Année politique Suisse 1998 : Grundlagen der Staatsordnung / Politische Grundfragen und Nationalbewusstsein / Grundsatzfragen
Im Verlaufe des Jahres präsentierten die Organisatorinnen der Expo mehrmals ihr
Ausstellungskonzept. Von der Mehrheit der Medien wurde dieses als zwar künstlerisch interessant und vielversprechend, aber vor allem in bezug auf die Inhalte noch wenig konkret beurteilt
[24]. Neben diesen Präsentationen machte die Expo im Berichtsjahr auch mit überraschenden personellen Wechseln von sich reden. Im Sommer drangen erstmals Nachrichten über eine Krise im Management und dabei insbesondere in bezug auf das Verhältnis zur künstlerischen Leiterin
Pipilotti Rist an die Öffentlichkeit. Im Dezember gab Rist die sofortige Demission von ihrer Funktion bekannt. Sie begründete ihren Schritt mit dem von ihr nicht vorhergesehenen Umfang, den die Managementarbeit angenommen habe. Zudem seien die von ihr eingebrachten kreativen Elemente vor allem in der Konzeptphase wichtig gewesen; für die nun angesagte Realisierung gebe es geeignetere Personen als sie. Bereits im Oktober war der technische Leiter, Poalo Ugolini, von seinem Amt zurückgetreten
[25].
Mit der zunehmenden Konkretisierung des Ausstellungskonzeptes wuchsen auch Befürchtungen von einzelnen Institutionen und Gesellschaftsgruppen, dass ihr bevorzugtes
Thema an der Expo.01
ungenügend oder gar nicht zur Darstellung kommen werde
[26]. So setzte sich Nationalrat Seiler (svp, BE) für eine Berücksichtigung der Volkskultur ein, und die Sicherheitspolitischen Kommissionen beider Parlamentskammern für eine umfassende Darstellung der schweizerischen Sicherheitspolitik, ihres Wandels und ihrer Institutionen. In beiden Fällen sicherte der Bundesrat zu, dass diese Themen zum Zuge kommen werden. In seiner Stellungnahme zuhanden des Ständerates führte der Bundesrat allerdings aus, dass die Ausstellungsleitung nicht im Sinn habe, die
Armee selbst an der Expo zu präsentieren, da generell lediglich Themen und nicht Institutionen dargestellt würden. So werde die Armee nicht mit eigenen Manifestationen präsent sein, sondern im Rahmen des Themas „Sicherheit in der Offenheit“, eines der vier Projekte des Bundes. Offenbar damit nicht ganz befriedigt, begann das VBS mit der Ausarbeitung eines Projekts „Darstellung der Armee“ ausserhalb des Ausstellungsgeländes. Diese Sonderschau schien dem VBS umsomehr gerechtfertigt, als vorgesehen ist, der Expo Angehörige der Armee für Dienstleistungen (z.B. für die Verkehrsregelung oder die Besetzung von Sanitätsstellen) zur Verfügung zu stellen
[27].
Die Umweltschutzorganisationen verstärkten ihre Bemühungen, die Expo-Leitung dazu zu bringen, auf den Einsatz der sogenannten
Iris-Schnellbote, welche für letztere als Symbol der Verbindung zwischen den vier Ausstellungsplätzen gelten, zu verzichten. Sie begründeten ihre Forderung nicht nur mit umweltschutzpolitischen Argumenten, sondern gaben auch zu bedenken, dass die Boote nur einen kleinen Beitrag zum Transport der Besucher zwischen den verschiedenen Ausstellungsorten leisten könnten und diese hochsubventionierten Boote zudem die konventionelle Schiffahrt unfair konkurrenzieren würden. Im Nationalrat verlangte eine Motion Baumann (gp, BE) mit denselben Argumenten, diesen Booten die Konzession zu verweigern. Der Bundesrat erklärte sich bereit, die Einwände zu überprüfen und deshalb den Vorstoss in Postulatsform anzunehmen. Da er aber von Schmid (svp, BE) bekämpft wurde, schob das Parlament seinen Entscheid darüber auf. Die Demarchen blieben zuerst erfolglos. Ende Juli erteilte das Bundesamt für Verkehr mit gewissen Auflagen in bezug auf Umweltschutz und Sicherheit die Konzession für 15 Boote. Nachdem die Umweltschützer diesen Entscheid mit einer Beschwerde angefochten hatten, lenkte die Expo-Leitung ein. Sie beschloss, die
grossen Iris-Boote nur noch auf dem Neuenburgersee, hingegen nicht mehr auf dem Bieler- und Murtensee zirkulieren zu lassen
[28].
[24] Presse vom 14.1. und 16.7.98;
24 Heures, 24.1.98.24
[25]
BaZ, 15.6. und 25.6.98;
Bund, 16.6.98; Presse vom 19.12.98 (Demission). Vgl. zu den personellen Wechseln auch
SoZ, 20.12.98;
BaZ, 28.12.98. Zu Rists Anstellung siehe
SPJ 1997, S. 22.25
[26] Vgl. dazu etwa
NZZ, 15.10.98.26
[27]
Amtl. Bull. NR, 1998, S. 2232 f. (Seiler) und 2280 f. (Sicherheitspolitik);
Amtl. Bull. StR, 1998, S. 899 ff. (siehe dort auch die ausführliche Stellungnahme von BR Couchepin zur Konzeption und Organisation der Expo);
NZZ, 16.6., 25.9. und 26.9.98 (Bundesprojekte);
TA, 9.9.98. Speziell zum Verhältnis Armee/Expo siehe auch
Amtl. Bull. NR, 1998, S. 1832 f.;
Express, 12.11.98.27
[28]
BaZ, 28.2.98 (Umweltorganisationen);
Amtl. Bull. NR, 1998, S. 1520 f. (Motion);
Express, 4.8. (Bewilligung) und 20.8.98 (Rekurs);
LT, 17.11.98 und
Bund, 18.11.98 (Einlenken). Die Beschwerde wurde nach dem Einlenken zurückgezogen (
Lib., 21.11.98). Siehe auch
NZZ, 18.12.98 zum Verkehrskonzept der Expo.28
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