Année politique Suisse 1999 : Grundlagen der Staatsordnung / Rechtsordnung
 
Datenschutz und Statistik
Der Nationalrat befasste sich als Zweitkammer mit den vier Vorlagen zur Schaffung von gesetzlichen Grundlagen für die Führung resp. den Aufbau von bestimmten Personenregistern des Bundesamtes für Polizeiwesen. Wie vorher in der kleinen Kammer war auch hier das Gesetz über die Zusammenlegung der beiden bereits über gesetzliche Grundlagen verfügenden Datenbanken Isok (organisiertes Verbrechen) und Dosis (Drogen) der kriminalpolizeilichen Zentralstellen des Bundes (Vorlage C) am meisten umstritten. Die Kommissionsmehrheit beantragte Rückweisung an den Bundesrat mit der Auflage, zuerst ein Gesamtkonzept für die Vernetzung der organisatorisch nach Tatkategorien getrennten Zentralstellen vorzulegen und diese gesetzlich abzustützen; erst dann seien auch deren Informationssysteme zu vernetzen. Die von Judith Stamm (cvp, LU) angeführte Kommissionsminderheit war zwar ebenfalls der Ansicht, dass die Zusammenlegung der Zentralstellen gesetzlich geregelt werden sollte. Trotzdem könne aber mit der Konzentration der Informationssysteme angesichts der wachsenden Bedeutung des organisierten Verbrechens nicht weiter zugewartet werden. Gegen den Widerstand der Fraktionen der SP und der Grünen setzte sich diese Position mit 99:62 Stimmen durch. Hier wie auch bei den drei anderen Vorlagen stimmte der Nationalrat abgesehen von kleinen redaktionellen Abweichungen den Beschlüssen des Ständerates zu, welcher in der Differenzbereinigung diese Formulierungen übernahm [7].
Im Anschluss an seine Beratungen dieser Vorlagen lehnte der Nationalrat auf Antrag des Bundesrates gegen die Stimmen der Linken eine Motion seiner Rechtskommission für vermehrte Kontroll- und Einflussmöglichkeiten des Parlaments beim Entscheid über Informationssysteme des Bundes und bei der Ausarbeitung von ihre Anwendung regelnden Verordnungen ab. Bundesrat Koller verwies dabei neben der Gewaltentrennung auch auf die Einflussmöglichkeiten des Parlaments beim Erlass der Gesetzesgrundlagen, welche gemäss Datenschutzgesetz für jedes Informationssystem erforderlich sind [8].
Um den eben erwähnten Anforderungen des Datenschutzgesetzes Rechnung zu tragen, legte der Bundesrat eine Serie von Revisionen von Gesetzesartikeln über Personendateien in der Bundesverwaltung vor. Diese wurden vom Nationalrat in der Wintersession diskussions- und oppositionslos gutgeheissen. In einer zweiten Botschaft unterbreitete der Bundesrat auch noch die erforderlichen Anpassungen der gesetzlichen Regelungen über Personendateien im Bereich der Sozialversicherungen [9].
Die Geschäftsprüfungskommission des Ständerates untersuchte die bestehenden Online-Verbindungen im Bereich des Polizeiwesens und formulierte dazu eine Reihe von Empfehlungen an den Bundesrat zwecks vermehrter Transparenz und verbessertem Datenschutz. Mit einer Motion verlangte sie, dass auch Pilotprojekte solcher Verbindungen einer gesetzlichen Grundlage bedürfen, und dass der Bund bei Zugriffsgesuchen für seine Datenbanken Mindeststandards für Zugang, Nutzung, Schutz und Kontrolle aufstellt. Die kleine Kammer und anschliessend auch der Nationalrat stimmten dieser Motion ohne Gegenstimme zu [10].
 
[7] Amtl. Bull. NR, 1999, S. 685 ff. und 1400 f.; Amtl. Bull. StR, 1999, S. 418 f. und 597; BBl, 1999, S. 5097 f., 5099 ff. und 5102 ff. Siehe SPJ 1998, S. 26.7
[8] Amtl. Bull. NR, 1999, S. 698 ff. Zu den Datenbankprojekten im Polizeibereich des Bundes siehe auch die Ausführungen des BR in Amtl. Bull. NR, 1999, S. 775.8
[9] BBl, 1999, S. 9005 ff. und BBl, 2000, S. 255 ff. (Sozialversicherungen); Amtl. Bull. NR, 1999, S. 2597 f.; NZZ, 2.9.99. Die Frist zur Erfüllung der Anforderungen des Datenschutzgesetzes wurde nicht – wie in SPJ 1998, S. 26 angegeben – auf Ende 1999, sondern wie vom BR beantragt auf Ende 2000 verlängert.9
[10] BBl, 1999, S. 5869 ff. und 5907 ff. (Stellung des BR); Amtl. Bull. StR, 1999, S. 209 ff.; Amtl. Bull. NR, 1999, S. 2598 f.10