Année politique Suisse 1999 : Wirtschaft / Allgemeine Wirtschaftspolitik
 
Wettbewerb
Ohne Begeisterung, da diese Regulierung eigentlich als überflüssig beurteilt wurde, stimmte der Nationalrat einem neuen Bundesgesetz über Bauprodukte zu, das im Wesentlichen einer Umsetzung einer entsprechenden EU-Richtlinie entspricht. Die Normierung dieser Erzeugnisse wurde nur deshalb als notwendig erachtet, weil sonst schweizerische Hersteller auf dem europäischen Markt benachteiligt würden. Ohne dieses Gesetz könnten Bauprodukte nicht mehr frei exportiert werden, sondern müssten jeweils im betreffenden EU-Staat zugelassen werden. Mit einigen kleineren Änderungen wurde das Gesetz von beiden Räten praktisch oppositionslos – im Nationalrat stimmten einige Abgeordnete der Freiheits-Partei dagegen – verabschiedet [17].
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Konsumentenschutz
Der Nationalrat befasste sich in der Herbstsession als Erstrat mit der vom Bundesrat im Vorjahr beantragten Revision des Konsumkreditgesetzes. In der Eintretensdebatte wurden die Positionen bereits deutlich markiert. Der Sozialdemokrat Berberat (NE) erklärte im Namen seiner Fraktion, dass man dieses Gesetz eigentlich als völlig ungenügend an den Bundesrat zurückweisen müsste, da es einkommensschwachen Haushalten keinen genügenden Schutz von vor einer Überverschuldung biete. Auf einen formellen Nichteintretens- oder Rückweisungsantrag verzichtete er zwar, kündigte aber eine Reihe von Verschärfungsanträgen an. Für die FDP, die SVP und die Liberalen war die Gesetzesrevision in der vorliegenden Fassung – und mit den von der vorberatenden Kommission beantragten Lockerungen – akzeptabel. Für die FDP war diese Revision insbesondere wichtig, weil damit die bestehenden kantonal differierenden Regelungen aufgehoben werden können und zudem auch neue Kreditformen wie Leasing und Kredit- und Kundenkarten mit Kreditoptionen erfasst werden. In der Detailberatung konnte sich in der Frage, ob die Höhe des maximal zulässigen Zinssatzes im Gesetz verankert werden soll, oder ob die Festlegung dieses Zinssatzes an den Bundesrat delegiert wird, eine Koalition aus SP, CVP und GP durchsetzen. Mit 103:60 Stimmen wurde ein Höchstzinssatz von 15% ins Gesetz aufgenommen. Nicht erfolgreich war hingegen ein Antrag der Linken für ein Verbot der Aufnahme eines zweiten Kredits vor Ablauf der Lauffrist des ersten. Derartige Bestimmungen existieren in einigen Kantonen (Neuenburg, Bern) und müssen nach der Inkraftsetzung des revidierten eidgenössischen Gesetzes gestrichen werden. Gegen die Stimmen der SP und der Grünen schloss sich nämlich die Ratsmehrheit dem Antrag des Bundesrates an, dass restriktivere kantonale Vorschriften in Zukunft nicht mehr zulässig sein sollen. Bei der Beurteilung der Kreditwürdigkeit der Klienten beantragte die bürgerliche Kommissionsmehrheit eine Lockerung des Bundesratsentwurfs. Konsumkredite sollen demnach an Personen vergeben werden können, die aufgrund ihrer Einkommensverhältnisse in der Lage wären, die Schuld innerhalb von drei (statt wie von der Regierung beantragt zwei) Jahren zu tilgen. Gegen den Widerstand der Linken setzte sich diese weniger restriktive Vorschrift durch. In der Gesamtabstimmung wurde die Revision mit 52:31 Stimmen bei 40 Enthaltungen angenommen. Die Opposition stammte vorwiegend aus der SP, die Stimmenthaltungen kamen aus allen Fraktionen [18].
Bundesgerichtsurteile im Zusammenhang mit kritischen Medienberichten über einzelne Produkte hatten bei Medienschaffenden und Konsumentenschutzorganisationen zu Zweifeln an der Tauglichkeit des Gesetzes über den unlauteren Wettbewerb, auf das sich die Richter abgestützt hatten, geführt. Gemäss dem Bundesgericht darf in den Medien auch sachlich begründete Kritik an einem Produkt nur dann geübt werden, wenn gleichzeitig ebenfalls negative Aspekte von Konkurrenzprodukten erwähnt werden. Mit einer parlamentarischen Initiative hatte deshalb Nationalrat Vollmer (sp, BE) eine Revision dieses Gesetzes verlangt. Insbesondere forderte er, dass diese Bestimmungen nicht mehr auf Personen anwendbar sind, die im redaktionellen Teil von Medien publizieren und nicht in Wettbewerbsabsicht handeln. Die vorberatende Kommission teilte die Ansicht Vollmers, dass die geltenden Bestimmungen die Meinungsäusserungsfreiheit in unbefriedigender Weise beeinträchtigen und beantragte, der Initiative Folge zu geben. Sie drang mit ihrem Antrag jedoch nicht durch. Das Plenum folgte mit 73:67 Stimmen dem Ablehnungsantrag der von Baumann (svp, TG) angeführten Kommissionsminderheit. Diese argumentierte, dass das neue Medienstrafrecht genügend Möglichkeiten für eine rechtskonforme kritische Information bieten würde [19].
Eine Motion Vollmer (sp, BE) für die Schaffung von soliden gesetzlichen Grundlagen für den Handel im Internet wurde vom Nationalrat in Postulatsform überwiesen. Der Bundesrat hatte in seiner Antwort darauf hingewiesen, dass er anfangs 1998 das EVD und das EFD beauftragt hatte, einen Aktionsplan für die Förderung der Anwendung der diversen durch das Internet induzierten Neuerungen im Geschäftsleben auszuarbeiten und dabei auch die Frage nach der Notwendigkeit von neuen rechtlichen Grundlagen zu überprüfen [20]. Eine weitere Motion Vollmer für die Ausdehnung der im Obligationenrecht für Kaufverträge vorgeschriebene Garantiefrist bei Sachmängeln von ein auf zwei Jahre wurde ebenfalls in Postulatsform angenommen [21].
 
[17] BBl, 1998, S. 5433 ff.; Amtl. Bull. StR, 1999, S. 225 ff., 718 ff. und 994; Amtl. Bull. NR, 1999, S. 1214 ff., 1723 und 2310 f.; BBl, 1999, S. 8758 ff.17
[18] Amtl. Bull. NR, 1999, S. 1876 ff. und 1914; Presse vom 30.9.99. Die 1996 vom NR überwiesene Pa.Iv. Goll (sp, ZH) wurde daraufhin abgeschrieben, wobei die Initiantin anmerkte, dass mit der Revision wesentliche Teile ihres Vorstosses nicht verwirklicht worden seien (Amtl. Bull. NR, 1999, S. 1930 f.).18
[19] Amtl. Bull. NR, 1999, S. 2001 ff. Vgl. SPJ 1998, S. 333. Anlässlich der Beratung des neuen Medienstrafrechts war 1997 im NR ein Antrag, die Medienschaffenden in derartigen Fällen vom Geltungsbereich des UWG auszunehmen, von der bürgerlichen Ratsmehrheit mit Verweis auf den Weg über eine Revision des UWG abgelehnt worden (vgl. SPJ 1997, S. 334).19
[20] Amtl. Bull. NR, 1999, S. 2172. Zu Signaturen und Urkunden in digitaler Form siehe oben, Teil I, 1b (Zivilrecht). Siehe dazu auch Die Volkswirtschaft, 1999, Nr. 6 sowie unten, Teil I, 8c (Neue Kommunikationstechnologien).20
[21] Amtl. Bull. NR, 1999, S. 2162.21