Année politique Suisse 1997 : Allgemeine Chronik / Öffentliche Finanzen / Sanierungsmassnahmen
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Haushaltsziel 2001
Im Juni verabschiedete der Bundesrat seine Botschaft für einen Bundesbeschluss über Massnahmen zum Haushaltausgleich bis ins Jahr 2001. Das Konzept, das auf dem Voranschlag 1997 und dem Finanzplan 1998-2000 basiert, war in der letztjährigen Vernehmlassung im wesentlichen gut aufgenommen worden. Kernelement ist eine Übergangsbestimmung in der Verfassung (Art. 24), die bis 1999 ein Defizit von höchstens vier Milliarden und bis ins Jahr 2001 einen ausgeglichenen Haushalt vorschreibt bzw. höchstens noch ein Defizit von 2% der Einnahmen - rund 1 Mia Fr. - zulässt. Bei schlechter Wirtschaftslage gilt eine Nachfrist von höchstens zwei Jahren. Von den ursprünglich zwei Notbremse-Varianten behielt der Bundesrat die "weichere" bei, wonach er weitere Kürzungen vornehmen muss, wenn die Sparziele verfehlt werden. Diese nimmt er teils in seiner eigenen Zuständigkeit vor, teils beantragt er sie den eidgenössischen Räten auf Gesetzesstufe. Das Parlament kann die Anträge des Bundesrates im einzelnen abändern, ist jedoch an den Gesamtbetrag der vom Bundesrat vorgeschlagenen Einsparungen gebunden. Beide Räte müssen sie in der gleichen Session und im Dringlichkeitsverfahren behandeln [49].
Als Erstrat lehnte der Nationalrat in der Herbstsession zwei Rückweisungsanträge Rechsteiner (sp, SG) und David (cvp, SG) ab, die vor einseitigen Sparmassnahmen auf Kosten von sozial Schwächeren warnten und neben Ausgabenkürzungen auch Mehreinnahmen forderten. In der Detailberatung sorgte ein Antrag Blocher (svp, ZH), der Parlament und Gesamtbundesrat bei Nichterreichen des Sanierungsziels zum Rücktritt zwingen wollte, zwar für ein Spektakel, er fand aber schliesslich wenig Unterstützung. Auch ein Antrag Raggenbass (cvp, TG), einzelne Sparerlasse dem fakultativen Referendum zu entziehen, war chancenlos, ebenso wie ein Antrag Vallender (fdp, AR), der dem Bundesrat das Recht einräumen wollte, die notwendigen Sparmassnahmen - unter Vorbehalt eines Volksreferendums - selbst vorzunehmen, wenn die Bundesversammlung das Sparziel verfehlt. Hingegen brachte Vallender einen Antrag durch, wonach das Sparziel auch nach 2001 in der Verfassung verankert bleibt, wenn bis dann keine definitive Regelung zum Budgetausgleich gefunden ist. Mit 96 zu 61 Stimmen verabschiedete der Nationalrat die Vorlage schliesslich [50].
In der Wintersession genehmigte mit 25 zu 5 Stimmen auch der Ständerat das Haushaltsziel 2001. Ein Antrag Onken (sp, TG), neben Einsparungen auch die Möglichkeit von Mehreinnahmen im Verfassungsartikel zu verankern, wurde mit 23 zu 12 Stimmen abgelehnt. Der Ständerat gab sich allerdings sehr skeptisch gegenüber dem ambitiösen Fahrplan des Bundesrates. Dieser musste einräumen, dass das Etappenziel 1999, das noch ein Defizit von 4 Mia Fr. vorsieht, vorab wegen der hohen Arbeitslosigkeit nicht zu erreichen sei. Im Einvernehmen mit dem Bundesrat korrigierte der Ständerat die Eckdaten deshalb und setzte für 1999 ein Defizit von 5 Mia Fr. und für das Jahr 2000 ein solches von 2,5 Mia Fr. ein. Am Haushaltsziel für 2001 - ein Restdefizit von höchstens einer Milliarde - hielten Ständerat und Bundesrat hingegen fest. Die Verfassungsübergangsbestimmung wird 1998 zur Abstimmung kommen [51].
 
[49] BBl, 1997, IV, S. 203 ff.; Lit. Grüter/Caluori und Lit. Gygi. Vgl. SPJ 1996, S. 154 f. Die Bundesverfassung kennt mit Art. 42bis bereits eine Bestimmung, wonach der Fehlbetrag der Bilanz unter Berücksichtigung der Wirtschaftslage abzutragen sei. Dieser lebten BR und Parlament jedoch nie sehr stark nach. Gemäss BR greift das Haushaltsziel 2001 weniger weit, dafür seien seine Zielsetzungen konkreter formuliert und wirksamer instrumentiert.49
[50] Amtl. Bull. NR, 1997, S. 1875 ff., 2593 und 2914 f. Der BR will die Vorlage zu einer Schuldenbremse, die das "Haushaltsziel 2001" ablösen soll, im Sommer 1998 vorlegen.50
[51] Amtl. Bull. StR, 1997, S. 1085 ff. und 1376; BBl, 1997, IV, S. 1608 f.; Presse vom 5.12.97.51