Année politique Suisse 1999 : Grundlagen der Staatsordnung / Föderativer Aufbau
 
Beziehungen zwischen Bund und Kantonen
Als Zweitrat befasste sich der Nationalrat mit dem neuen Bundesgesetz über die Mitwirkung der Kantone an der Aussenpolitik des Bundes. Wie bereits im Jahr zuvor in der kleinen Kammer waren die Meinungen über die Notwendigkeit dieses neuen Gesetzes geteilt. Die Kommissionsmehrheit hatte Nichteintreten beantragt und wurde dabei von den Fraktionen der FDP, der SVP, der GP sowie der äusseren Rechten unterstützt. Mit 81:80 Stimmen beschloss der Nationalrat jedoch, auf das Geschäft einzutreten. In der Detailberatung schuf der Nationalrat einige Differenzen zur kleinen Kammer. So ersetzte er etwa die vom Ständerat gewünschte Berücksichtigung der Interessen und der Stellungnahmen „aller“ Kantone wieder durch die Bezeichnung „der“ Kantone, um damit klarzumachen, dass nicht in jedem Fall jeder einzelne Kanton berücksichtigt werden muss. Der Ständerat gab in dieser Frage nach, betonte aber, dass dies keinesfalls heissen könne, dass damit die Konferenz der Kantonsregierungen als Vertreterin der Kantone gegenüber dem Bund akzeptiert sei. In der Schlussabstimmung votierte im Nationalrat eine Mehrheit von 123:23 für das Gesetz; im Ständerat gab es eine Gegenstimme [2].
Die Staatspolitische Kommission des Ständerats legte in Ausführung einer parlamentarischen Initiative Rhinow (fdp, BL), welcher der Rat 1997 Folge gegeben hatte, ihre konkreten Vorschläge für eine Verbesserung des Vollzugs der Bundespolitik durch die Kantone vor. Sie beantragte, in das Geschäftsverkehrsgesetz die Bestimmung aufzunehmen, dass der Bundesrat in seinen Botschaften zum geplanten Vollzug Stellung nimmt und auch darlegt, wie er die mit dem Vollzug primär betrauten Kantone und Gemeinden im Vorverfahren berücksichtigt hat und welche Kosten diesen aus den Massnahmen entstehen. Beim Erlass von Verordnungen für Politiken, welche in erheblichem Ausmass ausserhalb der Bundesverwaltung vollzogen werden, sollen die zuständigen Parlamentskommissionen auf ihr Verlangen hin konsultiert werden. Der Bundesrat erklärte sich mit den Forderungen in Bezug auf die Botschaften einverstanden, lehnte hingegen ein Mitspracherecht der Parlamentskommissionen bei der Ausarbeitung von Verordnungen als Kompetenzvermischung ab. Dieses würde nicht nur den Handlungsspielraum der Regierung in unakzeptabler Weise einschränken, sondern auch zu zeitlichen Verzögerungen führen [3]. Trotz diesen Bedenken hiessen beide Ratskammern die Kommissionsvorschläge oppositionslos gut [4].
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Städte
Der Nationalrat überwies zwei sozialdemokratische Motionen (eine der Fraktion und eine von Gysin, BS) in Postulatsform, welche eine Berücksichtigung der Zentrumslasten der Städte bei der Konzeption des „Neuen Finanzausgleichs“ (siehe oben) verlangen. Der Vorstoss Gysin war – auch als Postulat – von Schlüer (svp, ZH) bekämpft worden, welcher befürchtete, dass damit die Grundlagen für neue Bundessubventionen geschaffen würden [5].
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Grenzüberschreitende Zusammenarbeit
Der Bundesrat beantragte dem Parlament einen Rahmenkredit von 39 Mio Fr. für den Zeitraum 2000-2006, um eine Beteiligung der Schweiz an der Initiative INTERREG III der Europäischen Union zu gewährleisten. Die von der Europäischen Kommission zum Zeitpunkt der Publikation der Botschaft noch nicht definitiv verabschiedete Initiative stellt eine Fortsetzung der 1999 auslaufenden INTERREG II dar. Die grenzüberscheitende Zusammenarbeit im regionalen Rahmen hat sich nach Ansicht des Bundesrates sowohl aus raumordnungs- als auch als integrationspolitischen Gründen derart gut bewährt, dass sich die Schweiz unbedingt weiterhin daran beteiligen sollte. Der Nationalrat stimmte dem Antrag bei einer Gegenstimme (Steinemann, fp, SG) zu; in der Schlussabstimmung sprachen sich auch noch einige Vertreter der Zürcher SVP dagegen aus. Im Ständerat erfolgte die Zustimmung einhellig [6].
 
[2] Amtl. Bull. NR, 1999, S. 632 ff., 1669 ff., 2414 ff. und 2676 f.; Amtl. Bull. StR, 1999, S. 305 ff., 849 ff., 1189 f. und 1202; BBl, 1999, S. 58 ff. Vgl. SPJ 1998, S. 55.2
[3] BBl, 1999, S. 2761 ff. und 3411 (BR). Vgl. SPJ 1997, S. 53 f.3
[4] Amtl. Bull. StR, 1999, S. 305 ff. und 1202; Amtl. Bull. NR, 1999, S. 2599 ff. und 2676; BBl, 2000, S. 56 f.4
[5] Amtl. Bull. NR, 1999, S. 2543 f. (Fraktion) und 2553 (Gysin). Siehe SPJ 1998, S. 55 f.5
[6] BBl, 1999, S. 2671 ff.; Amtl. Bull. NR, 1999, S. 1686 ff. und 2314; Amtl. Bull. StR, 1999, S. 577 ff. und 995; BBl, 1999, S. 8709 f. und BBl, 2000, S. 1583 f. Zu INTERREG II siehe SPJ 1995, S. 47.6