Année politique Suisse 1997 : Allgemeine Chronik / Öffentliche Finanzen / Indirekte Steuern
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Neue MWSt-Prozente
Im Herbst 1993 hatte das Volk neben der MWSt-Verordnung auch einer Erhöhung der Mehrwertsteuer zugunsten der AHV/IV um maximal 1% zugestimmt, wenn deren Finanzierung aus demographischen Gründen nicht mehr gewährleistet sei. Die Experten des Bundesamtes für Sozialversicherung (BSV) gingen damals allerdings davon aus, dass sich eine Erhöhung in diesem Jahrtausend nicht mehr aufdrängen werde. Aufgrund der Entwicklung der AHV, die 1996 erstmals rote Zahlen schrieb, beschloss der Bundesrat im Juni jedoch, den ordentlichen MWSt-Satz ab 1. Januar 1999 um 1% auf 7,5% und den reduzierten Satz um 0,3% auf 2,3% anzuheben. Der reduzierte, befristete Sondersatz für Beherbergungsleistungen soll um 0,5% auf 3,5% angehoben werden. EFD-Vorsteher Kaspar Villiger setzte durch, dass von den zusätzlichen Einnahmen von rund 1,5 Mia Fr. im Einführungsjahr und danach jährlich gut 2 Mia Fr. 17% in die allgemeine Bundeskasse fliessen. Insbesondere dieser Schachzug stiess auf harsche Kritik im bürgerlichen Lager, das dem Bundesrat Missachtung des Volkswillens vorwarf. Als Erstrat trat der Ständerat in der Wintersession jedoch einstimmig auf die Vorlage ein. Umstritten war lediglich die Frage des Inkrafttretens. Eine Kommissionsmehrheit verlangte die Aufschiebung der erhöhten MWSt-Sätze um ein Jahr, um den in Gang gekommenen wirtschaftlichen Aufschwung nicht zu gefährden. Der Rat sprach sich mit 23 zu 15 Stimmen jedoch für ein Inkrafttreten auf 1999 aus [28].
Mit 94 zu 72 Stimmen stimmte der Nationalrat einem Antrag Fischer (fdp, AG) zu, die Mehrwertsteuer für die Finanzierung der grossen Bahnprojekte (insbesondere Neat und Bahn 2000) um 0,1% zu erhöhen und damit - bis zur Realisierung der Bauten - jährlich rund 200 Mio Fr. einzunehmen. Vergeblich argumentierten Grüne und eine SP-Mehrheit, dass die MWSt verkehrspolitisch keine sinnvolle Geldquelle sei, weil sie nichts mit dem Verursacherprinzip zu tun habe. Der Ständerat stimmte dem MWSt-Promille in der Wintersession ebenfalls zu [29].
 
[28] BBl, 1997, III, S. 741 ff.; Amtl. Bull. StR, 1997, S. 1252 ff.; Presse vom 2.5.97. Vgl. auch unten, Teil I, 7c (AHV). Zu einer SP-Initiative, die die Krankenversicherung u.a. mit rund 3,5 MWSt-% finanzieren will, siehe unten, Teil IIIa (SP). Siehe dazu und zum IDA FiSo-II-Bericht, der den künftigen Mehrbedarf für die Sozialversicherungen mit verschiedenen MWSt-%-Szenarien berechnet, auch unten, Teil I, 7c (Grundsatzfragen).28
[29] Amtl. Bull. NR, 1997, S. 1320 ff.; Amtl. Bull. StR, 1997, S. 1138 ff.; Presse vom 19.6. und 10.12.97. Vgl. auch unten, Teil I, 6b (Chemins de fer).29