Année politique Suisse 1998 : Allgemeine Chronik / Öffentliche Finanzen / Direkte Steuern
Eine vom Ständerat überwiesene Empfehlung Bisig (fdp, SZ) verlangt, die
Bewertung nichtkotierter Wertpapiere von Immobiliengesellschaften für die Vermögenssteuer den gegebenen Verhältnissen anzupassen und eine realistische
Berücksichtigung der Art einer Mietliegenschaft und deren Alter zu überprüfen. Insbesondere forderte er, als Kapitalisierungszinsfuss für Mieterträge einen Zinssatz festzulegen, der mindestens zwei Prozentpunkte höher liegt als jener für Althypotheken im ersten Rang. Der Bundesrat erklärte sich bereit, die Empfehlung entgegenzunehmen, obwohl das Anliegen in den Zuständigkeitsbereich der Konferenz der kantonalen Finanzdirektoren fällt
[12].
Der Ständerat beauftragte den Bundesrat mit einem Postulat seiner Kommission für Wirtschaft und Abgaben, die Einführung ergänzender Bestimmungen im Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer (DBG) sowie im Bundesgesetz über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden (StHG) zu prüfen, um
Kapitalgewinne, die aus der Aufgabe einer selbständigen Erwerbstätigkeit erzielt wurden,
mit Blick auf die berufliche Vorsorge der Betroffenen
von der Steuer ganz oder teilweise
zu befreien
[13].
Mit einer Motion forderte Ständerat Cottier (cvp, FR), die
Besteuerung privater Renten neu nach dem Eintrittsalter des Versicherten abzustufen und den steuerpflichtigen Teil von
60% auf maximal 40% zu senken, was eine Änderung des DBG und des StHG erfordern würde. Der Rat folgte stillschweigend dem Antrag der WAK, den Grundsatz der Modifikation als Motion, die Berechnung des Steuersatzes nur als Postulat zu überweisen
[14].
Der Nationalrat gab auf Empfehlung einer Kommissionsmehrheit diskussionslos einer parlamentarischen Initiative Widrig (cvp, SG) Folge, die verlangte, dass das Bundesgesetz über die Verrechnungssteuer so zu präzisieren sei, dass
Stockwerkeigentümergemeinschaften einen Anspruch auf
Rückerstattung der Verrechnungssteuer erhalten. Die Eidgenössische Finanzverwaltung hatte die Rückerstattung der Verrechnungssteuer im Falle von Fonds für gemeinschaftliche Kosten und Lasten von Stockwerkeigentümern neu geregelt. Danach kann die Rückerstattung nur noch von den einzelnen Stockwerkeigentümer selbst geltend gemacht werden, was in den Augen von Nationalrat Widrig kompliziert und eigentümerfeindlich ist
[15].
Da die bevorstehende Einführung des Euro den Kapitalmarkt flüssiger macht, drängte die EU-Kommission auf eine Steuerharmonisierung innerhalb der EU-Staaten, um den in ihren Augen schädlichen Steuerwettbewerb zu bekämpfen. In jedem Land sollen ausländische Kapitalerträge (ausser Dividenden und Gewinne auf Aktienverkäufen) nach gleichen Prinzipien besteuert werden. Insbesondere auf Druck von Luxemburg soll auch
die Schweiz verpflichtet werden, die Grundelemente der
EU-Vorschläge zur Vermeidung von Steuerflucht zu übernehmen. Ein von der EU-Kommission vorgeschlagenes „Koexistenzmodell“ würde es jedem Staat überlassen, ob Banken den Behörden eines anderen Landes Informationen über Zinserträge offenlegen oder ob sie diese Erträge mit einer Quellensteuer von mindestens 20% belegen. Beim
Einzug einer Quellensteuer ergäbe sich mit der Schweiz ein
Systemkonflikt. Während die EU die Zinssteuer bei der Zahlstelle einziehen will – beispielsweise die Bank, wo ein ausländischer Kunde ein Konto hat –, befolgt die Schweiz das Schuldnerprinzip. Die Verrechnungssteuer wird bei demjenigen eingezogen, der eine Anleihe emittiert. Ist er im Ausland, greift die Verrechnungssteuer nicht. Das Eidgenössische Finanzdepartement war der Meinung, dass die Verrechnungssteuer in der Schweiz eine ausreichende Kontrolle der Vermögenserträge erlaube und lehnte insbesondere eine länderübergreifende Meldepflicht unter den Steuerbehörden kategorisch ab. Zu vertieften Gesprächen mit Finanzexperten der EU soll es anfangs 1999 kommen
[16].
[12]
Amtl. Bull. StR, 1998, S. 314 f.12
[13]
Amtl. Bull. StR, 1998, S. 374.13
[14]
Amtl. Bull. StR, 1998, S. 485 f.14
[15]
Amtl. Bull. NR, 1998, S. 2795 ff. NR Widrig hatte 1996 eine gleichlautende Motion eingereicht, die er zurückzog und in eine pa. Iv. umwandelte, nachdem der BR beantragt hatte, seinen Vorstoss abzulehnen (
Amtl. Bull. NR, 1998, S. 1714 f.).15
[16] Presse vom 28.9., 10.11. und 26.11.98;
TA, 23.12. und 24.12.98.16
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