Année politique Suisse 1998 : Infrastruktur und Lebensraum / Boden- und Wohnwirtschaft / Wohnungsbau und -eigentum
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Eigenmietwert
Die Mehrheit der Kantone lehnte in der Vernehmlassung den Gegenvorschlag der nationalrätlichen Kommission für Wirtschaft und Abgaben (WAK) zur Hauseigentümer-Initiative „Wohneigentum für alle“ ab. Dieser sah in einer Mehrheitsvariante die Abschaffung der Dumont-Praxis sowie die Festlegung eines steuerbaren Eigenmietwerts von 60% des Marktmietwerts bei der Bundessteuer anstelle der direkten Übernahme der kantonalen Eigenmietwerte vor [15]. Wichtiges Argument der Kantone war, dass auch der Gegenvorschlag der WAK der öffentlichen Hand Steuerausfälle bescheren würde. Die Ertragsausfälle wurden beim Gegenvorschlag auf 150 Mio für den Bund sowie auf 500 Mio Fr. für die Kantone geschätzt, gegenüber 400 bis 500 Mio bzw. 1 bis 1,4 Mia Fr. gemäss Initiative. Gewisse Sympathien brachten die kantonalen Finanzdirektoren für die Minderheitsvariante auf, die den von SP sowie Teilen der CVP favorisierten Systemwechsel bei der Besteuerung von Wohneigentum vorschlug. Demnach würde die Besteuerung des Eigenmietwerts aufgehoben werden, während gleichzeitig die Schuldzinsen von den Steuern nicht mehr abgezogen werden könnten. Vor einem Entscheid gelte es aber, die volkswirtschaftlichen und steuerpolitischen Auswirkungen eines Systemwechsel abzuklären [16].
Der Ständerat folgte mit 28 zu 6 Stimmen dem Antrag seiner Kommission auf Nichteintreten auf den vom Nationalrat erarbeiteten Gegenentwurf zur Volksinitiative „Wohneigentum für alle“ und bestätigte seine Empfehlung von 1996, die Initiative ohne Gegenvorschlag abzulehnen. Als Hauptgründe für diesen Entscheid galten einerseits die Ertragsausfälle von 100 bis 150 Mio Fr., die der Gegenvorschlag dem Bund verursachen würde, und somit im Widerspruch zum Haushaltsziel 2001 und zu den Ergebnissen des Rundes Tisches stünden, andererseits die Vernehmlassung der Kantone (siehe oben). Die Anträge Bisig (fdp, SZ) und Reimann (svp, AG) auf Eintreten fanden im Plenum keine Mehrheit [17].
Nach dem Ständerat taxierte auch der Nationalrat die steuerliche Entlastung der Hauseigentümer als nicht vordringlich und ordnete sie der Notwendigkeit eines sanierten Haushaltes unter. In der zweiten Lesung kam er auf seinen Entscheid vom Oktober 1997 zurück und lehnte den Gegenvorschlag zur Volksinitiative „Wohneigentum für alle“ ebenfalls ab. Für den Gegenvorschlag warb eine Kommissionsminderheit unter Führung von Toni Dettling (fdp, SZ), Präsident des Schweizerischen Hauseigentümerverbandes, der von der SVP sowie von der Mehrheit der FDP und CVP unterstützt wurde. Die Befürworter des Gegenentwurfs zweifelten an den prognostizierten Steuerausfällen, weil diese Rechnung den volkswirtschaftlichen Gesamtnutzen der Eigentumsförderung mit ihren kompensierenden Rückflüssen an die öffentlichen Hände unterschätze. Die grosse Kammer folgte dem Aufruf von Finanzminister Villiger, keine weiteren Steuergeschenke zu machen und die Sanierung der Bundeskasse nicht zu gefährden, und lehnte den Gegenentwurf knapp mit 88 zu 81 Stimmen ab. In der Schlussabstimmung empfahl das Parlament (mit 104 zu 58 bzw. 29 zu 10 Stimmen) Volk und Ständen, die Hauseigentümer-Initiative abzulehnen [18].
 
[15] Das Bundesgericht legte in einem Grundsatzentscheid fest, dass der Eigenmietwert, welchen Eigentümer selbstgenutzten Wohnraumes als Einkommen versteuern müssen, mindestens 60% des Marktwertes betragen muss. Damit hob es eine neue Regelung des Zürcher Steuergesetzes auf, wonach der Regierungsrat den Eigenmietwert für selbstbewohnte Liegenschaften „in der Regel“ auf 60 % des Marktwertes festzulegen habe. Der höchstrichterliche Entscheid ist für sämtliche Kantone von Bedeutung. Bisher hatte das BG keine verbindliche Prozentgrenze gezogen (Presse vom 21.3.98).15
[16] SGT, 28.3.98. Vgl. SPJ 1996, S. 207 f. und 1997, S. 211 ff.16
[17] Amtl. Bull. StR, 1998, S. 596 ff.; Presse vom 11.6.98. Konsequenterweise lehnte der StR auch die Motion der WAK-NR ab, wonach der Bund künftig bei der direkten Bundessteuer die kantonalen Eigenmietwerte übernehmen muss, soweit sie nicht mehr als 25% vom schweizerischen Mittel abweichen.17
[18] BBl, 1998, S. 4801 f.; Amtl. Bull. NR, 1998, S. 1688 ff. und 2297; Amtl. Bull. StR, 1998, S. 1144; Presse vom 22.9.98.18