Année politique Suisse 1998 : Bildung, Kultur und Medien / Kultur, Sprache, Kirchen / Kulturpolitik
Werke, die vor Inkrafttreten des neuen Urheberrechts (URG) geschaffen wurden, erlangen keinen urheberrechtlichen Schutz zurück, wenn sie nach altem Recht nicht mehr wirtschaftlich geschützt waren. Diesen Grundsatzentscheid fällte das
Bundesgericht mit Stichentscheid des Präsidenten. Anlass war ein Streit um die für die Spielzeit 1996/1997 geplante Aufführung eines Werks des 1943 verstorbenen Autors Carl Sternheim am Zürcher Schauspielhaus. Die Erben Sternheims und mit ihnen die Minderheit der Richter argumentierten, dass das neue URG die Rechte der Urheber ausbauen wolle, und das Parlament eine Harmonisierung mit dem EU-Recht angestrebt habe, welches auch für zwischenzeitlich erloschene Rechte eine einheitliche
Schutzfrist von 70 Jahren anerkannt habe. Nach der mehrheitlichen Richtermeinung hat indes die diesbezügliche EU-Richtlinie aus dem Jahr 1993 einen reibungslosen Binnenmarkt zum Ziel, was die Schweiz nicht betrifft. Das Parlament hätte das Aufleben eines einmal untergegangenen Rechts und die damit verbundene Rückwirkung klar anordnen müssen. Ein qualifiziertes Schweigen des Gesetzgebers falle auch nicht in Betracht, da die Räte das übergangsrechtliche Problem gar nicht diskutiert hätten
[23].
Im Streit zwischen der Schweizer Urheberrechtsgesellschaft Pro Litteris und Firmen, die sich weigern, den für sie festgesetzten Tarif für
Fotokopien zu entrichten, entschied erstmals ein Gericht (Zürcher Obergericht). Gegen ein Treuhandbüro, welches von der Pro Litteris exemplarisch eingeklagt worden war, befand das Gericht, dass auch jene Betriebe bezahlen müssen, die im Normalfall keine geschützten Werke kopieren, da der Grenzfall zwischen null und einer Kopie, die bereits den Grundtarif auslöst, praktisch nicht eruierbar sei
[24].
Auch die Schweiz will den Schutz der Urheberinnen und Urheber im Zeitalter des
Internet verstärken. Zu Jahresende unterschrieb sie zwei einschlägige internationale Abkommen. Eine Anpassung des Urheberrechtsgesetzes steht bevor
[25].
[23] Presse vom
14.1.98.23
[24]
TA, 19.3.98;
BaZ, 2.4.98. Siehe
SPJ 1997, S. 325.24
[25] Presse vom 7.1.99.25
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