Année politique Suisse 1997 : Sozialpolitik / Soziale Gruppen
Flüchtlingspolitik
Die
Zahl der Asylgesuche stieg 1997 nach Jahren der relativen Beruhigung
wieder stark an, nämlich von 18 000 Gesuchen 1996 auf knapp 24 000, was aber nach wie vor weit unter den dramatischen Verhältnissen der Jahre 1990 und 1991 mit 36 000 respektive 42 000 Gesuchen lag. Die Anerkennungsquote lag bei 12,5%. Als Erklärung für die Zunahme der Asylgesuche wurde vom Bundesamt für Flüchtlinge der anhaltende Zustrom Asylsuchender albanischer Herkunft geltend gemacht, die im internationalen Vergleich grosszügige Behandlung der Asylsuchenden in der Schweiz sowie der Umstand, dass die Schweiz nach Inkrafttreten des EU-Erstasylabkommens von Dublin und des Schengener Abkommens gewissermassen als "Fluchtinsel" in Europa gilt und entsprechend von Flüchtlingen und Schleppern angepeilt wird
[17].
Im April überlegte sich der Bundesrat angesichts der prekären Unterstützung seiner Flüchtlingspolitik in der Bevölkerung, überhaupt keine
UNHCR-Kontingente mehr zu übernehmen. Bei diesen Personen handelt es sich um Flüchtlinge in Lagern der UNO, die nach aller Wahrscheinlichkeit nie mehr in ihr Land zurückkehren können. In der Vergangenheit hatte die Schweiz so Flüchtlingen aus Ungarn, Tibet, Chile, Tschechoslowakei und Vietnam eine neue Heimat angeboten. In den letzten Jahren hatte der Bundesrat aber immer reservierter auf Anfragen des UNHCR reagiert und seine Quote von 300 Personen pro Jahr nicht mehr ausgeschöpft. Da weltweit 120 000 Flüchtlinge weder in ihr Land zurückkehren noch im Asylland bleiben können, forderte das UNHCR Ende Oktober zehn Staaten, darunter auch die Schweiz auf, ihre Quoten zu erhöhen
[18].
Gemäss den Vorgaben der Bundeskanzlei muss ein Gesetz revidiert werden, wenn die Hälfte der Artikel nicht mehr gültig ist. Das war beim Asylgesetz spätestens mit den dringlichen Bundesbeschlüssen aus dem Jahr 1990 der Fall, weshalb eine Expertenkommission einen Entwurf ausgearbeitet hatte, mit dem
die seit 1981 eingefügten Bestimmungen in ordentliches Recht überführt werden sollten. Da überdies weitere Massnahmen vorgesehen waren (Schaffung eines Status für Gewaltflüchtlinge, Kantonalisierung der Fürsorgeleistungen im Asylbereich, Asylverfahrensverweigerung für Personen aus sogenannt sicheren Staaten, vorsorgliche Wegweisung von Asylbewerbern in den Flughäfen) nahm die Übung immer mehr die Form einer
Totalrevision an. Dass diese nicht unumstritten sein würde, zeigte sich bereits in der vorberatenden Kommission des Nationalrates, wo während eines Jahres hart gerungen worden war. Den einen waren die Neuerungen zu restriktiv, die anderen sprachen von einem zu grossen Freiraum, der Gefahren des Missbrauchs in sich berge. Die gespaltene Stimmung in der Kommission zeichnete sich auch an den meist sehr knapp gefällten Entscheiden ab und am Umstand, dass die Revision mit
mehr als 60 Minderheitsanträgen ins Plenum kam
[19].
Zu Beginn der Beratungen im
Nationalrat wurden
Nichteintretensanträge von rechts und von links eingereicht. Steffen (sd, ZH) beantragte Rückweisung an den Bundesrat mit der Auflage, das Asylverfahren mittels jener Forderungen der SD-Volksinitiative "für eine vernünftige Asylpolitik" zu verschärfen, welche nicht übergeordnetem Recht widersprechen. Die beiden SP-Abgeordneten de Dardel (GE) und Vollmer (BE) wollten die Revision auf die Übernahme der auslaufenden Bundesbeschlüsse, die Anpassungen der Datenschutzvorschriften und die Integrationspolitik beschränken bzw. die einzelnen Teilbereiche separat behandeln. Hintergrund dieser beiden Anträge war die Unzufriedenheit der SP und der Grünen über die Ausgestaltung des Status der Gewaltflüchtlinge (siehe unten). Alle drei Nichteintretensanträge wurden
klar abgelehnt, am deutlichsten jener der SD-Fraktion, der nur gerade drei Stimmen auf sich vereinigen konnte
[20].
Zum Auftakt der Detailberatung lehnte es der Nationalrat mit 83 gegen 52 Stimmen ab,
frauenspezifische Fluchtgründe - zum Beispiel Vergewaltigungen, Zwangsabtreibungen oder drohende Beschneidungen - explizit ins Gesetz aufzunehmen. Gefordert hatten dies - gestützt auf ein Postulat der Weltfrauenkonferenz von Peking - unter anderem die fünf grössten Frauenverbände. Koller konterte mit der Erklärung, dass der international geltende Flüchtlingsbegriff auch geschlechtsspezifische Fluchtgründe abdecke. Würde er ausgedehnt, so wäre dies ein falsches Signal, das eine Zunahme der Asylgesuche nicht ausschliessen würde
[21].
Einer der zentralen Punkte der Revision betraf den Status der Gewaltflüchlinge (im Gesetz "Schutzbedürftige" genannt). Gemäss dem bisherigen Asylgesetz gelten Personen, die vor dem Krieg in ihrer Heimat flüchten, nicht als Flüchtlinge, genauso wenig wie jene Menschen, die nicht von seiten der Regierung, sondern von einer mit Gewalt ihre Ziele verfolgenden Oppositionsbewegung individuell verfolgt werden, beispielsweise den fundamentalistischen Terrorgruppen in Algerien. Seit Jahren hatten die Hilfswerke und die Kirchen die Landesregierung dazu aufgerufen, diese Lücke im Gesetz zu schliessen und die gruppenweise Aufnahme von Kriegs- oder Gewaltflüchtlingen klar zu regeln. Die staatspolitische Kommission des Ständerates hatte 1992 ihrerseits den Bundesrat mit einer Motion beauftragt, einen entsprechenden Gesetzesvorschlag auszuarbeiten.
Der Vorschlag, den der Bundesrat in diesem Punkt vorlegte, wurde aber von den linken und grünen Parteien sowie von der Asylbewegung nicht als Fort-, sondern als Rückschritt gewertet, da es
inskünftig nicht mehr möglich sein soll, während der vorläufigen Aufnahme ein individuelles Asylgesuch zu stellen. Die Gegner dieses Vorschlags meinten, die Chancen, nach Ablauf der Schutzgewährung noch als Flüchtling anerkannt zu werden, seien minim, was de facto einer Verweigerung des Asylrechtes gleichkomme. Sie erinnerten daran, dass rund ein Achtel der Kriegsvertriebenen aus Bosnien als Flüchtlinge mit bleibendem Aufenthaltsrecht anerkannt worden seien, weil sie nachweisen konnten, dass sie Opfer schlimmster Verfolgungen waren
[22].
Selbst wenn sie diese Sicht der Dinge nicht teilte, hatte eine Mehrheit der vorberatenden Kommission doch eine Ausweitung des Begriffs der Schutzbedürftigkeit vorgenommen. Insbesondere sollte der vorläufige Aufnahme auch in Situationen allgemeiner Gewalt oder systematischer und schwerer Verletzung der Menschenrechte gewährt werden. Eine Minderheit aus Vertretern von SVP, FDP, CVP und FP lehnte diese Erweiterung ab, da sie einen Rechtsanspruch auf Schutz suggeriere und gegenüber gewissen Ländern zu einem zeitlich nicht absehbaren Zustand führen könnte. Zudem vermische die Linke Schutz- und Asylwürdigkeit, was die Rückkehr der vorläufig Aufgenommenen nach Aufhebung des Status erschwere.
Bundespräsident Koller wehrte sich erfolglos gegen diese Ausweitung der Definition. Der Rat hiess mit 71 zu 60 Stimmen den Kommissionsvorschlag gut. Kommissionspräsidentin Fankhauser (sp, BL) erinnerte an die Judenverfolgung in Deutschland; dabei habe es sich nicht um einen Krieg- oder Bürgerkrieg, sondern um systematische Verfolgung gehandelt. Heutige Gewaltsituationen beträfen zunehmend
schwere Verletzungen der Menschenrechte, weshalb es unverständlich sei, dass des Bundesrat diesen Begriff nicht von sich aus in das Gesetz aufgenommen habe, meinte auch David (cvp, SG). Mit 74 zu 56 Stimmen lehnte der Rat hingegen einen Antrag von Felten (sp, BS) ab, der die spezifischen Formen der Gewalt gegen Frauen zumindest hier einführen wollte
[23].
Nach einem fast zweiwöchigen Unterbruch der Beratungen befasste sich der Nationalrat noch einmal mit dem Status der Gewaltflüchtlinge. Gegen den Antrag des Bundesrates beschloss er mit 82 zu 53 Stimmen, dass die Asylgesuche von Personen, die ihr Gesuch noch vor der Schutzgewährung gestellt haben, lediglich sistiert werden und nach Aufhebung des vorläufigen Schutzes behandelt werden müssen. Auf Asylgesuche, die nach der Schutzgewährung eingereicht werden, soll später hingegen nur dann eingetreten werden, wenn eine Anhörung Hinweise auf eine individuelle Verfolgung ergibt. Ein Antrag Dormann (cvp, LU), wonach Schutzbedürftige mit sistiertem Gesuch nach fünf Jahren das Recht auf ein Asylverfahren erhalten sollen, wurde abgelehnt. Hingegen wurde die Bestimmung aufgenommen, dass der Bundesrat nicht allein über die gruppenweise Aufnahme entscheiden kann; mit Stichentscheid der Ratspräsidentin setzte sich eine Kommissionsmehrheit durch, welche verlangte, dass der Bundesrat vor dem Entscheid über die Gewährung des vorübergehenden Schutzes auch die Hilfswerke konsultieren muss.
Bei den Bestimmungen über das eigentliche Asylverfahren versuchten Vertreter der SVP Forderungen ihrer Volksinitiative "gegen die illegale Einwanderung" einzubauen, die das Volk im Dezember des Vorjahres abgelehnt hatte. Hasler (AG) verlangte, dass das Vorweisen eines Ausweispapieres Voraussetzung für die Zulassung zum Verfahren sei.Hans Fehr (ZH) forderte, dass auf Gesuche illegal eingereister Flüchtlinge nicht mehr eingetreten werde. Fischer (AG) wollte das Arbeitsverbot von neu eingereisten Asylbewerbern von drei auf sechs Monate ausdehnen. Der Rat lehnte alle diese Anträge deutlich ab. Ebenso erging es den Anträgen, die frauenspezifische Regelungen verlangten. Bühlmann (gp, LU) und von Felten (sp, BS) wollten die Rücksichtnahme auf Frauen, Minderjährige und Folteropfer im Verfahren und während des Aufenthalts in den Detailbestimmungen verankern. Sie verlangten unter anderem, dass Ehefrauen ein eigenes Asylverfahren erhalten. Nur in einem Punkt wurden die rotgrünen Anträge angenommen: Flüchtet ein Minderjähriger allein in die Schweiz, dürfen ihn die Asylbehörden erst dann befragen, wenn ein Vormund oder Beistand ernannt ist, der die Interessen des Kindes wahrnehmen kann.
Von allen Asylbewerbern waren bisher diejenigen am schlechtesten gestellt, welche mit dem Flugzeug einreisen und bereits im Flughafen ein Asylgesuch stellen. Sie mussten auf unbestimmte Zeit im "Niemandsland" des Transitbereichs ausharren, bis das BFF abgeklärt hatte, ob ein Asylgesuch überhaupt gerechtfertigt sei. Fiel die Untersuchung negativ aus, so wurden die Asylbewerber abgeschoben, ohne die Möglichkeit erhalten zu haben, einen Anwalt zu kontaktieren oder gegen den Entscheid des BFF Rekurs bei der Asylrekurskommission (ARK) einzulegen. Um dieser ungleichen Behandlung der Asylsuchenden ein Ende zu bereiten, schlug der Bundesrat vor, die maximale Frist für die Abklärungen des BFF auf zehn Tage festzusetzen. Die vorberatende Nationalratskommission wollte den Behörden dafür sogar 15 Tage Zeit lassen.
Der Nationalrat musste jedoch die Flughafenregelung in einem zentralen Punkt ergänzen, um zu vermeiden, dass die Schweiz die Europäische Menschenrechtskonvention verletzt. Der Europäische Gerichtshof hatte nämlich inzwischen klargemacht, dass es Freiheitsentzug ist, wenn Asylsuchende die Transiträume eines Flughafens nicht verlassen dürfen. Wer so in seiner Bewegungsfreiheit eingeschränkt wird, hat demnach Anrecht auf eine richterliche Überprüfung. Im gleichen Sinn hatte kurz vor Aufnahme der parlamentarischen Beratungen auch das Bundesgericht entschieden. Der Nationalrat beschloss deshalb, dass das BFF den Asylsuchenden, die in Zürich-Kloten oder Genf-Cointrin gelandet sind, die vorläufige Verweigerung der Einreise innert 48 Stunden eröffnen muss. Die Bewerber können diese Verfügung anfechten, und die Behörden müssen ihnen die Möglichkeit geben, einen Beistand beizuziehen. Beibehalten wurde die fünfzehntägige Frist für die Abklärungen. Die Ratsmehrheit begründete dies mit dem Umfang der Untersuchungen, die für ein seriöses notwendig seien. Abgelehnt wurde ein rot-grüner Antrag, der diese Asylsuchenden nach 72 Stunden einem Durchgangsheim zuweisen wollte.
Zum Abschluss behandelte die grosse Kammer noch die
Arbeitsbedingungen der Asylbewerber und vorläufig Aufgenommenen. Neu müssen sowohl Flüchtlinge wie Schutzbedürftige, die eine Arbeit finden, neben Fürsorge- und Verwaltungskosten auch die Aufwendungen für Ausreise und Verfahren zurückerstatten. Dafür werden 10% ihres Lohnes auf ein Sicherheitskonto überwiesen. In diesem Punkt versuchte die SVP ebenfalls, Forderungen aus ihrer abgelehnten Asylinitiative einzubringen, nämlich jene nach einer staatlichen Lohnverwaltung; und auch hier blitzte sie ab. Anders als Asylbewerber sollten gemäss Bundesrat Schutzbedürftige erst nach sechs Monaten arbeiten dürfen. Die Mehrheit des Nationalrates wollte in diesem Punkt aber Asylbewerber und Schutzbedürftige gleichstellen und sprach sich generell für eine Sperrfrist von drei Monaten aus. Schliesslich wurde noch die
Kantonalisierung der Fürsorge für Asylbewerber und Schutzbedürftige beschlossen; für diese erhalten die Kantone inskünftig pauschale Bundesbeiträge, statt dass die Kosten individuell abgerechnet werden. Diese Massnahme wurde vom links-grünen Lager und den Hilfswerken vehement abgelehnt, da sie darin eine Massregelung der oft als unbotmässig kritisierten Asylhilfe zu erkennen glaubten. Das revidierte Asylgesetz wurde vom Nationalrat nach 17 Stunden Beratung mit 73 zu 60 Stimmen bei 17 Enthaltungen verabschiedet
[24].
Angesichts der Vorarbeiten des Nationalrats konnte das Asylgesetz im Ständerat relativ zügig beraten werden. Gut hiess die kleine Kammer insbesondere den neuen Status der Schutzbedürftigen. Den Zusatz des Nationalrates, dass auch Personen Schutz gewährt werden soll, welche allgemeiner Gewalt sowie systematischer und schwerer Verletzung der Menschenrechte ausgesetzt sind, strich sie mit 32 zu 3 Stimmen allerdings wieder aus der Vorlage. Den Beschluss der grossen Kammer, wonach sich Schutzgewährung und Asylantrag ausschliessen, weichte sie hingegen insofern auf, als dass auch bei der gruppenweisen Aufnahme von Schutzbedürftigen die Einreisenden individuell befragt werden. Zudem sollen Schutzbedürftige mit sistiertem Asylverfahren nach fünf Jahren (und nicht erst nach Auslaufen der Schutzgewährung) Anspruch auf ein Asylverfahren haben.
Gegenüber dem Anliegen der Frauenorganisationen, der Asylhilfe und dem rot-grünen Lager, frauenspezifische Fluchtgründe in das Gesetz aufzunehmen, zeigte sich der Ständerat ebenfalls aufgeschlossener. Bei der Definition der ernsthaften Nachteile, welche den Flüchtlingsstatus begründen können, fügte er den Nachsatz ein, dass den frauenspezifischen Fluchtgründen Rechnung zu tragen sei. Kommissionssprecher Frick (cvp, SZ) betonte, damit mache der Ständerat keinen Kniefall vor dem Zeitgeist. Schreckliche Erfahrungen im jugoslawischen Bürgerkrieg, wo Frauen gezielt vergewaltigt und geschwängert worden seien, machten diesen Akzent nötig. Die kleine Kammer lehnte hingegen einen bereits im Nationalrat unterlegenen Antrag ab, wonach die Befragungen von Asylbewerberinnen allein von Frauen durchzuführen seien. Sowohl die Antragstellerin Brunner (sp, GE) wie auch ihre CVP-Kollegin Simmen (SO) argumentierten vergeblich, in Gegenwart von Männern würden gerade durch sexuelle Übergriffe traumatisierte Frauen oft stumm, weshalb dies praktisch einer Verweigerung der Anhörung gleichkomme. Bundespräsident Koller entgegnete, schon heute würden Frauen ausschliesslich von Frauen befragt, wenn es unter anderem um sexuelle Übergriffe gehe. Liege die Flucht aber in der Religion oder in der politischen Anschauung begründet, gebe es mit einer obligatorischen Frau-zu-Frau-Befragung nur einen zusätzlichen administrativen Aufwand.
In einem wesentlichen Punkt des Verfahrens nahm der Ständerat allerdings eine einschneidende Verschärfung vor. Um Missbräuche zu bekämpfen, schuf er, ähnlich der alten Forderung der SVP, einen neuen Nichteintretensgrund: Verweigerung des Asylverfahrens soll dann möglich sein, wenn sich die Betreffenden bereits mehrere Tage illegal in der Schweiz aufgehalten haben, und es für sie zumutbar gewesen wäre, das Gesuch früher zu stellen. Die Wegweisung soll allerdings ausgeschlossen sein, wenn sie gegen das völkerrechtliche Verbot des Non-refoulement verstossen würde. Abgelehnt wurde demgegenüber ein noch restriktiverer Antrag Brändli (svp, GR), der allen Asylsuchenden, die keine Papiere über ihre Identität vorweisen können, die Einreise verweigern wollte. Das Verschwindenlassen von Papieren sei zwar in der Tat ein Ärgernis, entgegnete Koller. Er erinnerte aber an den Bundesgerichtsentscheid von 1995, wonach jeder Asylsuchende Anspruch auf Durchführung eines Asylverfahrens hat, auch dann, wenn er sich ohne Papiere bei den Behörden meldet. Bereits heute werde nicht auf das Gesuch eingegangen, wenn man dem Asylbewerber nachweisen könne, dass er seine Papiere absichtlich habe verschwinden lassen. Die von Brändli geforderte Beweislastumkehr sei aber unzulässig.
In der Frage der pauschalen
Übertragung der Fürsorge an die Kantone folgte der Ständerat dem Nationalrat. Bei den Arbeitsbedingungen übernahm er die 10%ige Abgabe an einen Sicherheitsfonds und die Möglichkeit für Schutzbedürftige, bereits nach drei Monaten eine
Arbeit aufnehmen zu können, allerdings fügte er den Zusatz der Arbeitsmarkt- und Wirtschaftsverträglichkeit ein. Das revidierte Asylgesetz passierte schliesslich mit 38 zu 1 Stimmen viel deutlicher als im Nationalrat
[25].
Im Rahmen dieser Beratungen wurden erneut die
Bundesbeschlüsse über das Asylverfahren sowie über Sparmassnahmen im Asyl- und Ausländerbereich verlängert. Auf Antrag einer Kommissionsminderheit im Nationalrat allerdings nur bis zum 31. Dezember 2000 und nicht, wie es die Kommissionsmehrheit vorgeschlagen hatte, bis zum Vorliegen des revidierten Asylgesetzes. Die Minderheit, der sich Bundespräsident Koller anschloss, begründete ihren Antrag damit, dass ein Bundesbeschluss zeitlich immer klar befristet sein muss und eine Verlängerung auf unbestimmte Zeit Zweifel an der politischen Bereitschaft des Parlaments aufkommen lassen könnte, die Vorlage nun ohne weiteren Verzug zu bereinigen
[26].
Als bekannt wurde, dass im Auftrag das BFF seit mehreren Monaten Spezialisten der Sprachen und ethnischen Eigenheiten der jeweiligen Regionen versuchen,
Asylbewerber ohne Papiere in Telephonanrufen und durch gezielte Fragen als Angehörige einer bestimmten ethnischen Minderheit zu identifizieren, war die Empörung bei den Hilfswerken gross. Das Programm "Lingua" war ursprünglich in Schweden konzipiert und über Finnland und Deutschland in die Schweiz gelangt. Die Hilfswerke stiessen sich vor allem daran, dass damit papierlose Flüchtlinge grundsätzlich als Lügner eingestuft würden und es keine Möglichkeit gebe, gegen die Schlussfolgerungen der Sprachspezialisten zu opponieren oder eine zweite Anhörung zu verlangen
[27].
Hauptthema waren im Berichtsjahr erneut die
mehr oder minder freiwilligen Rückkehren oder Rückschaffungen von abgewiesenen Asylbewerbern oder von vorläufig aufgenommenen Personen. Immer häufiger wurden die Ausschaffungen "manu militari" vorgenommen. Von den 12 587 abgewiesenen Asylbewerbern, die laut BFF bis August ausreisen sollten, verliessen 3286 das Land freiwillig. In 1232 Fällen wurde die Rückführung mit Gewalt vorgenommen, wobei 215 scheiterten, beispielsweise weil die Behörden des Ursprungslandes die Rückübernahme verweigerten. Spektakulärster Fall war Anfang September die Ausschaffung von fünf Gambiern, welche in den Bundesratsjet verfrachtet und in Polizeibegleitung in ihre Heimat geflogen wurden. Dort verweigerten ihnen die Zollbeamten die Einreise, worauf sie notgedrungenermassen in die Schweiz zurückkehrten. Diese Operation kostete knapp 400 000 Fr
[28].
Anfang Jahr gab der Bundesrat den
weiteren Fahrplan der Rückführungen nach Bosnien bekannt. Seiner Ansicht nach hatte sich die Menschenrechtslage gegenüber dem Vorjahr weiter entspannt, weshalb sich ein Aufschub der Reise nicht mehr aufdränge. Für
Alleinstehende und Ehepaare ohne Kinder - rund 8000 Personen - blieb es beim bereits festgesetzten Datum von
Ende April. Aus Rücksicht auf die Aufnahmekapazitäten und die Belastung der Vollzugsbehörden wurde die Ausreisefrist für Familien mit Kindern und für nicht begleitete Minderjährige bis Ende April 1998 verlängert. Für die Förderung der freiwilligen Rückkehr bewilligte der Bundesrat zusätzliche 26 Mio Fr., da durch die grosse Nachfrage die Mittel früher als geplant ausgeschöpft worden waren
[29].
Die Weisungen des Bundes zur Rückführung der insgesamt rund 26 000 bosnischen Kriegsvertriebenen lösten bei den Flüchlingsorganisationen scharfe Proteste aus, da sie ausdrücklich festhielten, dass auch bosnische
Flüchtlinge, deren früherer Wohnsitz in einem von Serben beherrschten Gebiet liegt, ausreisen müssen. Dies erachtete die Schweizerische Flüchtlingshilfe für verfehlt. Die Schweizer Behörden
missachteten damit nicht nur das
Abkommen von Dayton, sondern anerkennten indirekt die Resultate der "ethnischen Säuberungen" in Bosnien-Herzegowina. Dieses Vorgehen sabotiere auch die Rückkehrhilfsprogramme, da die Menschen nicht motiviert seien, an einen Ort zurückzukehren, der ihnen völlig unbekannt sei
[30].
Die in den Medien immer wieder thematisierten schwierigen Rückkehrbedingungen der Bosnier in ihre Heimat führten auch während der Asyldebatte zu einem heftigen Schlagabtausch zwischen Nationalrätin Bäumlin (sp, BE) und Bundespräsident Koller. Bäumlin kritisierte, der Bundesrat wolle den Eindruck erwecken, bei seiner Rückführungspraxis in Einklang mit der Meinung des
UNO-Hochkommissariats für Flüchtlinge zu handeln, was aber aufgrund der Äusserungen des UNHCR so nicht zutreffe. Im Gegenteil, das UNHCR habe festgestellt, dass die zwangsweise Rückführung von Flüchtlingen in andere Gebiete als ihre Heimatregion unweigerlich die Zahl der Binnenvertriebenen in Bosnien-Herzegowina weiter ansteigen lassen würde. Es gebe bereits Beispiele von aus der Schweiz ausgereisten Personen, die nach ihrer Rückkehr keine Möglichkeit der Unterkunft gefunden hätten. Koller hielt demgegenüber daran fest, dass eine Rückkehr für Menschen aus Bosnien-Herzegowina zumutbar sei, selbst wenn sie nicht an ihren ursprünglichen Wohnort zurückkehren könnten. Aber auch eine
bosnische Regierungsdelegation, welche in der Schweiz vornehmlich Aspekte des Föderalismus studierte, befand, der Zeitpunkt für eine massive Rückkehr für die im Ausland lebenden Bosnier sei noch nicht gekommen, da die Infrastruktur des kriegsgeschädigten Landes nach wie vor darniederliege. Schliesslich appellierte sogar der
bosnische Flüchtlingsminister an den Bundesrat, wenigstens jene Bosnier, die nicht mehr in serbisch besetztes Gebiet zurückkehren können, länger in der Schweiz verweilen zu lassen, doch fand auch er kein Gehör. Beim Auslaufen der bis Ende August verlängerten Frist für die kinderlosen bosnischen Flüchtlinge waren von den vorgesehenen 8000 Personen erst 4330 in ihr Land zurückgekehrt. 1300 weitere hatten sich für eine "freiwillige Rückkehr" angemeldet und 700 aus verschiedenen Gründen eine Verlängerung ihrer Aufenthaltsbewilligung erhalten. Für die restlichen rund 1000 Kriegsflüchtlinge, die sich weigerten, die Schweiz zu verlassen, sah das BFF eine mögliche Zwangsausschaffung vor
[32].
Die Kantone, für die Ausführung der Asylgesetzgebung zuständig, reagierten unterschiedlich auf die Direktiven aus Bern zur
Ausschaffung der Bosnien-Flüchtlinge. Angeführt vom Waadtländer Justiz- und Polizeidirektor Zisyadis (pda), der im April Bosnien bereist hatte und seither die Rückführungen als unmenschlich bezeichnete, begannen mehrere, vor allem
welsche Kantone damit, die
Aufenthaltsbewilligungen für Bosnier fast systematisch zu verlängern. In der Deutschschweiz war es der linksalternative Zuger Polizeidirektor, der sich quer legte. Auf die Kritik der Kantone, welche die Ausreisefrist von Ende April als zu kurz erachteten, lenkte Bundesrat Koller insofern ein, als er versprach, der Bund werde die Fürsorgekosten für diese Personen bis Ende August übernehmen und zumindest bis zu diesem Zeitpunkt auf zwangsweise Rückschaffungen in Minderheitsgebiete verzichten
[33].
Nach über zweijährigem Seilziehen erklärte sich die
Bundesrepublik Jugoslawien bereit, die in der Schweiz abgewiesenen Staatsbürger vornehmlich aus dem
Kosovo wieder einreisen zu lassen. Das Abkommen mit Belgrad trat im September in Kraft. Anders als jenes von 1994 mit Sri Lanka, enthielt es keine formellen Garantien über die Sicherheit der Rückkehrer, sondern nur generelle Versprechen und die Festlegung der Kostenfolgen. Danach
übernimmt die Schweiz die gesamten Reisespesen für die Auszuschaffenden und die serbischen Amtspersonen, die bei den Flügen (die allein von der jugoslawischen Fluggesellschaft zu deren offiziellen Tarifen durchgeführt werden) zugegen sind. Schweizer Beamte dürfen die Flüge nicht begleiten. Anfang Dezember wurden erstmals 36 Kosovari mit einem Sonderflug der jugoslawischen Fluggesellschaft von Zürich nach Pristina geflogen
[34].
Unmittelbar nach der Unterzeichnung des Vertrages Anfang Juli veröffentlichten elf
Nationalrätinnen und -räte der SP sowie eine Nationalrätin der Grünen eine gemeinsame Pressemittelung, in der sie erklärten, es sei schwer erträglich, mit diesem Unrechtstaat durch ein Abkommen in einer solch heiklen Angelegenheit verbunden zu werden. Man werde das Hauptversprechen des Vertrages, dass nämlich die Rückführungen unter voller Wahrung der Würde und der Menschenrechte durchgeführt werden, in seiner Umsetzung
sehr genau beobachten. Als im Dezember die beiden SP-Nationalrätinnen Bäumlin (BE) und Fankhauser (BL) sich vor Ort einen Eindruck der Lage verschaffen wollten, wurde ihnen die Einreise allerdings verweigert
[35].
Gegenüber den
Staatsangehörigen Albaniens änderte das BFF seine Praxis. Der Bundesrat hatte das Land 1993 zum "safe country" erklärt, weshalb auf die Gesuche von Albanern grösstenteils nicht eingetreten wurde. Wegen der gewaltsamen Unruhen, die Albanien in den ersten Monaten des Jahres erschütterten, wurden albanische Asylbewerber
wieder ins normale Asylverfahren aufgenommen. Obgleich der Druck der albanischen Flüchtlinge auf die Südgrenze der Schweiz ständig zunahm und Italien nur wenig Bereitschaft erkennen liess, die bei der illegalen Einreise ertappten Albaner wieder aufzunehmen, erachtete der Bundesrat die von der SVP immer wieder geforderte Entsendung von Armee-Einheiten vorerst als nicht gerechtfertigt. Als dann aber in den Monaten April und Mai 423 meist illegal eingereiste albanische Flüchtlinge um Asyl ersuchten - rund ein Drittel mehr als im gesamten Vorjahr - beschloss der Bundesrat doch,
20 Berufssoldaten aus dem Festungswachtkorps bis Ende September in den Südtessin zu detachieren, um das dort stationierte Grenzwachtkorps während der Sommermonate bei seinen Sicherungs- und Beobachtungsaufgaben zu unterstützen. Die SP kritisierte umgehend diesen
ersten Grenzeinsatz von Schweizer Militär seit dem 2. Weltkrieg. Im September wurde der Militäreinsatz um drei Monate verlängert, im Dezember dann auf unbeschränkte Zeit
[36].
Ein besonderes Problem bildeten die
Flüchtlinge vor dem Terror in Algerien. Da die Gewalt nicht primär von der Regierung ausgeht und auch keine bürgerkriegsähnlichen Zustände herrschen, wird auf die Asylgesuche von algerischen Staatsangehörigen
nur vereinzelt eingetreten und bleiben die
Rückschaffungen möglich. Das führte verschiedentlich zu dramatischen Ereignissen im Ausschaffungsgefängnis Kloten; um sich der Rückschaffung zu entziehen, verletzten sich mehrere Algerier schwer. Diese Vorkommnisse wiesen auch auf eine unklare Kompetenzordnung bei den Ausschaffungen hin. Im Sommer appellierte die
Schweizerische Flüchtlingshilfe an den Bundesrat, keine Rückschaffungen nach Algerien mehr vorzunehmen, da dort bestimmte Kategorien der Bevölkerung gezielt einer besonderen Gefährdung ausgesetzt seien, und Menschenrechtsverletzungen verschiedenster Art von allen in den Konflikt involvierten Kreisen - also auch vom Staat - begangen würden. Im Herbst schlossen sich die
Landeskirchen diesem Appell an. Der
Bundesrat zeigte sich daraufhin bereit, seine Politik gegenüber den Terrorflüchtlingen aus Algerien
neu zu überdenken. Insbesondere erklärte er sich bereit, die potentiellen Opfer der islamistischen Bewegung, welche aus der besonders gefährdeten Gegend von Alger stammen, besser zu schützen. Als erster Kanton beschloss Zug, keine Wegweisungen von Algeriern mehr zu vollziehen
[37].
Haltung der Kantone
Die Kantone fühlten sich beim Vollzug der Ausschaffungen
vom Bund oft allein gelassen. Insbesondere stiess ihnen auf, dass sie selber die Reisepapiere für die Abzuschiebenden besorgen sollten. Nachdem sie im August übereingekommen waren, ein Vollzugskonkordat zu bilden, um die Aufgaben zentral anzugehen, kam ihnen das
BFF mit der Gründung einer
eigenständigen Sektion entgegen, welche ausschliesslich die Kantone bei der Ausschaffung unterstützt. Diese koordiniert die Beschaffung der Reisepapiere für jugoslawische und srilankische Staatsangehörige
[38].
Die kantonalen Fürsorgedirektoren forderten den Bundesrat auf, den
Asylbereich unverzüglich von der in der Bundesverwaltung generell eingeführten
zweiprozentigen Kreditsperre auszunehmen. Die Sperre betreffe nämlich Zahlungen, auf welche die Kantone von Gesetzes wegen Anspruch hätten; diese sei deshalb nichts anderes als eine inakzeptable lineare Kürzung
[39].
Ungeachtet aller Rechtsgrundlagen (paritätische Verteilung der Asylbewerber auf alle Kantone, Non-refoulement usw. ) gelangte der
Kanton Thurgau im März an den Bundesrat mit der Bitte, ihm
keine weiteren Asylsuchenden aus dem Kosovo mehr zuzuweisen und die straffällig gewordenen oder einer Straftat verdächtigten Personen unverzüglich zurückzuschaffen oder zu internieren. Bundesrat Koller bezeichnete die Haltung der Thurgauer Behörden als überrissen, zumal der Abschluss eines Rückführungsabkommens beschlossene Sache sei. Anfang Juni gelangte der
Baselbieter Regierungsrat mit der Bitte an den Bundesrat, straffällige und dissoziale Asylbewerber aus dem Kosovo
in Kollektivunterkünften des Bundes unterzubringen. Das BFF bezeichnete das Ansinnen als unrealisierbar. Der Bund könne gar kein Bundeszentrum für renitente Asylbewerber bauen, da ihm dazu erstens eigenes Territorium und zweitens die dazu notwendige Polizeigewalt fehle. Der Kanton
Zürich beschloss im Spätsommer auf eigene Kosten ein spezielles
Zentrum für "dissoziale" Asylbewerber einzurichten. Das BFF sagte eine Vorfinanzierung zu
[40].
[17] Presse vom 28.1.98.17
[18]
TA, 28.4. und 28.10.97;
AZ, 16.12.97.18
[19]
NZZ, 11.1.97. Siehe
SPJ 1996, S. 275. Aufgrund der hohen Zahl von Minderheitsanträgen wurde die Diskussion im Plenum von der Frühjahrs- auf die Sommersession verschoben, um den Fraktionen die Gelegenheit zur Erarbeitung von Kompromissen zu geben (
TA, 20.2.97).19
[20]
Amtl. Bull. NR, 1997, S. 986 ff.20
[21]
Amtl. Bull. NR, 1997, S. 1002 ff. Zur UNO-Frauenkonferenz siehe
SPJ 1995, S. 263.21
[22]
TA, 2.6.97. Ein Entscheid der Asylrekurskommission (ARK) illustrierte sehr gut den Umstand, dass ein Teil der Kriegsflüchtlinge auch dann noch Asyl braucht, wenn zu Hause schon längst die Waffen schweigen. Die ARK befand nämlich, dass auch anderthalb Jahre nach dem Friedensabkommen von Dayton Muslime in der Regel Asyl erhalten sollen, wenn sie die Schrecken der serbischen Eroberung von Srebrenica miterlebt haben. Für eine Übersicht der ARK-Leiturteile der letzten fünf Jahre siehe
NZZ, 4.12.97. Motion StR:
SPJ 1992, S. 245 und
1993, S. 233.22
[23]
Amtl. Bull. NR, 1997, S. 1037 ff.23
[24]
Amtl. Bull. NR, 1997, S. 1211 und 1245 ff. Zur Asylinitiative der SVP siehe
SPJ 1996, S. 273 ff. Angesichts des Entscheides des BG (Presse vom 7.6.97) setzte der BR die neue Flughafenregelung in Kraft, noch bevor das Gesetz vom StR behandelt wurde (
24 Heures, 20.11.97;
NZZ, 19.12.97). Siehe dazu auch die Antwort des BR auf eine Anfrage Roth Bernasconi (sp, GE) (
Amtl. Bull. NR, 1997, S. 2357). Die ARK erachtete die Haftbedingungen im Genfer Flughafen als nach wie vor unzumutbar (
JdG, 31.12.97). Wie die Eidg. Finanzkontrolle feststellte, hat das BFF die Kontrolle über die Sicherheitskonti der Asylbewerber weitgehend verloren, was auch zu grossen Zinseinbussen für den Bundeshaushalt führt (
Bund, 9.4.97). Siehe dazu auch
SPJ 1994, S. 235.24
[25]
Amtl. Bull. StR, 1997, S. 1184 ff., 1193 ff, 1337 ff. und 1367. Zum Entscheid des BG siehe
SPJ 1996, S. 262.25
[26]
Amtl. Bull. NR, 1997, S. 983 ff. und 1586;
Amtl. Bull. StR, 1997, S. 569 und 710;
BBl, 1997, III, S. 948 f. Siehe
SPJ 1995, S. 275.26
[27]
NQ, 30.9.97;
WoZ, 7.11.97.27
[28] Presse vom 4.9.97;
BZ, 17.9.97. Das BFF bezeichnete daraufhin das Verhalten der gambischen Behörden als willkürlich und völkerrechtswidrig (
NZZ, 10.9.97). Die Regierung Gambias bestritt, dass es sich bei den fünf Personen überhaupt um Gambier handle; sie sprächen keinen der lokalen Dialekte und Englisch mit einem fremden Akzent (
24 Heures, 13.9.97).28
[29]
BBl, 1997, II, S. 742; Presse vom 30.1.97. Siehe auch
SPJ 1996, S. 275 f. Eine im Auftrag der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (Deza) des Bundes in Auftrag gegebene Studie zeigte, dass von den rund 3000 erfassten rückkehrwilligen Flüchtlingen fast 56% die Starthilfe für das Wohnen verwendeten; 34% flossen in den Lebensunterhalt, 4.75% in ein eigenes Geschäft und 3,45% in eine Ausbildung. Fast 53% der Rückkehrer fanden bei ihrer Ankunft nur eine vorübergehende Unterkunft (
NZZ, 12.8.97).29
[30]
TA, 21.3.97. Später distanzierte sich auch die Caritas von einer generellen Ausschaffung der Bosnier (Presse vom 16.5.97). Ende Jahr beantragte das EJPD dem Gesamtbundesrat, ab 1. März 1998 auch die Deserteure in ihre Heimat abzuschieben, obgleich die Flüchtlingshilfe warnte, die Amnestiegesetze würden in der Bundesrepublik Jugoslawien und im serbischen Teil Bosniens nicht korrekt angewendet (Presse vom 12.11.97).30
[32] Presse vom 29.8.97;
TA, 5.9.97. Als Flüchtlinge anerkannt wurden insgesamt nur 5353 Bosnierinnen und Bosnier mit einer eigenen Verfolgungsgeschichte. Gründe für eine Verlängerung des Aufenthalts waren: Ausbildungsabschluss noch im Jahre 1997, ethnisch gemischte Ehe, Alter über 65 Jahre, fehlende Sozialnetze im Herkunftsland sowie schwere Krankheit (
BaZ, 12.9.97).32
[33] Presse vom 12.4. und 1.5.97;
JdG und
WoZ, 16.4.97;
24 Heures, 19.4., 22.4. und 15.10.97;
NQ, 21.4. und 13.6.97;
TW, 2.5.97;
JdG, 14.6., 19.8. und 17.9.97;
TA, 18.6.97;
BZ, 23.6.97;
Lib., 5.9 und 27.9.97. Der Waadtländer Regierungsrat setzte sich auch für eine Weiterbeschäftigung der ex-jugoslawischen Saisonniers ein, die seit mehr als vier Jahren in der Schweiz arbeiten (
24 Heures, 5.3.97;
JdG, 4.7.97). Für die "freiwillige" Rückkehr hat der BR einen wichtigen Trumpf in der Hand: Reisen Flüchtlinge erst nach der gestellten Frist aus, so wird ihr Startgeld reduziert; kommt es gar zu einer zwangsweisen Rückschaffung, verlieren die Betroffenen jeglichen Anspruch auf finanzielle Unterstützung (
NQ, 30.4.97;
TA, 2.7.97). Falls die Kantone die Ausreisefrist verlängern, so gilt ihnen der Bund die Fürsorgekosten nicht mehr ab. Das hinderte auch mehrer deutschsprachige Kantone nicht daran, in eigener Regie die Frist um einige Monate zu erstrecken (Presse vom 13.10.97;
NZZ, 15.10.97).33
[34]
Amtl. Bull. NR, 1997, S. 2940 f.; Presse vom 25.1., 4.3., 4.7., 29.8. und 5.12.97;
TA, 8.2. und 25.3.97;
Bund, 12.2. und 15.8.97;
TW, 3.3.97;
SGT, 3.5.97;
WoZ, 20.6.97;
NLZ, 9.8.97. Siehe auch
SPJ 1996, S. 276. Die Papierbeschaffung beim Generalkonsulat Jugoslawiens erwies sich trotz Abkommen weiterhin als schwierig oder sogar unmöglich (
TA, 24.9.97;
SoZ, 19.10.97). In erster Linie wurden Personen zur Ausschaffung vorgesehen, die straffällig geworden waren oder sich "dissozial" verhalten hatten (
NZZ, 25.7.97;
BaZ, 15.9.97). Zum Abkommen mit Sri Lanka siehe
SPJ 1994, S. 236.34
[35]
BaZ, 4.7.97;
WoZ, 18.12.97.35
[36]
TA, 18.3. und 11.7.97;
CdT, 2.4., 7.5. und 16.9.97;
SGT, 31.5.97; Presse vom 10.6., 11.7. und 20.10.97 (Delegiertenversammlung SVP);
NZZ, 5.7. und 20.12.97. Das BA für Polizeiwesen erhielt im Juli in Rom die Zusage für ein Rückübernahme-Abkommen mit Italien; den Verhandlungen stimmte der BR Ende Oktober zu (
NZZ, 12.7.97; Presse vom 30.10.97).36
[37] Seit 1992 zählt Algerien in den Augen des BR nicht mehr zu den "safe countries", weshalb die Gesuche der Algerier im normalen Individualverfahren geprüft werden (
SPJ 1992, S. 248). Von den 304 Personen, deren Asylgesuch bis Mitte September behandelt wurde, wurden lediglich 6 als Flüchtlinge anerkannt und 27 vorläufig angenommen. Paradoxerweise führte die Handhabung des Flüchtlingsbegriffs durch die Schweizer Behörden dazu, dass - wenn überhaupt - eher Anhänger der Islamischen Heilsfront FIS als Flüchtlinge anerkannt wurden, weil sie aufgrund ihrer Aktivitäten von den staatlichen Gewalten verfolgt werden. Zur Haltung siehe die Antwort des BR auf zwei dringliche Anfragen Vermot (sp, BE) in
Amtl. Bull. NR, 1997, S. 2339 f. und 2932 f.; vgl. auch
TA, 19.4., 7.6. und 6.1097;
NZZ, 4.8. und 17.9.97;
WoZ, 15.8.97; Presse vom 3.9., 4.9. und 25.9.97;
24 Heures, 8.9. und 26.9.97;
NQ, 2.10.97;
NLZ, 17.10.97;
Lib., 29.12.97.37
[38]
SoZ, 3.8.97;
NZZ, 10.9.97.38
[39] Presse vom 8.8.97.39
[40] TG: Presse vom 27.3.97;
SoZ, 30.3.97;
SGT, 1.4., 7.6. und 8.9.97. BL:
BaZ, 4.6.97. ZH:
WoZ, 22.8.97; Presse vom 15.10.97. Siehe dazu auch
SPJ 1994, S. 25 ff.40
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