Année politique Suisse 1997 : Allgemeine Chronik / Öffentliche Finanzen / Sanierungsmassnahmen
Das Sparprogramm 98 (im Verlauf des Jahres in Stabilisierungsprogramm 98 umbenannt) soll neben dem Voranschlag 98 und dem Finanzplan 1999-2001 sicherstellen, dass das Defizit im Jahr 2001 höchstens noch 1 Mia Fr. betragen wird, wie im "Haushaltsziel 2001" vorgesehen. Dazu sind ab 1999
zusätzliche Einsparungen von jährlich 2 Mia Fr. nötig. Der Bundesrat entschied, dass sich diese im wesentlichen auf die drei ausgabenstärksten Aufgaben Sozialversicherungen, Verkehr und Militär beschränken sollen und erteilte den Departementen im September verschiedene Prüfungsaufträge. Im Dezember stellte EFD-Vorsteher Kaspar Villiger als Grundlagenpapier das "Stabilisierungsprogramm 98" vor. Dieses soll am "runden Tisch" behandelt werden, um einen breiten finanzpolitischen Konsens zu erreichen. Unter Villigers Leitung werden ab Anfang 1998 EDI-Vorsteherin Ruth Dreifuss, Vertreter der Kantonsregierungen, die vier Bundesratsparteien und Spitzenleute der Wirtschafts- und Arbeitgeberverbände sowie der Gewerkschaften teilnehmen.
Bei
AHV/IV stellte der Bundesrat eine Rentenanpassung nach erst drei Jahren zur Diskussion, wobei die Renten früher angepasst werden können, wenn die Teuerung 4% überschreitet. Die 2001 fällige Rentenanpassung soll auf 2002 verschoben werden (300 Mio). Bei der IV soll ein "ärztlicher Dienst mit Untersuchungskompetenz" Missbrauch verhindern (Einsparungen nicht quantifizierbar). Bei der
ALV schlug der Bundesrat eine Kombination von Mehreinnahmen und Leistungskorrekturen vor, um ab dem Jahr 2000 - bei einer angenommenen Arbeitslosigkeit von 4% - kein ALV-Defizit mehr zu schreiben. Auf der Einnahmenseite soll das dritte Lohnprozent bis 2003 weitergeführt und neu auch auf Einkommen zwischen 97 200 und 243 000 Fr. erhoben werden. Bis zu diesem Zeitpunkt soll diese Plafonderhöhung zudem auch für das zweite Lohnprozent gelten (2,1 Mia). Auf der Leistungsseite stehen zwei Sparvarianten zur Diskussion: Die harte Variante sieht die Streichung der A-fonds-perdu-Beiträge des Bundes von 5% (330 Mio) vor sowie Einsparungen von ALV-Leistungen insbesondere durch eine Kürzung der allgemeinen Bezugsdauer von 520 auf 400 Tage (500 Mio). Die weichere Variante behält die A-fonds-perdu-Beiträge des Bundes und die Bezugsdauer bei, die Leistungen werden aber mit diversen anderen Massnahmen gekürzt (250 Mio). Bei den
Transferzahlungen Bund/Kantone schlug der Bundesrat eine Reduktion des Bundesbeitrags an den Regionalverkehr von 75% auf 60% sowie Kürzungen der Beiträge an den Strassenbau vor. Ausserdem sollen die Kantone 65% statt 50% der Krankenkassen-Verbilligungen selber tragen. Damit müssten die Kantone insgesamt einen Sparbeitrag von 500 Mio Fr. leisten. Im Bereich
Verkehr betrifft die Sparvorgabe die SBB. Diese soll 1999 rund 100 Mio Fr. und 2001 rund 200 Mio Fr. einsparen müssen. Die
Armee schliesslich soll 1999 140 Mio Fr., im Jahr 2000 280 Mio Fr. und im Jahr 2001 410 Mio Fr. - total rund 9% des EMD-Budgets in drei Jahren - kürzen müssen. Falls die Stabilisierungsziele nicht erreicht werden, behält sich der Bundesrat vor, schon im Sommer 1998 für alle übrigen Ausgaben (ohne Passivzinsen, Kantonsanteile an Bundeseinnahmen, Beiträge an Sozialversicherungen und Pflichtbeiträge an internationale Organisationen) eine
Kreditsperre von 3% zu verfügen (300 bis 500 Mio). Als letzte Möglichkeit sieht er eine Erhöhung der Mehrwertsteuer um 1%. Nach den Verhandlungen am "runden Tisch" soll das Sparprogramm 98 vom Parlament bis Ende 1998 verabschiedet werden
[53].
SP und Gewerkschaften nahmen noch im Berichtsjahr Stellung zum Sanierungskurs des Bundesrates. Sie lehnten es ab, den Bundeshaushalt bis 2001 auszugleichen und präsentierten ein Sparprogramm, das ohne Sozialabbau auskommt, neue Steuern verlangt, vor allem bei Militär und Zivilschutz kürzt und den Budgetausgleich bis ins Jahr 2004 verschiebt
[54].
Eine parlamentarische Initiative
Bührer (fdp, SH), welcher der Nationalrat 1995 Folge gegeben hatte, und die eine mittelfristige Begrenzung des Ausgabenzuwachses auf das Wirtschaftswachstum und eine Reduktion der Bundesstaatsquote innert zehn Jahren auf 10% gefordert hatte, wurde vom Nationalrat angesichts der Sanierungsbemühungen des Bundesrates abgeschrieben
[55].
[53] Presse vom 17.6. und 11.9.97;
SoZ, 26.10.97;
NZZ, 27.10.97.53
[54] Presse vom 9.12.97.54
[55]
Amtl. Bull. NR, 1997, S. 163 ff. Vgl.
SPJ 1995, S. 150.55
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