit Tieren und Exkrementen sowie in Verbindung mit Gewalttätigkeiten) ausdehnen will [40].
 
[36] Amtl. Bull. NR, 1997, S. 54 und 617; Amtl. Bull. StR, 1997, S. 341; BBl, 1997, II, S. 568 f. Siehe SPJ 1996, S. 26.36
[37] Amtl. Bull. NR, 1997, S. 520 f.37
[38] Amtl. Bull. NR, 1997, S. 521 (Jeanprêtre, Strafrecht) und 2831 f. (Jeanprêtre, Polizei), 2749 (Béguin) sowie 2212 (von Felten); Amtl. Bull. StR, 1997, S. 148 f.38
[39] NZZ, 12.2.97. Vgl. SPJ 1996, S. 26.39
[40] Amtl. Bull. StR, 1997, S. 149 f. Vgl. SPJ 1996, S. 26 f.40