Année politique Suisse 1999 : Infrastruktur und Lebensraum / Boden- und Wohnwirtschaft / Raumplanung
Mit einer Motion forderte Ständerat Büttiker (fdp, SO) die Behebung von
Widersprüchen zwischen Umweltschutz- und Raumplanungsrecht. Das Raumplanungsgesetz schreibt die Konzentration von Nutzungen vor. Die Umweltschutzgesetzgebung enthält flächendeckende Vorschriften über die zulässige Luftbelastung. Aus der Sicht des Motionärs werden raumplanerisch erwünschte Nutzungen dadurch oft verunmöglicht. Aus planerischer Sicht sei die Ansiedlung eines Unternehmens in verkehrstechnisch gut erschlossenen Räumen sinnvoll, stehe aber oft im Konflikt mit den herrschenden Grenzwerten für die Luftbelastung. Die Motion verlangt vom Gesetzgeber, dass deshalb die Grenzwerte flexibler gestaltet werden. In seiner schriftlichen Stellungnahme pflichtete der Bundesrat dem Motionär bei, dass die vom Gesetzgeber verlangte Abstimmung von Raumplanung und Umweltschutz in der Praxis nicht immer reibungslos zu erfüllen ist. Dennoch war er der Meinung, dass der Vorstoss schliesslich unbegründet sei. Er ortete die auftretenden Probleme weniger in der Gesetzgebung sondern beim Vollzug. Die Bundesämter für Raumplanung und für Umwelt, Wald und Landschaft sollen deshalb in einer intensiven Zusammenarbeit prüfen, wie sich der Vollzug grundsätzlich verbessern lässt. Der Ständerat hiess die Motion mit 16 zu 14 Stimmen gut und hielt sich damit nicht an den Vorschlag des Bundesrates, sie in ein Postulat umzuwandeln
[5].
Eine in der Frühjahrssession von Nationalrat Bosshard (fdp, ZH) eingereichte parlamentarische Initiative forderte eine
umweltgerechte Innenstadtförderung und bemängelte in diesem Zusammenhang das Bewilligungsverfahren bei Neu- und grösseren Umbauten in den Innenstädten. Als Folge der grossen umweltrelevanten Auflagen durch die Baubehörden in den Städten drohe eine Zersiedelung und eine Zunahme des Agglomerationsverkehrs. Unter dem Strich wirke sich die restriktive Handhabung der Umweltschutznormen durch die Stadtbehörden immissionsfördernd statt -eindämmend aus. Der Vorstoss beabsichtigte insbesondere die Definition von Entwicklungszonen in Gebieten, denen eine überkommunale Bedeutung zukommt. Innerhalb dieser Zonen soll eine Erhöhung der geltenden Grenzwerte vorgenommen werden. Der Bundesrat erklärte sich nicht bereit, die Immissionsgrenzwerte generell herabzusetzen. Das Problem liege nicht in der Gesetzgebung sondern im Vollzug. Der Initiant zog seinen Vorstoss im Herbst zugunsten einer Motion der UREK-NR zurück, die den Bundesrat beauftragen will, gesetzliche und organisatorische Massnahmen zu evaluieren, die die raumplanerisch erwünschte Entwicklung von städtischen Zentren und Agglomerationen gewährleisten
[6].
Eine Empfehlung von Ständerat Hofmann (svp, ZH) verlangte die Zusammenfassung der Raumordnungsfachstellen in der Bundesverwaltung. Bei der anstehenden Zusammenlegung des BWA mit dem Bawi sei es sinnvoll, die Abteilung Regionalpolitik des BWA mit dem bestehenden Bundesamt für Raumplanung zu einem neuen Bundesamt für Raumordnung zusammenzufassen. Die Empfehlung wurde in der Sommersession des Ständerates mit deutlicher Mehrheit überwiesen. Während derselben Sitzung wurde eine weitere Empfehlung Hofmann überwiesen, die vom Bundesrat eine
Aufstockung des Personalbestandes des Bundesamtes für Raumplanung verlangt. Der Vorstoss wurde damit begründet, dass das Bundesamt mit der Annahme des revidierten Raumplanungsgesetzes durch das Volk vor neuen Aufgaben stehe. Die Vereinheitlichung des Vollzugs sowie die vermehrte Koordination zwischen den Kantonen erforderten zusätzliches Personal. Ein gleich lautendes Postulat Durrer (cvp, OW) wurde vom Nationalrat in der Herbstsession überwiesen
[7].
In der Wintersession überwies der Ständerat ein Postulat Hofmann (svp, ZH), welches den Bundesrat beauftragt, einen Bericht zu den
raumordnungspolitischen Auswirkungen der bilateralen Verträge mit der EU auf die Grenzkantone vorzulegen. Ein gleichlautendes Postulat ist vom Tessiner Ratti (cvp) im Nationalrat eingereicht, durch Robbiani (cvp) in der Wintersession übernommen, aber noch nicht behandelt worden. Der Bericht wird auf Mitte 2002 erwartet
[8].
Das Bundesamt für Statistik und das Bundesamt für Raumplanung haben sich entschlossen, im Zuge der europäischen Integration, der wirtschaftlichen Konzentrationsprozesse und der Globalisierung, grossregionale statistische Einheiten zu schaffen, die für Regionalvergleiche innerhalb Europas benötigt werden. In der mehrjährigen Ausarbeitung wurde in Absprache mit den Kantonen eine Gliederung des Landes in sieben Grossregionen geschaffen. Der Bericht "
Die Grossregionen der Schweiz" der ETH Zürich lieferte nun erstmals schweizerische Strukturkarten, die auf dem Raster der Grossregionen erstellt wurden
[9].
[5]
Amtl. Bull. StR, 1999, S. 153 ff.5
[6]
Verhandl. B.vers., 1999, II, Teil I, S. 33 (pa.Iv.) und IV, Teil. II, S. 161 (Motion);
BaZ, 24.3.99;
AZ, 24.4.99.6
[7]
Amtl. Bull. StR, 1999, S. 411 ff. und 421 f.;
Amtl. Bull. NR, 1999, S. 2195 f.7
[8]
Amtl. Bull. StR, 1999, S. 1061;
Verhandl. B.vers., 1999, VI, Teil II, S. 151;
NZZ, 28.12.99. Zu den Verträgen siehe oben, Teil I, 2 (Europa: EU).8
[9]
Lit. Schuler/Compagnon/Jemelin.9
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