Année politique Suisse 1997 : Infrastruktur und Lebensraum / Boden- und Wohnwirtschaft /  Wohnungsbau und Wohneigentumsförderung
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Staatliche Wohnförderung
Gestiegene Leerwohnungsbestände, die andauernde Immobilienkrise und stagnierende Einkommen gingen auch an der Wohnbau- und Wohneigentumsförderung des Bundes nicht spurlos vorüber. Gemäss dem Bundesamt für Wohnungswesen (BWO) und der Finanzdelegation, die das BWO 1996 inspiziert hatte, muss der Bund kurz- und mittelfristig rund 250 Mio Fr. Verluste für Liegenschaftskäufe und vorsorglichen Landerwerb abschreiben. Weil ausserdem das Einkommen der Liegenschaftsbesitzer und der Wert der Objekte nicht mehr fortlaufend ansteigt, wie dies das Konzept des 1975 in Kraft getretenen Wohnbau- und Eigentumsförderungsgesetzes (WEG) vorsieht, können viele Nutzniesser die Starthilfe des Bundes nicht zurückzahlen. Die jährlichen Verluste von Bundesengagements wurden vom BWO und der Finanzdelegation mittelfristig (1999-2009) auf jährlich 5 bis 45 Mio Fr. geschätzt. Ab dem Jahr 2010 dürften jährlich 50 bis 100 Mio Fr. für die Nachfinanzierung der Grundverbilligung anfallen [16].
Die Geschäftsprüfungskommission (GPK) des Nationalrates veranlasste eine Studie über die Wirksamkeit der seit 1975 mit rund 14,3 Mia Fr. [17] betriebenen staatlichen Wohnbau- und Eigentumsförderung. Sie kam zum Schluss, dass die sozialpolitischen Ziele im wesentlichen erreicht worden seien, da von den erstellten Mietwohnungen zum guten Teil Familien mit Kindern, Behinderte, Betagte und Bedürftige profitiert haben. Weniger befriedigend war für die GPK die Bilanz bei der Eigentumsförderung. Lediglich die Hälfte der eingesetzten Mittel sei an die erwähnten Zielgruppen gegangen; die andere Hälfte sei an Personen gegangen, die auch ohne diese Mittel Wohneigentum hätten erwerben können. Ob das WEG eine entscheidende Rolle gespielt habe bei der Zunahme der Eigentümerquote der Schweiz von 28,1% (1970) auf 31,3% (1990), vermochte die GPK nicht zu sagen [18].
Angesichts dieser Entwicklungen trat der Bundesrat bei der staatlichen Wohnbau- und Wohneigentumsförderung auf die Bremse. Er beantragte dem Parlament markant geringere Rahmenkredite für die Jahre 1998 bis 2000 von rund 700 Mio Fr., womit jährlich noch 3500 Wohnungen gefördert werden sollen. Das Förderungsvolumen wurde so gegenüber dem Durchschnitt der vergangenen fünf Jahre gesamthaft um zwei Drittel, im Bereich der Neuproduktion von Mietwohnungen gar um mehr als 80% gekürzt. Die Mittel sollen vor allem Familien, Betagten und Behinderten zugute kommen. Beide Räte hiessen die Rahmenkredite im Berichtsjahr als Übergangslösung gut, forderten den Bundesrat aber auf, das Konzept der Wohnbau- und Wohneigentumsförderung bis zum Jahr 2000 grundlegend zu überdenken. Mittelfristig ist im Rahmen des neuen Finanzausgleichs geplant, die Wohnbauförderung den Kantonen zu übertragen, eine Absicht, die in der Vernehmlassung überwiegend auf Zustimmung gestossen ist [19].
Eine Motion Baumberger (cvp, ZH), die eine Revision des WEG forderte, wonach die Grundverbilligungen abzubauen, die Zusatzverbilligungen auszubauen und der Mitteleinsatz zugunsten der Eigentumsförderung zu verstärken sei, insbesondere auch zur Unterstützung der Umwandlung von WEG-Mietwohnungen in WEG-Stockwerkeigentum, wurde vom Nationalrat als Postulat überwiesen [20].
Weiter überwies der Nationalrat ein Postulat Carobbio (sp, TI), das den Bundesrat ersuchte, auf dem Dringlichkeitsweg die Mietzinspläne für die nach WEG-System verbilligten Mietwohnungen in der ganzen Schweiz oder wenigstens für wirtschaftlich gebeutelte Regionen und Kantone zu sistieren. Die Mietzinse nach WEG stiegen im Berichtsjahr weiterhin an, weil sie an Mietzinspläne gebunden sind, die unter anderem davon ausgingen, dass die Einkommen jener Personen, die einst von nicht kostendeckenden Zinsen profitierten, mit den Jahren ansteigen, so dass sie sukzessive höhere Zinsen bezahlen können [21].
 
[16] BBl, 1997, III, S. 46 ff. (Bericht Finanzdelegation); Presse vom 20.2.97; SZ, 18.6.97; BZ, 7.7.97. Das Total der realisierten Verluste lag per Ende 1997 bei rund 140 Mio Fr. (Lit. Gurtner).16
[17] Von dieser Summe entfielen rund 11,55 Mia (81%) auf Bürgschaften und rückzahlbare Vorschüsse (Grundverbilligung) und 556 Mio Fr. (4%) auf rückzahlbare Darlehen und Beteiligungen. 2,15 Mia Fr. (15%) wurden in Form von à fonds perdu-Beiträgen ausgerichtet. Insgesamt wurden von 1975-1991 rund 10 000 Einfamilienhäuser und Eigentumswohnungen gefördert; das sind 6,7% aller in dieser Zeit gebauten oder in Eigentum übergegangenen Wohneinheiten. Von 1975 bis 1995 wurde für insgesamt rund 120 000 Wohnungen Bundeshilfe zugesichert.17
[18] BBl, 1997, III, S. 1517 ff. (GPK) und IV, S. 90 ff. (Parl. Verwaltungskontrollstelle); SHZ, 27.3.97.18
[19] BBl, 1997, II, S. 769 ff.; Amtl. Bull. StR, 1997, S. 623 ff.; Amtl. Bull. NR, 1997, S. 2429 ff.; BBl, 1998, S. 113; Presse vom 20.2., 18.6. und 4.12.97. In einer neuen Verordnung über die Erstellungskosten bei Wohnbauvorhaben mit Bundeshilfe senkte das EVD die Kostengrenzen um gegen 8% im Durchschnitt. Damit wird dem Rückgang der Baukosten Rechnung getragen (SGT, 31.12.97).19
[20] Amtl. Bull. NR, 1997, S. 1472 f. und 2441 f.20
[21] Amtl. Bull. NR, 1997, S. 1490 f.21