Année politique Suisse 1998 : Infrastruktur und Lebensraum / Boden- und Wohnwirtschaft
Mietwesen
Gemäss dem Landesindex der Wohnungsmiete
blieben die
Mieten im schweizerischen Landesdurchschnitt zwischen Dezember 1997 und Dezember 1998 mit einem Anstieg von weniger als 0,1%
stabil
[7].
Nachdem die
Hypothekarzinssätze im Frühling auf breiter Front von 4,25 auf 4% zurückgenommen worden waren, und die Migros Bank ihren Satz auf
3,75% gesenkt hatte, folgten die Glarner und die Berner Kantonalbanken als erste Staatsinstitute und reduzierten ihren Richtsatz für erste Hypotheken auf den 1. Februar bzw. 1. April um einen weiteren Viertel Prozentpunkt. Letztmals lag der Hypothekarzinssatz im Jahre 1958 bei 3,75%; noch tiefer, nämlich bei 3,5%, lag er Ende der vierziger und Anfang der fünziger Jahre. Ihren letzten Höchststand erreichten die Hypothekarzinssätze im August 1992, als sie doppelt so hoch waren
[8].
Der Schweizer Mieterinnen und Mieterverband (MV) überprüfte im Mai rund 1500 Mietverhältnisse auf die Weitergabe von Hypothekarzinssenkungen.
Gemäss den vom
MV veröffentlichten Ergebnissen wurden die der Mieterschaft zustehenden
Mietzinssenkungen nur teilweise oder gar
nicht vorgenommen. Im Durchschnitt der untersuchten Mietverhältnisse resultierte ein Mietsenkungs-Guthaben von 8,2% oder 1356 Fr. pro Jahr. Die Erhebung des MV wurde vom Hauseigentümerverband als nicht repräsentativ und unseriös kritisiert, weil sich die Zahlen einseitig auf die Hypothekarzinsen stützten und dabei andere Kostenfaktoren völlig ignorierten. Zwei Wochen später reichte der MV eine wissenschaftliche Studie des Büros für arbeits- und sozialpolitische Studien (BASS) nach, dessen Ergebnisse auf offiziellen Daten (Mietpreisindex, nationale Mietpreiserhebung, Gebäude- und Wohnungserhebung, Konsumentenpreisindex, Hypothekarzinsen der ZKB) basierten. Gemäss BASS-Studie stiegen die Hauseigentümer-Kosten seit 1989 um vier Prozent, die Mieten jedoch um über 30%. Laut MV-Vizepräsidentin Thanei wurden die Hypothekarzinserhöhungen den Mietern voll überwälzt, während die Hypothekarzinssenkungen seit 1993 nicht oder nur teilweise weitergegeben worden seien. Insgesamt seien den Mietern 11,2 Mia oder 6400 Fr. pro Haushalt vorenthalten worden
[9].
Der Bundesrat lehnte anfangs September die Volksinitiative des Mieterinnen- und Mieterverbandes „Ja zu fairen Mieten“ ab und beauftragte das Bundesamt für Wohnungswesen, der Initiative einen
Gegenvorschlag auf Gesetzesstufe gegenüberzustellen. Die Initiative sieht eine Anpassung der Mietpreise an den durchschnittlichen Hypothekarzinssatz der letzten fünf Jahre vor. Gemäss bundesrätlichen Vorgaben soll der Entwurf des Gegenvorschlages zwei von den Vertragspartnern wählbare Modelle der Mietzinsbildung enthalten: eine
Indexmiete, bei welcher die Regeln für die Gestaltung des Mietzinses im Obligationenrecht vereinfacht und die
Mietzinsen künftig an den Landesindex der Konsumentenpreise gebunden werden, sowie eine vom Hypothekarzinsniveau unabhängige
Kostenmiete, welche Mietzinsanpassungen auch weiterhin ermöglicht, wenn die Vermieterschaft teuerungsbedingte Änderungen der Betriebs- und Unterhaltskosten ausweisen kann. Hypothekarzinsänderungen sollten als Anpassungsgrund indes ausgeschlossen werden, weil dies in der Vergangenheit für Unruhe und Instabilität bei der Mietzinsentwicklung gesorgt habe. Während weder die Index- noch die Kostenmiete beim Hauseigentümerverband auf Gegenliebe stiess, begrüsste der Mieterverband den bundesrätlichen Vorschlag, die Hypothekarzins-Schwankungen nicht mehr direkt auf den Mietzins zu übertragen
[10].
[7] BFS,
Landesindex der Wohnungsmiete, Bern 1998.7
[8] Presse vom 10.1. und 17.1.98,
TA, 13.10.98.8
[9]
NZZ, 17.6.98;
TA, 17.6. und 2.7.98;
SHZ, 1.7.98;
24
Heures, 2.7.98.9
[10] Presse vom 3.9.98;
NZZ, 30.12.98. Vgl.
SPJ
1996, S. 205 f. und
1997, S. 209 f.10
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