Année politique Suisse 1999 : Infrastruktur und Lebensraum / Boden- und Wohnwirtschaft
 
Mietwesen
Eine Studie des BfS zeigte auf, dass die Mietpreise in der Schweiz zwischen 1990 und 1996 um durchschnittlich 26% angestiegen sind. Gleichzeitig hat der Bestand an günstigem Wohnraum markant abgenommen. Es hat sich ausserdem gezeigt, dass steigende Hypothekarzinsen jeweils einen Mietzinsanstieg beschleunigten, während sinkende Hypothekarzinsen kaum zu fallenden Mietpreisen beigetragen haben [14].
Das Parlament stimmte einer Vorlage des Bundesrates zu Gesetzesänderungen im Zusammenhang mit der Liquidation von Immobiliengesellschaften ohne Gegenantrag zu. Bei Liquidationen von Immobiliengesellschaften sollen nebst den Gesellschaften auch deren Mieteraktionäre in den Genuss von steuerlichen Vergünstigungen gelangen. Bezüglich der Frist dieser Steuervergünstigungen waren sich der National- und Ständerat noch nicht einig. Der Nationalrat beschloss eine Verlängerung der bisherigen Frist auf den 31. Dezember 2003. Anlagefonds mit direktem Grundbesitz sollen zudem dem Gewinnsteuertarif von 4,25% unterstellt werden. Bisher wurde ein Tarif von 11% verrechnet. Damit zwischen den Bestimmungen der direkten Steuern und der Verrechnungssteuer Kohärenz hergestellt werden kann, soll auf die Verrechnungssteuer bei Anlagefonds mit direktem Grundbesitz fortan verzichtet werden [15].
Eine Motion Thanei (sp, ZH) verlangte eine Änderung des Obligationenrechts dahingehend, dass Mietzinserhöhungen wegen wertvermehrenden Investitionen, die mehr als 10% der bisherigen Miete ausmachen, in Zukunft nur zeitlich gestaffelt realisiert werden dürfen. Sie wurde vom Nationalrat abgewiesen. Die Gegner der Vorlage behaupteten, die Annahme der Motion könnte sich negativ auf die notwendige Erneuerung der Wohnsubstanz auswirken [16].
Im September stellte der Bundesrat seinen Gegenvorschlag zur 1997 eingereichten Volksinitiative "Ja zu fairen Mieten" des Schweizerischen Mieterverbandes vor. Die Initiative will für Mietzinsanpassungen einen über fünf Jahre geglätteten Hypothekarzinssatz zugrunde legen. Der Gegenvorschlag möchte die Bindung der Mietpreise an die Hypothekarzinsen gänzlich aufheben und zu einer Indexmiete übergehen. Die Mieten sollten demnach an den Landesindex der Konsumentenpreise gekoppelt werden, der geringeren Schwankungen unterworfen ist. Dadurch könnte auch die Politisierung der Hypothekarzinssätze rückgängig gemacht werden, die die Geldpolitik behindern würde. Der Mieterverband wies den Gegenvorschlag bereits bei dessen Ankündigung Ende Mai zurück und hielt an seiner Initiative fest. Sein Hauptargument war eine in der Initiative enthaltene Verbesserung des Kündigungsschutzes, die im bundesrätlichen Gegenvorschlag unberücksichtigt bleibt. Der Hauseigentümerverband wies sowohl die Initiative wie auch den bundesrätlichen Gegenvorschlag zurück. Ihm schwebt die Einführung einer echten Marktmiete vor; die Mietpreise sollen sich in Zukunft allein nach dem Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage richten [17].
 
[14] BfS, Mietpreis-Strukturerhebung 1996, Neuenburg 1999; NZZ, 28.4.99. 14
[15] BBl., 1999, S. 5966 ff.; Amtl. Bull. StR, 1999, S. 717 ff.; Amtl. Bull. NR, 1999; S. 2024 f. 15
[16] Amtl. Bull. NR, 1999, S. 1175 ff. 16
[17] BBl, 1999, S. 9823 ff.; Presse vom 9.3. und 16.9.99; NZZ, 1.6. und 7.6.99. 17