Année politique Suisse 1997 : Allgemeine Chronik / Öffentliche Finanzen / Direkte Steuern
Mit 30 zu 6 Stimmen überwies als Zweitrat auch der Ständerat eine Motion der nationalrätlichen WAK, die den Bundesrat auffordert, die steuerliche Ungleichbehandlung von
Konkubinats- und Ehepaaren zu korrigieren. Ausserdem überwies er eine Empfehlung Spoerry (fdp, ZH), die möchte, dass Familienangehörige, die eine invalide oder dauernd pflegebedürftige Person betreuen, Aufwendungen an Arbeit steuerlich abziehen können. Spoerry begründete ihren Vorstoss damit, dass Kosten der
Betreuung durch Dritte - etwa ein Pflegeheim - ebenfalls in Abzug gebracht werden können. Eine vom Bundesrat im letzten Jahr eingesetzte Expertenkommission Locher ist daran, die Familienbesteuerung gesamthaft zu prüfen
[13].
Nationalrat Rechsteiner (sp, SG) verlangte mit einer Motion die
Steuerbefreiung des Existenzminimums. Insbesondere wirke sich die Besteuerung dort stossend aus, wo das Existenzminimum ausschliesslich durch staatliche Leistungen garantiert wird (IV oder AHV zuzüglich Ergänzungsleistungen). Auf Antrag des Bundesrates überwies der Nationalrat den Vorstoss als Postulat
[14].
Via parlamentarische Initiative verlangte Nationalrätin Nabholz (fdp, ZH) eine
Öffnung der Säule 3a für Nichterwerbstätige, insbesondere Frauen, die ohne Entlöhnung Erziehungs- und Betreuungsaufgaben wahrnehmen, sowie Arbeitslose und Invalide. Von der steuerlich privilegierten gebundenen Selbstvorsorge könnten somit rund 635 000 Personen mehr profitieren. Die SP bekämpfte den Vorstoss jedoch als neues Steuerschlupfloch für Reiche und sah darin im Gegensatz zur Initiantin kein eigentliches Gleichstellungsanliegen, da sich viele der anvisierten Personen die Säule 3a gar nicht leisten könnten. Mit 109 zu 60 Stimmen gab der Nationalrat der Initiative aber Folge und beauftragte seine Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit (SGK) mit der Ausarbeitung einer Revisionsvorlage des Bundesgesetzes über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG)
[15].
Gegen Ende des Jahres erhielt der Ruf nach einer
grösseren Steuerharmonisierung unter den Kantonen neuen Auftrieb. Auslöser war der Zürcher Bankier
Martin Ebner, der seine Firma von Zürich ins steuergünstige Freienbach (SZ) verlegte, womit Stadt und Kanton Zürich jährlich mindestens 20 Mio Fr. entgehen. Da in Zürich bis Ende 1998 noch die Vergangenheits-, in Schwyz aber die Gegenwartsbesteuerung gilt, muss Ebner zudem einen Börsenrekordgewinn von geschätzten 200 Mio Fr. für 1997 in keinem der beiden Kantone versteuern. Dieser Steuertrick löste landesweite Empörung aus, legte aber auch eine der Schwächen des Schweizer Steuersystems schonungslos offen. Bereits im Februar hatte der Bundesrat eine ständige Kommission für Steuerharmonisierung eingesetzt, um die Bemühungen um eine Harmonisierung der direkten Steuern von Bund, Kantonen und Gemeinden zu intensivieren
[16].
[13]
Amtl. Bull. StR, 1997, S. 279 ff.;
Amtl. Bull. StR, 1997, S. 991 f. Vgl.
SPJ 1996, S. 143.13
[14]
Amtl. Bull. NR, 1997, S. 2214 f.14
[15]
Amtl. Bull. NR, 1997, S. 500 ff. Die Obergrenze für Arbeitnehmer liegt heute bei 5731 Fr. jährlich.15
[16]
NZZ, 8.2.97; Presse vom 12.12. und 16.12.97. Ein Postulat Weber (sp, AG), das vom BR einen Bericht forderte, der systematisch die heutige Praxis der Steuererfassung für natürliche und juristische Personen darstellt und ihr Verbesserungspotential punkto Schliessung von Steuerlücken beurteilt, wurde vom NR überwiesen (
Amtl. Bull. NR, 1997, S. 542 f.)16
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